Tornesch/Elmshorn. Dr. Britt Günther aus Tornesch hat gerade den härtesten Triathlon der Welt geschafft. Und die 56-Jährige Medizinern hat weitere Ziele.

Frage an die Medizinerin: „Lässt sich das überhaupt noch als gesund bezeichnen, seinen Körper bei einem Triathlon mehr als 13 Stunden lang zu schinden?“ Dr. Britt Günther aus Tornesch muss es wissen. Sie ist von Beruf Internistin und hat gerade erst den Ironman bei den World Championships auf Hawaii, einen der härtesten, einschlägigen Wettbewerbe weltweit, bewältigt: „Schwimmen und Radfahren sind per se unbedenklich, beim Marathon muss man gewisse Abstriche machen, weil Bänder und Gelenke stark belastet werden“, sagt die 56-Jährige.

Von „Schinderei“ indes könne keine Rede sein, berücksichtigt man, dass die Teilnehmer – abgesehen von den Vollprofis – unterwegs nicht permanent an ihre Leistungsgrenze gehen, sondern davon stets ein gutes Stück entfernt bleiben. Günthers zusammenfassende Diagnose: „Die positiven, körperlichen Effekte überwiegen die negativen bei Weitem.“ Auch wenn das nicht jedem Athleten nach 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,195 Kilometer Straßenlauf im Ziel anzusehen ist. Manche müssen dann erst mal unters Sauerstoffzelt.

„Nach dreißig Kilometern auf dem Rennrad ging plötzlich gar nichts mehr“

Britt Günther erging es besser. Sie fühlte sich, je näher das Ziel rückte, erstaunlicherweise frischer als unterwegs. Das Schwimmen bei tückischem Wellengang im extrem salzigen Wasser des Zentralpazifiks verlief trotz einiger Kopftritte von Konkurrentinnen noch zufriedenstellend, aber dann: „Nach dreißig Kilometern auf dem Rennrad ging plötzlich gar nichts mehr. Der Stecker war gezogen. Am liebsten hätte ich mich an den Straßenrand gelegt.“

Dr. Britt Günther
Britt Günther beim Zieleinlauf auf Hawaii. © Stephen Cox | Stephen Cox

Die kahle Lavalandschaft, die extreme Hitze von 39 Grad Celsius, der gleichsam glühende Asphalt, die sehr hügelige Strecke, dazu wechselnde Winde von vorn oder der Seite – das alles setzte der Deutschen mächtig zu. „Aber Aufgabe war für mich keine Option“, sagt Günther, und so half alles nichts: „Ich musste zur Cola greifen – weitaus früher als geplant. Danach ging’s mir sofort besser.“

Die klimatischen Bedingungen für die Triathleten auf Hawaii sind sehr hart

Cola ist für zahlreiche Triathleten unverzichtbar. Der enthaltene Zucker schießt schnell in den Kreislauf, und das Koffein puscht zusätzlich. Doch aufgepasst: Hat man mit Cola erst mal angefangen, muss kontinuierlich nachgegossen werden. Sonst verliert der Organismus schlagartig an Power. Deshalb ist das Getränk eigentlich als Stoff gedacht, um die letzten Laufkilometer zu erleichtern.

Dr. Britt Günther präsentiert stolz ihre Medaille.
Dr. Britt Günther präsentiert stolz ihre Medaille. © Werner Langmaack | Werner Langmaack

Dort indes lag Günthers Problem nicht. Kaum war sie in der Wechselzone vom Rad gesprungen, hatte in Höchstgeschwindigkeit das Schuhwerk gewechselt und spürte wieder Boden unter den Füßen, ging es mit ihrem Befinden steil empor. Auf der finalen Marathonstrecke überholte sie wie beflügelt gleich mehrere Hundert Konkurrenten, konnte auf dem letzten Stück sogar noch zulegen und erreichte das Ziel als 90. ihres Jahrgangs. Ihre Zeit: 13:18:28 Stunden.

Zwar war sie bei der Qualifikation beim Ironman durch Hamburg fast zwei Stunden schneller gewesen, doch dieser Quervergleich hinkt. Die klimatischen Bedingungen auf Hawaii sind ungleich härter als in der diesbezüglich gemäßigten Hansestadt.

„Endlich trug mal kein Mann, sondern die Vorjahressiegerin die No.1 als Startnummer“

Kailua-Kona auf Hawaii ist das Mekka dieses spektakulären Sports, ein „Pulverfass des Triathlon“, wie Günther es beschreibt. Genossen habe sie es, dass die Frauen erstmals bei Weltmeisterschaften unter sich blieben: „Endlich trug mal kein Mann, sondern die Vorjahressiegerin die No.1 als Startnummer.“ Die Männer-WM wurde nach Nizza ausgelagert. Diese Trennung wird künftig beibehalten, die Geschlechter tauschen jährlich die Austragungsorte.

Britt Günther ist von Beruf Internistin.
Britt Günther ist von Beruf Internistin. © Werner Langmaack | Werner Langmaack

Vorbereitet hat die praktizierende Hausärztin sich ganz bodenständig im Kreis Pinneberg. Hier drehte sie 150-Kilometer-Runden mit dem Bike, schwamm in Binnengewässern und lief auf selbst ausgetüftelten Strecken durch die Landschaft. Den professionellen Übungsplan inklusive Belastungssteuerung erstellte Sven Harms, ehemaliger Athletiktrainer der St.-Pauli-Fußballprofis und früher selbst Triathlon-Leistungssportler.

Günthers Leidenschaft für den Triathlon korrespondiert mit ihrer Persönlichkeitsstruktur. Gefragt seien, so sagt sie, Ausdauer, Disziplin, Ehrgeiz und Spaß an der Bewegung.

Triathlon: Britt Günther möchte noch einmal aufs EM-Treppchen

Natürlich ist ein bewältigter Ironman auf Hawaii auch für Günther, die für den Elmshorner MTV startet, das Nonplusultra. Seit 26 Jahren betreibt sie Triathlon, gewann Landesmeistertitel und erzielte ausgezeichnete Platzierungen auf nationaler und europäischer Ebene, zumeist auf der von ihr favorisierten Mitteldistanz: 1,9 Kilometer Schwimmen, 90 Kilometer Radfahren und hintendrauf ein Halbmarathon. Mehr als 100 solcher Wettbewerbe sind mittlerweile zusammengekommen. In diesem Jahr nun wagte sie sich in ihrem 57. Lebensjahr erstmals auf die doppelte Distanz.

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Mit dem erfolgreichen WM-Start auf Hawaii hat sie den Peak ihrer sportlichen Laufbahn im Prinzip überschritten. Momentan tendiert ihr Übungspensum gegen Null. Gleichwohl ist es nicht so, als hätte sie keine Ziele mehr. Sie war bei Altersklassen-Europameisterschaften schon Vierte und Fünfte. Das juckt Dr. Britt Günther: „Einmal möchte ich noch aufs EM-Treppchen.“