Pinneberg. 120 Kinder sind betroffen. Es werden neue Träger gesucht. Wie die Zukunft der Mitarbeiter aussieht – und was die Parteien dazu sagen.

Die Stadt Pinneberg will nicht länger die Trägerschaft ihrer Kitas übernehmen – sofern die Politik in der Ratsversammlung diesen Plänen zustimmt. Soll heißen: 120 Kinder in zwei noch kommunal geführten Kindertagesstätten sollen von neuen Trägern übernommen werden. Dabei handelt es sich um die Kita Richard-Köhn-Straße und Kita Saarlandstraße.

Geht es nach den Wünschen der Stadtverwaltung, würde sie die beiden Einrichtungen schon im nächsten Jahr an einen freien Träger übergeben. Um einen geeigneten Träger zu finden, soll ein Interessenbekundungsverfahren starten. Bei diesem werden diverse Kita-Träger angeschrieben und um eine Trägerbewerbung gebeten. Außerdem wird es auf der Website der Stadt bekanntgegeben.

Stadt Pinneberg möchte neuen Träger für städtische Kitas suchen

In Pinneberg gibt es insgesamt 26 Kitas. So betreibt der Verein Kita Waldstraße e.V. als größte Einrichtung sieben Häuser in der Kreisstadt, gefolgt von der Arbeiterwohlfahrt (AWO) und der Evangelischen Kirche mit jeweils fünf Kitas.

„Die Kita selbst bleibt – und das sage ich ganz deutlich – werden selbstredend inklusive aller Plätze im Krippen- und Elementarbereich an beiden Standorten komplett erhalten“, sagt Bürgermeisterin Urte Steinberg. „Außerdem werden wir natürlich ebenso dafür sorgen, dass auch alle unsere Mitarbeiterinnen von einem neuen Träger übernommen werden.“

Städtischen Kitas in Pinneberg fehlt es an ausreichend Personal

Anlass dieses Interessenbekundungsverfahrens ist das neue schleswig-holsteinische Kindertagesförderungsgesetz (KitaG), das 2021 in Kraft getreten ist. „Wir möchten, dass unsere Kindergärten den höchsten Qualitätsansprüchen genügen“, sagt Urte Steinberg. Für modernes Personalmanagement und die Qualitätssicherung im Erziehungsbereich benötige man aber ausreichend Personal und viele Angebote, um flexibel und bedarfsgerecht reagieren zu können.

„Diese wichtigen Qualitätsanforderungen werden sich aber über kurz oder lang mit nur einer einzigen Kita in städtischer Hand nicht mehr abbilden lassen“, so Steinberg. „Deswegen hat sich die Verwaltung entschieden, der Politik ein Interessenbekundungsverfahren vorzuschlagen, damit unsere Pinneberger Kinder auch weiterhin das bestmögliche Betreuungsangebot erhalten.“

Größere Kita-Träger können auf Pool aus Mitarbeitern zurückgreifen

Heiner Koch, Fachbereichsleiter Bildung, Kultur und Sport, ergänzt: „Dass eine Stadt eine Kita betreibt, ist nach dem neuen Kita-Gesetz nur als Ausnahme gedacht.“ Freie Träger mit vielen einzelnen Kindergärten hätten gegenüber einer Stadtverwaltung den Vorteil, dass sie über kontinuierliche pädagogische Fachberatung und ein eigenes Qualitätsmanagement verfügen.

Sie könnten bei Personalengpässen flexibel reagieren, weil sie zum Beispiel die Verlässlichkeit der Betreuung über einen Mitarbeiter-Springerpool regeln können. „Etwas, das wir kaum abbilden können, da wir als kommunale Verwaltung an den Haushalts- und den Stellenplan gebunden sind und Personal von einer anderen Dienststelle in der Stadtverwaltung nicht einfach in die Kita verschieben können, weil die Tätigkeit dort eine besondere pädagogische Ausbildung verlangt.“

Kita-Mitarbeiter, Eltern und Personalrat sind informiert

Die Stadtverwaltung hat ihren Vorschlag in einer Vorlage formuliert, die der Politik im Ausschuss Soziales, Kinder und Senioren am Dienstag, 12. September, vorgestellt wird. Sofern der Ausschuss dem zustimmt, geht die Vorlage am 5. Oktober zur Entscheidung in die Ratsversammlung. Die Fraktionen selbst wurden bereits am 16. August vom Fachbereichsleiter über diesen Vorschlag informiert.

Die Mitarbeiterinnen der Kita Richard-Köhn-Straße und Saarlandstraße, die Eltern und der Personalrat wurden vorab informiert. „Und selbstverständlich stehen die Kita-Leitung und der Fachdienst Kindertagesstätten bei der Stadt für alle Rückfragen zur Verfügung“, sagt Urte Steinberg.

Bürgermeisterin Steinberg: Kita und alle Kita-Plätze bleiben erhalten

Für die Kinder und ihre Eltern werde sich auch nach einem möglichen Übergang an einen anderen Träger nichts ändern, verspricht sie. „Die Kita und alle Kita-Plätze bleiben erhalten. Im Gegenteil: Das neue Kita-Gesetz wird – genauso wie eine mögliche Betriebsübergabe – nur für eine Verbesserung der Betreuung sorgen.“

Wenn die Ratsversammlung zustimmt, will die Stadt das Interessenbekundungsverfahren zeitnah in Angriff nehmen. Die Entscheidung über eine Übergabe der Trägerschaft durch die Politik erfolgt dann erst im ersten Quartal 2024, sofern sich geeignete Träger finden. Der Betriebsübergang könnte dann zum 1. August 2024 erfolgen.

Städtische Kitas unter neuer Trägerschaft: Das sagt die Politik

Die Reaktionen aus der Politik sind gemischt. „Uns als CDU ist bewusst, dass eine Überführung der Trägerschaft der städtischen Kita bei allen Beteiligten, insbesondere natürlich bei den Eltern und Mitarbeitern, massive Ängste hervorruft. Dieser Vorgang kommt nun auch für uns überraschend auf die Tagesordnung“, sagt Dmitrji Schein, Sprecher für Soziales, Kinder und Senioren der CDU-Fraktion. In einer Sitzung zur Vorbereitung des nächsten Ausschusses sei das Thema intensiv beraten worden und es blieben auch bei der CDU viele offene Fragen, die erst einmal beantwortet werden müssten.

Ob eine Überführung der Trägerschaft wirklich erforderlich ist, ist für die CDU noch ein offener Punkt. Bei einer Überführung müsste ein „nahtloser, bestenfalls gar nicht spürbarer Übergang für die Kinder“ erfolgen. Das bedeute, dass das pädagogische Konzept in seiner Grundstruktur so weitergeführt werden müsste.

CDU Pinneberg: keine Entscheidung zu Lasten der Kleinsten

„Immerhin ist das pädagogische Konzept einer Kita ja immer einer der Gründe, weswegen sich Familien für die jeweilige Kita entscheiden“, sagt Dmitrji Schein. Das Personal müsste übernommen werden, ohne Nachteil für die Betroffenen. „Und natürlich wollen wir sicherstellen, dass unsere guten Mitarbeiter auch zukünftig gut untergebracht sind.“

Außerdem müsse in jedem Fall der Fortbestand der Einrichtung gewährleistet sein, so Dmitrij Schein. Und weiter: „Es darf keine Entscheidung zu Lasten der Kleinsten getroffen werden.“

FDP Pinneberg begrüßt Vorstoß der Stadtverwaltung

Die SPD hat sich bei diesem Thema ebenfalls noch nicht final entschieden. „Wir sind aber entsetzt, dass das Kita-Gesetz der Landesregierung nun die ersten Kitas zur Schließung zwingt“, sagt Kai Vogel, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins.

Die FDP Pinneberg begrüßt den Vorschlag der Stadtverwaltung ausdrücklich. „Für uns als FDP-Pinneberg ist klar, dass die städtische Verwaltung auf einige Aufgaben ausgerichtet und dafür optimal ausgestattet sein muss“, sagt FDP-Vorsitzender Lukas Alexander Ellgoth. Die Trägerschaft für Kindergärten gehöre nicht zu diesen Aufgaben.

Buntes Pinneberg will Thema im Ausschuss vertagen

„Auf diesem Tätigkeitsfeld haben Externe einerseits mehr Erfahrung und Kompetenz, aber arbeiten andererseits dennoch gut mit der Stadt zusammen“, sagt der FDP-Vorsitzende Lukas Alexander Ellgoth. „Für einige wenige Kitas nicht auf diese Expertise zurückzugreifen, wäre in unseren Augen ein Fehler. Daher begrüßen und unterstützen wir dieses Umdenken.“

Die Fraktion Buntes Pinneberg hat sich noch nicht endgültig entschieden. „In der Hoffnung, dass wir nicht unter Zeitdruck stehen, werden wir nach der Diskussion im Ausschuss eine Vertagung beantragen, damit wir uns weitergehend mit der Materie befassen und der Verwaltung und den Fraktionen vorab unseren Fragenkatalog zu dem Thema senden können“, sagt Manfred Stache.

Buntes Pinneberg: nicht alle Kitas sollten in privater Hand sein

Und weiter: „Es wäre schon ein Verlust der Vielfalt, wenn die Stadt als Trägerin der Kita wegfällt und stattdessen eine Institution, die bereits in Pinneberg tätig ist, deren Trägerschaft übernimmt.“ Es könne auch nicht verkehrt sein, wenn eine Kita staatlich geleitet wird und nicht alle Kitas in private Hände vergeben werden. Aus diesen Gründen wollen Buntes Pinneberg nach Alternativen zur Aufgabe der Trägerschaft suchen und prüfen, ob die praktikabel und finanzierbar wären.

Bündnis 90/Die Grünen haben sich bislang nicht zu dem Vorgang geäußert.