Quickborn. Das marode Dach des Waagehauses ist wieder dicht: Warum junge Leute ihr Freiwilliges Soziales Jahr in der Denkmalpflege absolvieren.
Das älteste Haus im Quickborner Himmelmoor ist jetzt wetterfest gesichert. Die Jugendbauhütte aus Lübeck der deutschen Denkmalstiftung hat mit vereinten Kräften innerhalb von einer Arbeitswoche endlich das marode Dach des Waagehauses von 1890 dichtgemacht und die originalen Dachbalken und Dachpappe erneuert.
Im vorigen Sommer hatte die Gruppe von jungen Männern und Frauen, die allesamt ihr Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) im Handwerk, der Denkmalpflege oder der Architektur absolvieren, bereits eine Hälfte des historischen Dachs saniert. Nun war die zweite Hälfte dran – und es wurde rechtzeitig fertiggestellt trotz des schlechten Wetters.
Quickborn: Himmelmoor – junge Handwerker retten das älteste Haus
„Diese aufwendige Sanierung des Waagehauses lohnt sich auf jeden Fall“, sagt der Zimmerermeister Eric Janssen, der das gute Dutzend an jungen Handwerkern der Lübecker Jugendbauhütte führt und anleitet. „Es gehört zur Geschichte Quickborns und des Himmelmoores dazu und darf nicht in Vergessenheit geraten“, schwärmt Janssen über diese Restaurierungsarbeiten, die allen Teilnehmenden unheimlich viel Spaß machten.
Im Himmelmoor sei jahrhundertelang industrieller Torfabbau betrieben worden, der nun zu Ende ging. Das Moor soll renaturiert werden. Da sei es gut und richtig, die historisch bedeutenden Gebäude für die Nachwelt zu erhalten, sagt der erfahrene Zimmermann.
NS-Gedenkstätte: Ensemble im Himmelmoor ist einzigartig in Schleswig-Holstein
Damit spricht er Theodor Hildebrecht voll und ganz aus dem Herzen. Der begeisterte Freund des Himmelmoores gehört dem Vorstand des Fördervereins ebenso an wie dem Vorstand der Freunde des Waagehauses. Der Verein hat sich vor zwei Jahren gegründet und zählt inzwischen 20 Mitglieder. „Dieses Ensemble hier von historischen Gebäuden im Himmelmoor mit dem Waagehaus, dem Torfwerk und dem inzwischen als NS-Gedenkstätte anerkanntem Henri-Goldstein-Haus ist einmalig in Schleswig-Holstein.“
Das Waagehaus diente seit 1890 der Torffabrik als Wiegestation des abgetragenen Torfes, bevor er weiter über Loren zum Quickborner AKN-Bahnhof transportiert und dort auf Züge umgeladen wurde. Der Torf diente vor allem den Menschen in Hamburg jahrhundertelang als guter und kostengünstiger Brennstoff zum Heizen. Erst als das neue Torfwerk 1972 errichtet war (das vor vier Jahren stillgelegt wurde), war das Wiegen des Torfes an den Quickborner Bahnhof verlagert worden.
Himmelmoor: Sanierungsprojekt wird mit Spenden und Geld vom Staat finanziert
Auch wenn das Dach jetzt dicht und saniert ist, gibt es noch reichlich zu tun. Vor allem müssten jetzt der Keller und die Wände wasserdicht gemacht werden, erläutert Hildebrecht. Die Statik des Gebäudes sei bereits untersucht und von den Experten als sicher eingestuft worden. „Es versinkt nicht im Moor. Das steht fest.“ Wenn dann keine Feuchtigkeit mehr eindringen könnte, würden die elektrischen Leitungen erneuert, und der Innenausbau könnte beginnen. „Wir hoffen, dass wir im nächsten Jahr damit fertig sind“, sagt Hildebrecht. Mit Hilfe von Zuschüssen von Stadt und Land sowie Spenden werde das Sanierungsprojekt finanziert.
Die Jugendbauhütte widme sich im Auftrag der Stiftung Denkmalschutz und der Internationalen Jugendgemeinschaftsdienste, bei denen er als Projektleiter angestellt ist, der Sanierung von historischen baufälligen, aber erhaltenswerten Gebäuden, die Vereinen, Verbänden und der Öffentlichkeit gehören, erklärt Janssen. So hätten sie in jüngerer Zeit historische Gebäude in der Lübecker Innenstadt und an den Kasematten in Kiel restauriert. Und vor ein paar Wochen seien sie mit insgesamt 600 Helfern im Einsatz gewesen, um 18 Bauten, die vor zwei Jahren der Hochwasserflut im Ahrtal zum Opfer fielen, wieder aufzubauen. „Dort sieht es zum Teil noch schrecklich aus.“
Himmelmoor: Junge Handwerker haben beim DRK gezeltet
Für die FSJler war das Himmelmoor-Projekt die letzte Handwerksarbeit ihres Sozialdienstes. „Das hat unglaublich viel Spaß gemacht“, sagt Mischa Görgen (18) aus Duisburg. „Für mich war das ein guter Einblick in die Handwerksarbeit historischer Gebäude für mein Architekturstudium, das ich jetzt beginnen werde.“ Und Kollegin Clara Mitze aus Bensheim bei Frankfurt sagt: „Mir hat diese Arbeit so gut gefallen, dass ich jetzt eine Handwerkslehre machen werde.“
Untergebracht waren die jungen Dachdecker vom Waagehaus beim Deutschen Roten Kreuz in der Quickborner Feldstraße. Dort konnten sie in Zelten schlafen und sich in der Küche selber bekochen, erklärt der Erste Vorsitzende Hans-Hermann Behncke.
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Die Stiftung der Sparkasse Südholstein spendete 500 Euro für das Essen. „Wir freuen uns, wenn wir uns selbst versorgen können“, betont Jugendbauhütten-Leiter Janssen. Die Unterbringung in den Jugendherbergen könnte sich seine Organisation heute kaum noch leisten.