Kreis Pinneberg. Mit dem Fahrplanwechsel wurde das Angebot um ein Viertel reduziert. Das sorgt für großen Ärger bei Kunden aus dem Kreis Pinneberg.

Der neue HVV-Fahrplan hält für die Pendlerinnen und Pendler im Kreis Pinneberg eine böse Überraschung bereit. Und aus Sicht vieler Fahrgäste können auch die zahlreichen Verbesserungen im Busverkehr diese nicht aufwiegen. Denn seither fährt die Nordbahn deutlich seltener nach Hamburg, als bisher.

Auf Abendblatt-Nachfrage bestätigt die Nordbahn, dass das Angebot zwischen Pinneberg und Hamburg-Altona seit dem 10. Dezember stark reduziert ist. „Von den 69 Fahrten auf der Linie RB71 zwischen Hamburg-Altona und Itzehoe/Wrist verkehren 18 nur noch ab bzw. bis Pinneberg“, teilt ein Nordbahn-Sprecher mit.

Nordbahn-Fahrgäste frustriert: Wird Pinneberg abgehängt?

Gemeint sind hier die täglichen Fahrten, allerdings in beide Richtungen. „Es verbleiben 51 Fahrten zwischen Altona und Itzehoe/Wrist. Das Angebot ohne Umstieg wurde um etwa 25 Prozent im Vergleich zum letzten Fahrplan reduziert“, heißt es von der Nordbahn.

Für Abendblatt-Leser Felix Raum (Name geändert) stellt der neue Fahrplan eine erhebliche Verschlechterung dar. „Selbst im Berufsverkehr steht auf dieser Strecke nur noch eine Nordbahn pro Stunde zur Verfügung“, sagt er. Zuvor seien es mindestens zwei pro Stunde und Richtung gewesen.

Nur noch ein Nordbahn-Zug pro Stunde zwischen Pinneberg und Hamburg-Altona

Das geht auch aus einer Mitteilung des schleswig-holsteinischen Verkehrsverbandes Nah.SH hervor, die den Fahrplanwechsel zum Thema hat. Darin heißt es, dass es im neuen Fahrplan aufgrund von Bauarbeiten für den neuen Bahnhof Altona-Nord weniger Verbindungen zwischen Pinneberg und Hamburg-Altona geben wird.

Die meisten der bisher morgens und nachmittags fahrenden Verstärkerzüge der Nordbahn aus Elmshorn endeten in Pinneberg, nur einige wenige verkehrten weiter bis Hamburg-Altona. Dort bestehe Anschluss an die S3. „Der Bahnhof Hamburg-Altona wird damit ganztägig nur noch stündlich von der Nordbahn angefahren“, heißt es von Nah.SH.

Weniger Flexibilität durch Fahrplanänderungen

Felix Raum pendelt antizyklisch, also aus Hamburg in den Kreis Pinneberg. Seit der neue HVV-Fahrplan am 10. Dezember in Kraft getreten ist, sei sein Arbeitsweg deutlich komplizierter. „Man stellt sich darauf ein, aber die Einschränkungen durch das reduzierte Angebot sind schon zu spüren“, sagt Raum. Für ihn, wie auch für tausende andere Pendlerinnen und Pendler, bedeuten die reduzierten Fahrten vor allem eines: deutlich weniger Flexibilität.

Raum befürchtet zudem, dass die verbleibenden Züge aufgrund des reduzierten Angebots stark überfüllt sein werden. „Und das auf dieser im Berufsverkehr ohnehin chronisch überlasteten Bahnstrecke zwischen Hamburg und Elmshorn.“ Bei einem erwartbar hohen Fahrgastaufkommen, wie etwa zum Metal-Festival Wacken Open-Air, hat die Nordbahn in der Vergangenheit bereits auf einzelnen Fahrten die Kapazität ihrer Züge erhöht, etwa durch einen zusätzlichen Zugteil.

Nordbahn: Züge können nicht mit erhöhter Kapazität fahren

Eine ähnliche Maßnahme ist nun aber nicht geplant, auch wenn weniger Fahrten angeboten werden. Auf Abendblatt-Nachfrage teilt die Nordbahn mit: „Der Fahrzeugbedarf bleibt trotz der Fahrplanumstellung derselbe, dadurch ist es uns nicht möglich, die Fahrten mit einer höheren Kapazität zu fahren.“

Das heißt im Umkehrschluss: weniger Fahrten bei gleicher Kapazität. Und das nicht nur vorübergehend. Nach Auskunft der Nordbahn gilt der reduzierte Fahrplan für das gesamte Fahrplanjahr 2024. Ob sich im Anschluss etwas ändere, sei nicht bekannt, teilt das Unternehmen mit.

Bauarbeiten der Deutschen Bahn für Altona-Nord sorgen für Einschränkungen

Grund für das reduzierte Angebot seien die Bauarbeiten der Deutschen Bahn für den neuen Bahnhof Altona-Nord rund um den S-Bahnhof Diebsteich. „Baustellenbedingt ist die Schienenkapazität im Bereich Altona und Eidelstedt verringert“, so ein Nordbahnsprecher. Bemerkenswert: Die übrigen Linien in diesem Bereich, etwa die Züge der DB-Regiolinien RE6, RE7 und RE70, sind nicht betroffen. Einzig die Nordbahn muss ihr Angebot einschränken.

Die DB Netz AG, die die Zugtrassen vergibt, habe festgelegt, dass die meisten der Nordbahn-Verstärkerzüge morgens und nachmittags in Pinneberg enden und beginnen müssten, da für Fahrgäste ab Pinneberg eine Weiterfahrt mit der S-Bahn möglich sei, heißt es von der Nordbahn. Allerdings verlängert sich die Fahrzeit ab Pinneberg mit der S-Bahn um zehn Minuten. Aus Elmshorn brauchen Fahrgäste laut Fahrplanauskunft aufgrund der Umsteigezeit sogar 20 Minuten länger.

Mobilitätswende und weniger Züge – passt das zusammen?

Die Kinder morgens zur Kita bringen, rechtzeitig bei der Arbeit sein – für viele Pendlerinnen und Pendler bedeutet das verringerte Angebot eine große Umstellung. Unter diesem Gesichtspunkt stört sich Abendblatt-Leser Felix Raum vor allem an der von Landrätin Elfi Heesch und Claudius Mozer, dem Nahverkehrsmanager des Kreises Pinneberg, ausgerufenen Verkehrswende.

Mozer hatte zum Fahrplanwechsel gesagt: „So geht die Mobilitätswende – mit mehr und besserem ÖPNV.“ In Anbetracht des deutlich verschlechterten Angebots auf der Schiene klingen diese Worte für Raum wie blanker Hohn. Er befürchtet, dass durch das verringerte Angebot der Nordbahn mehr Pendler auf das Auto umsteigen.

Kritik an der Kommunikation der Fahrplanänderungen

Er selbst habe die im Fachjargon Verstärkerfahrten genannten Züge immer gern genommen, um zu seinem Arbeitsplatz zu kommen. Auch in der Gegenrichtung, also aus dem Kreis Pinneberg nach Hamburg-Altona, seien die Züge stets gut gefüllt gewesen, so die Beobachtungen Raums am Altonaer Bahnhof.

Er habe wenig Verständnis für diese starke Reduzierung des Angebots, sagt Raum. Besonders ärgere er sich über die mangelhafte Kommunikation, die Änderungen seien in den Mitteilungen halb versteckt gewesen. „Es wurde überhaupt nicht deutlich, wie gravierend die Auswirkungen für Pendler seien würden“, so Raum.

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Besonders hart treffe es die Menschen, die aus Hamburg-Altona nach Tornesch oder Prisdorf wollten, oder von dort in die Hansestadt. „Die haben nicht die Möglichkeit, einfach auf die S-Bahn umzusteigen“, sagt Raum. Stattdessen müssen sie in Pinneberg zusätzlich umsteigen. Entweder aus der S-Bahn in die Nordbahn oder umgekehrt. Zumal die Züge der DB Regio (RE7 und RE70) nicht in Tornesch und Prisdorf halten.

Seit etwa zwei Wochen ist der neue HVV-Fahrplan in Kraft. In manchen Bereichen gab es Verbesserungen, in anderen hat sich die Situation verschlechtert. Das Hamburger Abendblatt möchte deshalb wissen: Wie sind Ihre Erfahrungen mit dem neuen Fahrplan? Was läuft gut und wo gibt es Verbesserungsbedarf? Schreiben Sie uns eine E-Mail mit dem Betreff „HVV-Fahrplan“ an pinneberg-abendblatt@funkemedien.de