Elmshorn. Da viele Haustiere nach dem Corona-Boom ausgesetzt werden, schlagen Tierschützer Alarm wegen der Rekordzahlen. Aktion am Sonntag.
Für das Tierheim Elmshorn war 2023 ein enorm herausforderndes Jahr. Vielleicht noch ein gutes Stück mehr als üblich. Und gerade die Zeit vor Weihnachten sei der Moment, einmal innezuhalten und zurückzublicken. Denn wer sich mit voller Leidenschaft der Rettung hilfloser Geschöpfe widmet, schätzt auch die schönen Momente dieser Arbeit. Kurzum: Es ist Zeit für eine Bilanz des Tierheims im Kreis Pinneberg.
„2023 war für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Tierheimes ein hartes Jahr“, sagt Brigitte Maeder, die Vorsitzende des Tierschutzvereins Elmshorn und Umgebung. Die Ausläufer der Coronawelle seien immer noch zu spüren. Zahlreiche Tiere, die in diesen von Homeoffice geprägten Jahren in den Wohnungen eingezogen waren, werden abgegeben – und landen unter anderem in der Elmshorner Station.
Tierheim Elmshorn: 2023 war für das Team ein extrem hartes Jahr
Viele Tiere, die als Fundtiere oder zur Sicherstellung in das Tierheim kamen, mussten zunächst behandelt, häufig auch operiert werden. Zum Beispiel der Hundewelpe Vargas, der erst eine Augenoperation überstehen musste, bevor er vermittelt werden konnte. Es kamen viele Unfallkatzen, die teilweise schwerst verletzt oder sterbend auf den Straßen eingesammelt wurden.
„Die Wunden und das Leid der Tiere sind sehr schwer zu ertragen“
Wie alle Tierheime in Schleswig-Holstein musste auch die Elmshorner Einrichtung in diesem Jahr überdurchschnittlich viele Tiere aufnehmen. Bereits Anfang Dezember war die neue Rekordmarke von 800 überschritten. Schon 2022 waren es mit 798 etwa 100 Tiere mehr als im Vorjahr. Der Hauptgrund: Die in der Coronazeit aus den Tierheimen und von privaten Händlern geholten Vierbeiner machen zu viel Arbeit, kosten zu viel und müssen umsorgt sowie erzogen werden.
Sie alle mussten zum Tierarzt gebracht werden, oftmals in Spezialkliniken außerhalb des Kreises Pinneberg. Die körperlichen Misshandlungen seien in der Regel therapierbar. „Fast immer müssen die Tiere jedoch langfristig medikamentös behandelt werden“, berichtete Brigitte Maeder. Das erschwere auch die Vermittlung. „Die Wunden und das Leid der Tiere sind sehr schwer zu ertragen.“
Dank vieler Spenden können die finanziellen Belastungen getragen werden. Aber noch etwas hat die Lage der Tierheime und von Tierfreunden erschwert. Brigitte Maeder: „Auch die Steigerung der Tierarztkosten durch die neue Gebührenordnung für Tierärzte schmälert das Budget extrem.“
Mitarbeiter brauchen Geduld seelische Misshandlungen zu therapieren
Die seelischen Misshandlungen bei Vierbeinern kosten viel Zeit und Geduld, Sanftmut und Zuwendung. Das erste Schwanzwedeln eines misshandelten Hundes, wenn „seine“ Tierpflegerin in sein Zimmer kommt, das erste vorsichtige Entgegennehmen eines Leckerlis, wenn „ihr“ Tierpfleger einer unsagbar verängstigten Katze es ihr anbietet, sind unbezahlbare Geschenke für die Beschäftigten des Tierheims.
Zur großen Welle der Tiere in Not gehören Hundewelpen, die gefunden wurden, ebenso wie solche, die aus dem illegalen Tierhandel sichergestellt wurden. Trotz zahlreicher Katzen-Kastrations-Aktionen, die auch von den Kommunen mitfinanziert werden, ist die Zahl der Katzenwelpen im Tierheim Elmshorn überdurchschnittlich hoch. Viele dieser Tierkinder mussten mit der Flasche aufgezogen werden.
So manches Mal reichen die Plätze für Katzen (60), Kleintiere (60), Hunde (30) und Vögel (30) schlicht nicht aus. Im Rahmen einer einzigen Sicherstellung haben die Tierpflegerinnen fast 100 Kleintiere in den Räumen eines überforderten Halters einfangen müssen. Im Tierheim wurden alle Tiere versorgt, sicher und gut untergebracht, untersucht und registriert – eine Mammut-Aufgabe für die Tierpfleger, die helfen wollen und es einfach nicht schaffen.
Quarantäne-Zimmer für Hunde im Neubau ist fast fertig
Mit dem für die wachsenden Aufgaben und steigenden gesetzlichen Regeln dringend benötigten Neubau geht es derweil voran. Die Gäste des Weihnachtsfestes am dritten Advent können sich erste Eindrücke verschaffen. Zu den Neuerungen gehören unter anderem zwei Quarantänezimmer für die zunehmende Anzahl von Hunden aus Tollwutgebieten wie Polen und die Ukraine.
Hundequarantäne und Futterlager sind wahrscheinlich zu Weihnachten fertig. Die Erweiterungen und die Neubauten sind vor allem durch Erbschaften, aber auch durch Spenden und Unterstützungen von Stiftungen möglich geworden. Aber wie immer fehlt noch Geld. Der Tierschutzverein ist für jede Spende dankbar.
Tierheim Elmshorn: Auf der Wunschliste stehen unter anderem Futter, Decken und Spielzeug
Die weihnachtliche Wunschliste ist lang: „Die Tiere wünschen sich Futter, Nass- und Trockenfutter, möglichst ohne Getreideanteil, und die Hunde möchten aufgrund zahlreicher Allergien gerne ‚Pur Pferd‘. Hunde und Katzen benötigen Decken, die Hunde gerne dickere Decken. Handtücher werden immer gebraucht und Spielzeug natürlich auch. Die Kleintiere benötigen Heu und Stroh, Weidentunnel und Häuschen mit zwei Eingängen.“
Und was wünscht sich der Vorstand des Tierschutzvereins Elmshorn zu Weihnachten? „Wir“, so Maeder, „wünschen uns Geld – für die Tierarztkosten, für die Gehälter der Beschäftigten, für die Einrichtung der Tierzimmer und für unser Bauvorhaben. Jeder Euro zählt. Danke für Ihre Hilfe!“
Weitere Tierschutzorganisationen beteiligen sich beim Weihnachtsfest
Am Adventssonntag, 17. Dezember, soll nun das Zusammensein von Zwei- und Vierbeinern einfach nur genossen werden. Ein bunter Tag erwartet Tierfreunde an der Justus-von-Liebig-Straße 1. Zum zweiten Mal seit der Pandemie sind neugierige Gäste auf der Anlage des Tierschutzvereins zur Weihnachtsfeier der Tiere willkommen.
Das Fest beginnt um 13 Uhr und endet gegen 17 Uhr. Der Weihnachtsmann verkauft Lose für die Tombola, die Jugendgruppe dreht das Glücksrad, die Bücherstube mit vielen Secondhand-Büchern öffnet ihre Tore und natürlich gibt es mehrere Rundwege durch die Tierhäuser.
Das Team im Weihnachtscafé verteilt kostenlos selbst gebackenen Kuchen, Glühwein und Kakao. „Das ist unser Dank an alle Tierfreunde für die Unterstützung im vergangenen Jahr“, sagt Brigitte Maeder. Aktiv mit dabei sind die Organisationen Nordlicht für Notfelle, Stark für Tiere e.V, Ratten-Nothilfe e.V. und das Wildtier- und Artenschutzzentrum Sparrieshoop. Die beliebte Kerzenaktion wird in diesem Jahr von der Suchhundegruppe K9 betreut.
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Ein letzter Hinweis ist dem Tierheim wichtig: Tiere gehören natürlich nicht unter den Weihnachtsbaum. In Elmshorn nehmen sich die Mitarbeiterinnen viel Zeit, um Tierfreunden ein neues Familienmitglied zu vermitteln. Brigitte Maeder: „Das muss zusammenpassen.“
Das Spendenkonto bei der Sparkasse Elmshorn lautet DE72 2215 0000 0000 0113 55.