Pinneberg. Nach nur einer Woche ist die Kritik am Pinneberger Adventsmarkt schon laut. Doch Stadt und Veranstalter wehren sich gegen Vorwürfe.
Die neuen Macher des Weihnachtsdorfes in Pinneberg haben es zum Start nicht leicht. Nachdem es gleich am ersten Tag des Adventsmarktes Bedenken wegen des mit Holzhackschnitzeln ausgelegten Untergrunds bezüglich der Barrierefreiheit gab, wird nun die grundsätzliche Kritik an der Qualität des Weihnachtsmarktes vor der Drostei lauter. „Lieblos“, „zu wenig Flair“ oder „kulinarisch eine Enttäuschung“ sind knapp eine Woche nach dem Start noch die harmloseren Beiträge in den sozialen Netzwerken.
„Sonntag um 21 Uhr war quasi alles zu. Ganz innovativ!“, ist etwa in den einschlägigen Pinneberg-Gruppen bei Facebook zu lesen. „Ich war genau fünf Minuten dort und habe keinen Cent da gelassen“, heißt es an anderer Stelle. „Sind dann enttäuscht in ein Restaurant gefahren. Dieser Markt? Nein danke!“ Diese subjektiven Einschätzungen im Netz decken sich aber auch oft mit den objektiven Beobachtungen, die das Abendblatt vor Ort gemacht hat. Nicht alle sind zufrieden.
Weihnachtsdorf Pinneberg erntet Shitstorm: Wie das Rathaus Stellung nimmt
Dementsprechend ist es ein kleiner Shitstorm, der im Internet auf das Weihnachtsdorf niedergeht. „Vermisse auch die Pyramide und das offene Feuer und außer Fressbuden und Trinkstände kein einziger Kunsthandwerker oder ähnliches“, lautet die Kritik. Der Beitrag endet mit dem Fazit: „Sehr schade. Lange Schlange am Glühweinstand und am Ende war das Getränk lauwarm.“ Ein anderer Nutzer kommentiert kurz: „Note 6“. Oder auch: „Ganz schlechter Weihnachtsmarkt. Holt bitte den alten Veranstalter zurück. Dieser Weihnachtsmarkt ist lieblos und hat nichts Weihnachtliches.“
Immer wieder wird auch der Ruf nach einer Stellungnahme aus dem Rathaus oder vom neuen Veranstalter, der Hamburg Events GmbH, laut. Zumal bei der Vorstellung des neuen Betreibers bei vielen Pinnebergern die Hoffnung geweckt wurde, dass das frische Konzept nach zehn Jahren der Zusammenarbeit mit der Firma Stacklies (die sich nicht mehr um die Ausrichtung beworben hat) überzeugt.
Pinnebergs Stadtmarketing sagt, man soll dem neuen Betreiber eine Chance geben
Immerhin konnte man die Ziele des neuen Betreibers für das Weihnachtsdorf kurz unter „Mehr Licht, neues Design, frisches Konzept“ zusammenfassen. Überdies ist die Hamburg Events GmbH nicht nur dieses Jahr für die Ausrichtung zuständig. Auch in den Jahren 2024 und 2025 wird die Firma den Weihnachtsmarkt betreiben. Dafür hatte sie sich gegen drei Mitbewerber durchgesetzt und für das eingereichte Konzept 890 von 1000 möglichen Punkten erhalten.
Nachdem das Abendblatt das Stadtmarketing und die Wirtschaftsförderung am Dienstag um eine Stellungnahme zur Kritik gebeten hat, haben die Verantwortlichen nicht nur dem Abendblatt geantwortet, sondern ihre Einlassungen auch bei Facebook öffentlich gemacht. Die Kurzfassung: „Gebt dem neuen Weihnachtsdorf eine Chance!“
Kein Grünkohl auf dem Markt? „Es muss auch nicht immer Grünkohl sein.“
Pinnebergs Wirtschaftsförderin Birgit Schmidt-Harder hielt etwa die schnelle Kritik für erwartbar: Ach je, wenn man etwas kennt und dann etwas Neues kommt, reagieren manche Menschen reflexartig mit Kritik, insbesondere die Pinneberger Facebookgruppen“, sagt sie. Und dort seien es oft dieselben oder die bekannten Meckerer. Die Kritik am Flair sei „Geschmackssache“, der Beanstandung des fehlenden Grünkohls entgegnet sie: „Es muss auch nicht immer Grünkohl sein.“
Auch Sebastian Hoyme, Leiter des Stadtmarketings Pinneberg, geht auf die Kritik ein: „Dieses Weihnachtsdorf ist anders. Es ist neu, moderner, frischer und mutiger. Und verdient damit jede Chance“, so Hoyme. Es sehe nicht mehr aus wie das alte? „Kunststück – der alte Betreiber hat sich nicht mehr beworben.“
Ruf nach Stacklies wird laut – aber auch der hatte es nicht immer leicht
Der Stadtmarketing-Chef appelliert an die Kritiker: „Warten wir doch erst mal ab. Und wer sich zurückerinnert, der weiß vielleicht, wie sehr auch das alte Weihnachtsdorf immer wieder in Facebookgruppen verunglimpft wurde.“ Dem durchaus geäußerten Wunsch nach einer „Rolle rückwärts“ hin zum alten Betreiber nimmt Hoyme – nicht frei von Sarkasmus – den Wind aus den Segeln.
Denn die Gründe, dass sich Firma Familie Stacklies nicht mehr beworben habe, seien vielschichtig: „Zu aufwendig, zu arbeitsintensiv, zu viel Kritik (schlechte Wurst, zu hohe Preise, schlechter Grünkohl, schlechter Glühwein, verwässerter Glühwein, zu süßer Glühwein, zu saurer Glühwein, zu heißer Glühwein, zu kalter Glühwein, schlechtes Personal, unfreundliches Personal, inkompetentes Personal, schlechter Aufbau, zu enger Aufbau, zu voll, zu leer, zu laut, zu leise, zu wenig Programm, falsches Programm, zu viel Programm, was soll das überhaupt?“ Auch der alte Betreiber Stacklies habe nicht immer „ausreichende Wertschätzung“ erhalten. Hinzu kämen Belastungen durch die Coronapandemie sowie nicht genügend Personal.
Weihnachtsdorf nach einer Woche: Stadt und Betreiber sind zufrieden
Entgegen der Kritik ist Sebastian Hoyme in einer ersten Bewertung des aktuellen Weihnachtsdorfes sogar zufrieden: „Es war ein für Weihnachtsmärkte sehr starkes erstes Wochenende. Schnee zur Eröffnung des Weihnachtsdorfes – das haben wir fast nie! Eine Punktlandung in der Adventszeit.“ Am Eröffnungsabend habe es viel positive Resonanz vor allem von jüngeren Besuchern gegeben. Der lockere und offene Aufbau habe gefallen. „Das Weihnachtsdorf wirkt in sich schön geschlossener durch den eingefassten Platz in der Mitte.“
Offizielle Kritik über das Weihnachtsdorf sei im Rathaus fast nicht vorgekommen, sagt Birgit Schmidt-Harder: „Nur ein Herr hatte Bedenken wegen der Hackschnitzel und seiner Mobilitätseinschränkung. Diese konnten wir in einem Termin am Montag gemeinsam mit dem Seniorenbeirat ausräumen.“
Fehlendes Kunsthandwerk wird bemängelt: Goldschmied hat vorzeitig aufgegeben
Für Kunsthandwerker - das Fehlen in Pinneberg wurde ebenfalls bemängelt - seien Weihnachtsmärkte immer ein schwieriges Geschäft, so die Wirtschaftsförderin. „Ein Goldschmied hat vorzeitig abgebrochen. Er war enttäuscht, dass die Pinneberger sein Angebot nicht gut angenommen haben.“ Auch die Wichtelhütte der Helene-Lange-Schule habe zunächst etwas unglücklich gestanden. Das habe der Veranstalter gleich am zweiten Tag korrigiert.
Abgesehen von der Kritik im Netz sei Sebastian Hoyme nach einer Woche sehr zufrieden mit dem Verlauf des Weihnachtsdorfes, das gelte auch für Veranstalter und Beschicker. „Die Resonanz auf dem Dorf ist sehr gut, das erste Wochenende war ein voller Erfolg; der Platz war sehr gut besucht. Wir freuen uns, dass wir ein Weihnachtsdorf haben, das erstmals betreutes Kinderbasteln, Leuchtsterne in den Bäumen, neue Glühweintassen, wechselnde Kunsthandwerker und vegetarische Gerichte anbietet.“ Damit sei man auch auf die Wünsche der Pinneberger eingegangen.
Weihnachtsmarkt in Pinneberg: Wird nun nachgebessert?
Grund zum Nachbessern sehe das Stadtmarketing vorerst nicht. „Die Firma Hamburg Events ist Veranstalter, nicht unser Dienstleister“, sagt Hoyme. „Der Veranstalter führt das Weihnachtsdorf in eigener Verantwortung und trägt das komplette unternehmerische Risiko.“ Für die Erfahrung spreche, dass die Firma erfolgreich vier weitere Märkte in Metropolregion Hamburg führe. Aber, so Hoyme, „geben wir etwaige Hinweise natürlich gern weiter“.
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Auch Birgit Schmidt-Harder stellt sich vor den Neuanfang beim Weihnachtsdorf: „Der Unternehmer Torben Kostiuk, der hier einen hohen sechsstelligen Betrag in den Standort Pinneberg investiert, weiß genau, wie man einen Weihnachtsmarkt aufbaut und nach der Coronapandemie trotz Personalmangel, Inflation, hohen Energie- und Einkaufspreisen so betreibt, dass am Ende auch etwas übrig bleibt.“
Die Verantwortlichen in Pinneberg würden ihm jedenfalls nicht sagen, wie er sein Geschäft zu betreiben hat. „Das wäre mehr als anmaßend“, so Schmidt-Harder. „Aber wir sind in regem Austausch und werden uns natürlich nach dem ersten Jahr zusammensetzen und darüber sprechen, was sich auf beiden Seiten optimieren lassen könnte.“
Weihnachtsdorf dauert bis 23. Dezember: So viel kostet der Glühwein
Das Weihnachtsdorf vor der Drostei in Pinneberg (Glühweinpreis: vier Euro) dauert noch knapp drei Wochen und findet zum elften Mal statt. Geöffnet ist bis zum 23. Dezember von Sonntag bis Mittwoch jeweils von 12 bis 21 Uhr und Donnerstag bis Sonnabend jeweils von 12 bis 22 Uhr. Die Firma Hamburg Events HES GmbH löst nach zehn Jahren die Firma Stacklies als Betreiber ab. Der neue Ausrichter hat bereits Weihnachtsmärkte in Lüneburg, Lübeck, Bergedorf, Hamburg und Norderstedt organisiert.