Kreis Pinneberg. Verdacht auf Herzinfarkt: Hartmut Rehbein wollte Rettungsdienst wegschicken, weil seine kranke Frau allein zu Hause geblieben wäre.
Irgendwie hatte Hartmut Rehbein ein ungutes Gefühl. „Was mache ich nur, wenn mir etwas passiert? Wer kümmert sich um meine pflegebedürftige Frau?“ Tatsächlich musste er wenig später mit Verdacht auf Herzinfarkt mitten in der Nacht den Rettungsdienst rufen und wäre fast zu Hause geblieben, ohne sich weiter behandeln zu lassen.
„Da ist eine Versorgungslücke“, sagt Antje Chowaniec vom Pflegestützpunkt Pinneberg. Vor allem Kinder, die weit weg von ihren pflegebedürftigen Eltern leben, kommen immer wieder mit diesem Problem auf ambulante Pflegedienste zu.
Notfallliste mit Kontakten der Kinder und Nachbarn
„Ich habe jetzt sechs Adressen von Nachbarn und natürlich auch von unseren Kindern gut sichtbar in der Wohnung aufgehängt“, erzählt Hartmut Rehbein. Denn in der dramatischen Nacht musste viel telefoniert werden, um eine Betreuung sicherzustellen.
„Der eine Rettungsdienstmitarbeiter hätte meine Frau im Fahrzeug vorn ins Krankenhaus mitgenommen“, erinnert sich Rehbein. Doch der Kollege habe strikt abgelehnt. „Das dürfe der Rettungsdienst nicht.
Pflegestützpunkt und Rettungsdienst raten, Vorsorge zu treffen
„Wir raten dazu, das Problem mit den Hausärzten zu besprechen“, erzählt die Dame von Pflegestützpunkt. Denn sobald der Arzt eine Überweisung für die Klinik auch für den Partner ausschreibe, sei die Übernahme der Kosten wieder geregelt.
Vorsorge zu treffen, das empfiehlt auch Christian Mandel von der Rettungsdienstkooperation Schleswig-Holstein (RKiSH). „Unsere Teams müssen sich selbstverständlich primär um den Notfall kümmern. Aber wir dürfen niemanden hilflos zurücklassen.“
Niemand wird vom Rettungsdienst hilflos zurückgelassen
Zumeist gelinge es, Angehörige zu alarmieren, die sich auf den Weg machen. „Wir entscheiden immer fallbezogen und versuchen gemeinsam mit der Leitstelle, angepasste Hilfe zu organisieren.“ Die Miteinweisung ins Krankenhaus hält er nicht für zielführend, da ja in der Regel nur eine pflegerische Betreuung gefragt sei.
Beim Ehepaar Rehbein sprangen am Ende Nachbarn helfend zur Seite und nahmen Monika Rehbein mit zu sich. So konnte sich Hartmut Rehbein mit weniger Sorgen in die Klinik fahren lassen. Zum Glück stellte sich heraus, dass nichts Schlimmes am Herzen passiert war.
Hartmut Rehbein: „Es läuft alles gut, solange ich gesund bin“
Seit etwa drei Jahren kümmert sich der Uetersener um seine Frau. Sie hatte damals einen epileptischen Anfall erlitten, sodass die Alzheimer-Krankheit einen schweren Schub bekam. Seit November gilt für Monika Rehbein der Pflegegrad 2.
„Es läuft alles gut, solange ich gesund bin“, sagt der 75-Jährige. Trotzdem freut er sich über jede Unterstützung. In Kürze kann seine Frau an drei Tagen die Woche auch die nahegelegene Tagespflegeeinrichtung besuchen.
Diakoniestation hilft dank Hausnotrufsystem
Auch ein Hausnotruf mit der Diakoniestation Uetersen ist beim Ehepaar Rehbein geschaltet. „Die kommen auch des Nachts“, berichtet Hartmut Rehbein. Doch nach spätestens einer Stunde müsse eine andere Lösung gefunden werden.
Und da ist die Lücke, da fehlt eine Bereitschaftspflege, übrigens auch für Alleinerziehende. Nur dank einer Kollegin konnte die Krankenpflegerin, die Hartmut Rehbein in der Klinik traf, ihr Kind versorgen lassen, als sie selbst des Nachts in die Klinik musste.
Krankenkassen zahlen für Pflege bei Urlaub und Krankheit
Möglicherweise kann der Notfalleinsatz von Nachbarn oder Freunden auch honoriert werden. Die Krankenkasse zahlen für eine sogenannte Verhinderungspflege bis zu 1612 Euro pro Jahr. Dieser betrag kann im Ernstfall auch aufgestockt werden mit Mitteln, die ansonsten für die Kurzzeitpflege zur Verfügung stehen.
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Aber auch diese Plätze in den Pflegeheimen, um Betreuungslücken bei Krankheit oder Urlaub auszufüllen, werden immer rarer. Es fehlt schlicht an fachkundigem Personal. Ein Teufelskreis für die Betroffenen.