Heidgraben. Gemeinde Heidgraben und Pächter fanden keine Lösung für das Leuchtturmprojekt. Am Montag demonstrieren die Bürger für die Rettung.

In der Gemeinde Heidgraben formiert sich weiterer Widerstand gegen das drohende Aus für den Marktreff. Für kommenden Montag, 4. Dezember, rufen Unterstützer zu einer Demonstration auf. Die Unterstützer treffen sich ab 18.30 Uhr vor dem kleinen Supermarkt. Um 19.15 Uhr geht es unter dem Motto „Mannis Markttreff muss bleiben“ zur Gemeinderatssitzung.

Blick zurück: Die Geschichte beginnt mit einem Traum des Heidgrabener Bürgermeisters Udo Tesch. Er will einen Lebensmittelmarkt mit kleineren Läden und einem sozialen Treffpunkt in seiner Gemeinde etablieren. Tatsächlich gelingt ihm das nach fünf Jahren unermüdlichem Einsatzes, gefördert mit Millionensummen aus öffentlichen Kassen. 2014 geht das Leuchtturmprojekt als Markttreff an den Start. Am 31. Dezember 2023 könnte der Traum nun aber platzen. Oder gelingt eine Rettung in letzter Sekunde?

Markttreff Heidgraben: „Wir halten als Gemeinde am Dorfmittelpunkt fest“

Bewusst ist allen Beteiligten, dass es so, wie es ist, nicht mehr weitergehen kann. Mehr als 50.000 Euro Minus sind in den vergangenen Jahren aufgelaufen. Deshalb hatte der Pächter des Marktes den Vertrag Ende vorigen Jahres gekündigt. Er möchte weniger Pacht bezahlen. Doch die Gemeinde will ihm dabei nicht mehr entgegenkommen. Auch eine Sondersitzung brachte keine Lösung.

„Nichtsdestotrotz halten wir als Gemeinde weiterhin an dem Dorfmittelpunkt fest und werden unser Bestmögliches tun, um eine Fortführung zeitnah wieder aufzunehmen“, betont Bürgermeister Julian Kabel (CDU). Er hat nach der Kommunalwahl im Mai das Bürgermeisteramt übernommen und mit dem Projekt Markttreff ein schweres Erbe angetreten.

Für den Initiator des Projekts, Udo Tesch (1933-2016), war es äußerst wichtig gewesen, einen Pächter zu finden, der dem Markttreff eine Seele gibt. Tatsache ist, dass in allen gut 40 Einrichtungen dieser Art der Chef oder die Chefin die entscheidende Säule für den Erfolg darstellt.

„Weil du bekannt bist wie ein bunter Hund“

„Weil du bekannt bist wie ein bunter Hund“, so hatten sich Tesch und seine Mitstreiter für Manfred Langer entschieden. „Manni“ war jahrelang als Vorsitzender des Sportvereins im Dorf aktiv, gab seinen Beruf als Chef einer Druckerei auf und legte gemeinsam mit seiner Familie los.

Nur noch bis 30. Dezember an der Kasse im Markttreff: Manfred Langer, hier mit seinem Stammkunden Volker Dörrie. „Ich finde das alles sehr schade.“ Schuld am wahrscheinlichen Ende des Markttreffs tragen nach Dörries Ansicht auch diejenigen im Dorf, die nie im Markttreff einkaufen.
Nur noch bis 30. Dezember an der Kasse im Markttreff: Manfred Langer, hier mit seinem Stammkunden Volker Dörrie. „Ich finde das alles sehr schade.“ Schuld am wahrscheinlichen Ende des Markttreffs tragen nach Dörries Ansicht auch diejenigen im Dorf, die nie im Markttreff einkaufen. © Michael Rahn | Michael Rahn

Die Idee von Tesch ging seit 2014 auf. Ob Kind oder Erwachsener: In Heidgraben geht man nicht zum MarktTreff – man geht zu Manni. Aber wie lange noch? Der von Langer eingeführte „Mittagstisch“, den bis zu 70 Menschen täglich genossen, ist bereits eingestellt.

„Es war mir sehr wichtig, dass der Azubi zu Ende lernen kann“

Die Verträge der beiden in Voll- beziehungsweise Teilzeit beschäftigten Angestellten sind gekündigt worden. Für den Auszubildenden konnte bereits eine Weiterbeschäftigung vereinbart werden. „Das war mir sehr wichtig“, sagt der Pächter. Der 62-Jährige selbst hat bereits einige Angebote, hält sich aber immer noch ein Türchen offen, falls sich doch noch eine einvernehmliche Lösung findet.

Vor gut einem Jahr noch bester Laune. Das Team im Marschtreff Heidgraben lässt sich nach einem Treffen im Sommer 2022 von einer Drohne aus fotografieren.
Vor gut einem Jahr noch bester Laune. Das Team im Marschtreff Heidgraben lässt sich nach einem Treffen im Sommer 2022 von einer Drohne aus fotografieren. © Malte Hansen | Malte Hansen

Doch bislang läuft alles auf eine Trennung hinaus, die dem Dorf weh tut. Auch über die Festangestellten hinaus wird Heidgraben Arbeitsplätze verlieren. Allein im Backshop, der von morgens halb 7 einmal rund um die Uhr betrieben wird, beschäftigt Manfred Langer sechs Minijobber. Dieser Bereich bringt tatsächlich Gewinne ein im Gegensatz zum Kern des Geschäfts, dem Supermarkt.

„Es war allen klar, dass immer subventioniert werden muss“

Ist alles also nur eine Frage, wie hoch der Zuschuss aus öffentlichen Kassen ist? „Es war schon damals allen klar, dass dieses Projekt subventioniert werden muss“, sagt Hans-Peter Ebeling, Vorstand der Bürgergenossenschaft Heidgraben. Gemeinsam mit 180 anderen hatte er zur Unterstützung der Markttreff-Idee eine Genossenschaft gegründet, die für die komplette Inneneinrichtung des Markttreffs aufgekommen ist.

Ebeling und seine Mitstreiter sind dankbar, dass die Gemeinde über viele Jahre einen hohen Beitrag gezahlt habe, um das Projekt am Leben zu halten. Warum jetzt wegen einer aus seiner Sicht verhältnismäßig kleinen Summe der Vertrag mit dem Pächter nicht erneuert werde, kann er nicht nachvollziehen.

„Du hast einen guten Job gemacht, Manni““

„Wenn hier die Lichter ausgehen, wird es niemals wieder in Gange kommen“, sagt Ebeling. Er und seine Mitstreiter in der Genossenschaft können sich auch kaum jemand anderes vorstellen, der wie Manni Langer ein breites Publikum anspricht und immer wieder mit neuen Ideen Menschen an den Markttreff ziehe.

„Du hast einen guten Job gemacht“, bestätigt auch Andreas Liese, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Bürgergenossenschaft. Die Anfang des Jahres angestoßene Bürgerbefragung in Heidgraben habe den hohen Zuspruch zu der Arbeit von Manfred Langer und seinem Team gezeigt. Innerhalb einer Woche unterzeichneten 1300 Menschen den Aufruf und unterstützten damit ihren „Manni“. Liese hat noch eine weitere Idee: Er plädiert für eine private Spendensammlung zugunsten des Markttreffs.

Kundin im Markttreff Heidgraben: „Ich bin so traurig“

„Ich bin so traurig!“ So reagierte eine Kundin in einem persönlichen Brief an „Manni“. So ähnlich reagieren auch viele andere, vor allem ältere Kundinnen und Kunden auf das drohende Ende des Markttreffs. Tatsächlich hat die Gemeinde bislang noch keine Perspektive, wie es weitergehen soll. „Wir haben mit potenziellen Nachfolgern gesprochen, hatten aber noch keinen Erfolg“, bedauert Bürgermeister Julian Kabel.

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