Kreis Pinneberg. SPD will Kreiskulturzentrum eigenes Hinweisschild verschaffen. Doch dies kann lagen dauern – wie ein Beispiel aus Elmshorn zeigt.
Haben Sie schon einmal vom Magic Park Verden gehört? Vom Miniland M-V oder von der Wurster Seeküste? Ist Ihnen der Alfsee Ferien-und Erholungspark ein Begriff oder das Wisentgehege Springe? Falls ja, beweist das vor allem eins: Sie sind viel auf deutschen Autobahnen unterwegs.
Denn alle genannten Einrichtungen oder Sehenswürdigkeiten haben eines gemeinsam: Ein Hinweisschild an der Autobahn. Wer während der Sommerferien beispielsweise auf der A23 in Richtung Urlaub unterwegs ist, kann zahlreiche dieser Hinweisschilder entdecken und so viel über Norddeutschland erfahren.
A23: Bekommt die Pinneberger Drostei ein eigenes Schild an der Autobahn?
Auch im Kreis Pinneberg gibt es entlang der A23 einige dieser Schilder. Seit 2005 weist eines auf das Pinneberger Baumschulland hin, 2011 kam ein weiteres hinzu, das gleich auf zwei Sehenswürdigkeiten hinweist: Das Rosarium in Uetersen und das Arboretum in Ellerhoop teilen sich ein Schild.
Nun wagt die SPD im Kreis Pinneberg einen Vorstoß für eine weitere Tafel. Das Kulturforum der Kreis-SPD plädiert für ein Hinweisschild für die Pinneberger Landdrostei. Dass dieses besonders bedeutende Baudenkmal aus dem norddeutschen Barock bislang keine Anerkennung gefunden habe, wolle man nicht auf sich beruhen lassen.
Pinneberg: Der letzte Antrag für die Drostei wurde abgelehnt
Es ist allerdings nicht der erste Vorstoß dieser Art. Schon vor mehr als acht Jahren habe die Stiftung Landdrostei einen Antrag beim zuständigen Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr eingereicht. Antwort der Behörde damals: Das Gebäude und die kulturelle Nutzung seien zu unbedeutend für ein eigenes Schild.
Trotzdem will das SPD-Kulturforum nun einen neuen Anlauf wagen. Was hat sich seitdem verändert? „Die Umstände sind besser geworden“, stellen die Kulturpolitiker fest. Denn: Mit der Autobahngesellschaft gebe es nun eine neue Instanz, die über die Genehmigung der Schilder entscheidet.
Schleswig-Holstein: Rund 120 dieser Hinweistafeln gibt es im Land
Zudem sei die Zahl der Hinweisschilder entlang der Autobahn in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. In Schleswig-Holstein gibt es laut einer Erhebung der Hochschule Harz aus dem Jahr 2020 etwa 120 der „touristischen Unterrichtungstafeln“. Bundesweit sollen es demnach mehr als 2900 sein, der ADAC schätzt sogar mehr als 3400.
Die meisten entfallen laut Erhebung der Hochschule Harz auf die Flächenbundesländer. Bayern hat mehr als 800 der Hinweisschilder, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen kommen jeweils auf mehr als 300.
Autobahn: Jeder Sechste ist wegen der Hinweisschilder schon abgefahren
Schleswig-Holstein liegt am unteren Ende der Statistik. Nur das Saarland und die drei Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen haben weniger Hinweisschilder. Ob die angepriesenen Orte aufgrund der Schilder vermehrt angefahren werden, ist schwer zu messen.
Sven Groß, Professor für Management von Verkehrsträgern an der Hochschule Harz, hat dies aber ebenfalls untersucht und eine entsprechende Befragung durchgeführt. Ergebnis: „Etwa jeder sechste Befragte (17,1 Prozent) ist bereits mindestens einmal aufgrund einer touristischen Unterrichtungstafel spontan von einer Autobahn abgefahren, um die abgebildete Sehenswürdigkeit, Stadt oder Landschaft zu besuchen.“
A23: SPD rechnet sich gute Chancen für eine Drostei-Tafel aus
Die Hinweistafeln können also wirklich einen Effekt auf die Bekanntheit bestimmter Sehenswürdigkeiten haben. Nils Jonas, engagierter Pinneberger und Mitglied im SPD-Kulturforum, sieht gute Chancen, dass die Kulturpolitik des Kreises das Anliegen der Sozialdemokraten unterstützt.
Als die Initiative des Kreises vor etwa acht Jahren vom Landesbetrieb abgelehnt worden sei, habe dies im zuständigen Fachausschuss große Empörung hervorgerungen. Auch wegen des Arguments, die Drostei sei nicht prägend für die Region Pinneberg.
Pinneberger Drostei habe einen „Hingucker“ verdient
Werner Harms, SPD-Kreistagsabgeordneter, sagt, der Kreis Pinneberg sei bunt und habe viel für einen Abstecher von der Autobahn zu bieten. „Das darf auch gern an der A23, der Verkehrsader durch den Kreis, mit einer zusätzlichen Hinweistafel für die Landdrostei bekannt gemacht werden.“
Die Meinung der SPD-Kulturpolitiker: Die Landdrostei in Pinneberg habe einen „Hingucker“ an der Autobahn verdient. Der Zeitpunkt könnte günstig gewählt sein. „Die beispielhafte Initiative, Landeskunde im Vorbeifahren zu fördern und die Heimat populär zu machen, hat deutlich an Zuspruch gewonnen“, heißt es vom SPD-Kulturforum.
Elmshorn: Industriemuseum wartete mehr als zehn Jahre auf Tafel
Schnell wird es aber wohl nicht gehen. Der Fall des Industriemuseums in Elmshorn zeigt, dass die Genehmigung eines Hinweisschildes kein leichtes Unterfangen ist. Mehr als zehn Jahre dauerte es, bis 2018 endlich ein Schild an der A23 aufgestellt wurde. Und auch dort klappte es nicht im ersten Anlauf.
2007 hatte Museumsleiterin Bärbel Böhnke den ersten Antrag für die Beschilderung des Industriemuseums an der Autobahn gestellt. Wie auch bei der Drostei wurde dieser abgelehnt. Das Museum habe keinen überregionalen Bekanntheitswert und sei zu weit von der Autobahn entfernt.
Drei Anträge waren nötig bis zur Hinweistafel fürs Industriemuseum
Auch ein zweiter Antrag aus dem Jahr 2015 wurde abgelehnt, mit ähnlicher Begründung. Doch Museumsleiterin Böhnke gab nicht auf. 2016 stellte sie einen weiteren Antrag. Das Industriemuseum war in diesem Jahr zertifiziert worden, was die überregionale Bedeutung des Hauses verdeutlichte.
Unterstützung gab es nicht nur vom Förderverein, sondern auch durch ein Empfehlungsschreiben des Geschäftsführers des schleswig-holsteinischen Tourismusverbands. Außerdem war der Kriterienkatalog für die Hinweisschilder überarbeitet worden.
Elmshorn: Tafel soll zum Gesamtmarketing der Region beitragen
So wurde der dritte Antrag schließlich angenommen. 2018 folgte die Aufstellung des Schildes an der A23. Bezahlen musste das Industriemuseum die touristischen Unterrichtungstafeln übrigens selbst. Unterstützung für die Gesamtkosten von 11.500 Euro gab es einmal mehr vom Förderverein.
Trotz der Kosten freuten sich alle Beteiligten. Volker Hatje, mittlerweile Oberbürgermeister von Elmshorn, sagte zur Einweihung: „Das Schild trägt zum Gesamtmarketing der Region bei.“ Sonst verweise nicht ein einziges Schild auf Elmshorn. „Wir sind mehr als eine schnöde Abfahrt“, so Hatje.
So sind die Regeln für das Aufstellen einer Hinweistafel
Wie für viele Dinge in Deutschland, gibt es auch für die Genehmigung von touristischen Unterrichtungstafeln Regeln. Ausschlaggebend dafür, ob ein Schild aufgestellt werden darf, ist die Richtlinie für touristische Beschilderung (RtB) des Bundes sowie die Straßenverkehrsordnung.
Die Tafeln dienten demnach als „Hinweis auf touristisch besonder bedeutsame Ziele, die entweder von der Autobahn aus sichtbar sind oder grundsätzlich nicht weiter als zehn Kilometer (Luftlinie) von einer Autobahnanschlussstelle entfernt liegen.“ Auf Ziele mit „herausragender touristischer Bedeutung“ könne auch bei einer größeren Entfernung hingewiesen werden.
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Was sind touristisch bedeutsame Ziele – und was nicht?
Als touristisch bedeutsame Ziele gelten etwa Kultur-, Bau- und Bodendenkmäler, Unesco-Welterbestätten, Anlagen und Einrichtungen von kultureller, geschichtlicher- oder kultur-historischer Bedeutung sowie historisch oder baulich bedeutsame Stadtbereiche und städtebauliche Ensembles.
Aber auch Naturdenkmäler, Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiete, National- oder Naturparks, zur Erholung geeignete Landschaften und Parks, Gärten, Kriegsgräberstätten sowie Erholungsgebiete und Freizeiteinrichtungen können touristisch bedeutsam sein. Vorausgesetzt diese Ziele sind öffentlich zugänglich.
A23: Pinneberger Drostei soll Hinweisschild an der Autobahn bekommen
Weiter Voraussetzungen, welche die Landesregierung 2015 festlegte, sehen vor, dass ein Alleinstellungsmerkmal gegeben sein muss, das Ziel muss viele Besucher anziehen und typisch oder prägend für die Region sein.
Im Falle der Drostei ist die Entfernung schon mal kein Problem, sie liegt deutlich näher an der A23 als zehn Kilometer. Bleibt die Frage nach der touristischen Bedeutung. Die ist aus Sicht der SPD-Kulturpolitiker gegeben. Deshalb wollen sie nach der Sommerpause des Kreistags entsprechende Anträge einbringen. Bis ein Schild aufgestellt wird, dürfte es also noch dauern.