Kreis Pinneberg. In Deutschland hat der Schutz des Trinkwassers oberste Priorität. So ist die Situationen in den Kommunen des Kreises Pinneberg.

Wasser bildet die Grundlage allen Lebens. Es ist es mehr als nur ein Lebensmittel. Wasser ist Leben. Welche Auswirkungen verunreinigtes Trinkwasser haben kann, hat in Hamburg zuletzt 1892 die große Choleraepidemie verdeutlicht, die mehr als 8500 Opfer forderte. Inzwischen hat der Gesetzgeber längst detailliert geregelt, welche Inhaltsstoffe im Trinkwasser enthalten sein dürfen und wie häufig Kontrollen vorgenommen werden müssen. Die Qualität des Trinkwassers aus der Leitung steht in Deutschland nicht hinter der von in Flaschen verkauften Wassers zurück.

Im Kreis Pinneberg stehen die für die Trinkwasserförderung zuständigen Stadtwerke vor einer besonderen Herausforderung. Auf dem offiziellen Landesportal Schleswig-Holstein.de wird zum Thema Grundwasser dem Gefährdungspotenzial durch Baumschulen ein eigener Abschnitt gewidmet. 86 Prozent aller schleswig-holsteinischen Baumschulen befinden sich im Kreis Pinneberg. Fast zehn Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche im Kreis wird von Baumschulen intensiv bewirtschaftet.

Kreis Pinneberg: Belastet oder hervorragend? So gut ist unser Trinkwasser

Durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gelangen Pestizide und deren Abbauprodukte ins Grundwasser. Zum Beispiel 1,2-Dichlorpropan, ein Leber und Nieren schädigender Stoff. Obwohl seit 1987 nicht mehr zugelassen, wird das Gift noch heute in Boden und Grundwasser nachgewiesen. In den 1990er- Jahren wurden im Kreis Pinneberg mehrfach massive Überschreitungen des Grenzwerts festgestellt.

Die Kreisverwaltung erteilte – um die Trinkwasserversorgung sicherzustellen – befristete Ausnahmegenehmigungen, sodass das Wasser trotz der überhöhten Schadstoff-Konzentration weiter genutzt werden durfte. Letztlich mussten aber mehrere Brunnen sowie ganze Wasserwerke stillgelegt werden. Zuletzt 2020 das Wasserwerk Ellerhoop (Belastung mit Dimethylsulfamid).

Pinneberg: Durchschnittlicher Wasserverbrauch liegt bei 8219 Kubikmetern am Tag

Im Kreis Pinneberg wird, wie in ganz Schleswig-Holstein, Trinkwasser nur aus Grundwasser gewonnen. Die Stadtwerke Pinneberg fördern pro Jahr rund 3 Millionen Kubikmeter Wasser, der durchschnittliche Tagesverbrauch beträgt 8219 Kubikmeter. Die höchste bislang registrierte Tagesverbrauchswert lag mit 11.354 Kubikmetern nur knapp unter der maximal möglichen Tagesfördermenge von 11.500 Kubikmetern.

Was passiert, wenn mehr Wasser gebraucht als gefördert wird? „Im ersten Moment fällt der Wasserdruck, die Verbraucher werden aufgefordert, Wasser einzusparen“, erläutert Christian Scharfetter von den Stadtwerken Pinneberg, „dann wird der Systemdruck flächendeckend abgesenkt.“

Aktuell haben die Stadtwerke Pinneberg elf Trinkwasserbrunnen im Einsatz. Christian Scharfetter: „Die Wasserqualität ist hervorragend, es liegen keine Belastungen vor.“ In der Vergangenheit waren Brunnen stillgelegt worden, auch wegen erhöhter 1,2-Dichlorpropanwerte. Mittelfristig sollen angesichts einer stetig wachsenden Bevölkerungszahl und der damit verbundenen steigenden Nachfrage weitere Brunnen in Betrieb genommen werden.

Elmshorn: Stadtwerke fördern jährlich 3,6 Millionen Kubikmeter Wasser

Bei den Stadtwerken Elmshorn drohen vorerst keine Engpässe. Jährlich werden aus 17 Brunnen insgesamt 3,6 Millionen Kubikmeter Wasser gefördert, der Tagesverbrauch schwankt zwischen 10.000 und 12.000 Kubikmetern. Einmal wurden in der Spitze 14.000 Kubikmeter benötigt – angesichts einer möglichen Tagesförderung von 23.000 Kubikmetern kein Problem.

Wo besteht Handlungsbedarf? Für Sören Schuhknecht, Leiter der Stadtwerke Elmshorn, ist klar: „Wir müssen die natürlichen Ressourcen schonen, Trinkwasser wird häufig als Brauchwasser verwendet. Muss das sein?“

Sören Schuhknecht, Leiter der Stadtwerke Elmshorn: „Wir müssen die natürlichen Ressourcen schonen, Trinkwasser wird häufig als Brauchwasser verwendet. Muss das sein?
Sören Schuhknecht, Leiter der Stadtwerke Elmshorn: „Wir müssen die natürlichen Ressourcen schonen, Trinkwasser wird häufig als Brauchwasser verwendet. Muss das sein? © Unbekannt | Simon Heydorn

Man müsse zu Hause im Garten auch keinen Pool aufstellen, sondern solle lieber in die Hallen- und Freibäder gehen. Schon ein kleiner Pool fasse rund neun Kubikmeter Wasser. „Damit kommt ein Zwei-Personen-Haushalt gut durch den Monat“, so Schuhknecht. Ganz wichtig ist dem Stadtwerkechef, dass „abgelaufene Medikamente richtig entsorgt werden“. Sie gehören nicht in die Toilette, den Abfluss oder die Spüle, sondern in den Restmüll oder zur Apotheke.

Uetersen: In den 90er-Jahren mussten 10 Brunnen geschlossen werden

Die Holsteiner Wasser GmbH betreibt im Kreis Pinneberg die beiden Wasserwerke Uetersen und Haseldorfer Marsch. Mit Trinkwasser beliefert werden die Stadtwerke Uetersen, Wedel und Tornesch. In Haseldorf beträgt die Jahresförderung 6,4 Millionen Kubikmeter, der durchschnittliche Tagesverbrauch 7000 Kubikmeter. Die Höchstfördermenge pro Tag liegt bei 18.000 Kubikmetern, ein Wert, der in einer Verbrauchsspitze erreicht wurde. Die Zahlen für das Wasserwerk Uetersen: 800.000 Kubikmeter Jahresförderung, 2400 Kubikmeter maximale Fördermenge pro Tag.

Im Wasserwerk Uetersen mussten in den 90er-Jahren wegen Pestizidbelastung 10 von 14 Brunnen außer Betrieb genommen werden. Auch in der Haseldorfer Marsch wurden Brunnen stillgelegt, aber nur wegen normaler Alterungsprozesse.

Halstenbek: Seit 1998 gibt es eine Aktivkohle-Filteranlage

Wo liegen die größten Gefahren für die Trinkwasserförderung in der Region? „Damit das gelieferte Wasser qualitativ einwandfrei und ohne Bedenken für den menschlichen Genuss geeignet bleibt, ist der Schutz der Ressource vor Spurenstoffeinträgen eine wesentliche Aufgabe“, sagt Andre Herrmann, Betriebsleiter Holsteiner Wasser. „Um die Qualität unserer Wasserressourcen langfristig zu sichern, gilt es, die Verursacher stärker in die Pflicht zu nehmen. Die im Frühjahr verabschiedete Nationale Wasserstrategie weist hier in die richtige Richtung: So sieht das mit der Strategie veröffentlichte „Aktionsprogramm Wasser“ unter anderem vor, die Verwendung relevanter chemischer Schadstoffe zu beschränken und die Hersteller stärker in die Verantwortung zu nehmen.“

Aus den drei Trinkwasserbrunnen des Gemeindewerks Halstenbek werden pro Jahr rund 950.000 Kubikmeter Wasser gefördert und pro Tag 2400 Kubikmeter an die Haushalte abgegeben. Höchstmögliche Fördermenge pro Tag: 4000 Kubikmeter. Weil in den 1990er-Jahren in einem der Trinkwasserbrunnen Pestizidrückstände festgestellt wurden, ging 1998 eine Aktivkohle-Filteranlage in Betrieb.

Quickborn: Stadtwerke planen hochmodernes Wasserwerk

Die Stadtwerke Quickborn wollen 2026 ein hochmodernes Wasserwerk in Betrieb nehmen, das mehr als 2 Millionen Kubikmeter Wasser liefern kann. Deutlich mehr, als das alte Wasserwerk aus dem Jahr 1965 schafft. Den Anstoß zum geplanten Neubau hatte 2019 eine einmalige Schadstoffbelastung in einem der vier Brunnen gegeben.

Bei den Stadtwerken Barmstedt scheint die Welt noch in Ordnung zu sein. „Die Qualität des Grundwassers im Fördergebiet ist konstant sehr gut. Eine Belastung mit Schadstoffen war bislang nicht zu verzeichnen“, teilt Stadtwerke-Sprecherin Irina Hesselink mit. Aus fünf Brunnen werden 790.000 Kubikmeter Wasser gefördert. „Die maximale Fördermenge pro Tag (4300 Kubikmeter) liegt deutlich über dem Verbrauchsspitzenwert (3500 Kubikmeter). Eine Rationierung oder Priorisierung bei der Wasserentnahme steht deshalb nicht zu befürchten.“

Härtegrad: Ist mein Wasser hart oder weich?

Die „Härte“ des Wassers ist abhängig vom Gehalt an Kalzium- und Magnesiumverbindungen. Je höher deren Anteil, desto härter ist das Wasser.

Von „weichem Wasser“ spricht man bei 0 bis 7 Grad deutscher Härte (dH), 0 bis 1,3 Millimol Kalziumkarbonat pro Liter, von mittelhartem Wasser“ bei 8 bis 14 Grad dH, 1,5 bis 2,5 Millimol Kalziumcarbonat pro Liter, von „hartem Wasser“ zwischen 14 und 21 Grad dH, 2,5 bis 3,8 Millimol Kalziumkarbonat pro Liter.

Magnesium und Kalzium sind wichtige Mineralstoffe für den Körper und stellen kein Problem für die Gesundheit dar. Waschmaschinen vertragen hartes Wasser, moderne Waschmittel enthalten Enthärter. Wasserkocher oder Kaffeemaschinen lassen sich einfach mit verdünnter Zitronensäure entkalken.

Hartes Wasser in Pinneberg – mittelhartes in Elmshorn und anderen Orten

Die Stadtwerke Pinneberg versorgen ihre Kunden mit „hartem Wasser“, im Bereich der Stadtwerke Wedel, Uetersen, Tornesch, Barmstedt, Elmshorn, Quickborn sowie dem Gemeindewerk Halstenbek fließt mittelhartes Trinkwasser aus dem Wasserhahn. Ebenso in Schenefeld.

„Wir bieten regelmäßig Beratungen für Baumschulen an“, sagt Sören Schuhknecht, Leiter der Stadtwerke Elmshorn. Foto: Stadtwerke Elmshorn

Gefährdungspotenzial? Baumschulen weisen Kritik zurück

Dass die vielen Baumschulen im Kreis Pinneberg ein Gefährdungspotenzial für das Grundwasser mit sich bringen, möchte Frank Schoppa, Geschäftsführer des Landesverbandes Schleswig-Holstein im Bund der Baumschulen (BdB), so nicht stehenlassen – trotz der zum Teil massiven Grundwasserbelastungen durch Pestizide und deren Rückstände.

„Durch die Sache- und fachgerechte Anwendung von Pflanzenschutzmitteln durch sachkundige Anwender ist keine Gefahr für das Trinkwasser verbunden“, sagt BdB-Geschäftsführer Frank Schoppa. „Gefahren beim chemischen Pflanzenschutz gehen vom illegalen Handeln und unsachgemäßer Anwendung, etwa in Privatgärten, aus
„Durch die Sache- und fachgerechte Anwendung von Pflanzenschutzmitteln durch sachkundige Anwender ist keine Gefahr für das Trinkwasser verbunden“, sagt BdB-Geschäftsführer Frank Schoppa. „Gefahren beim chemischen Pflanzenschutz gehen vom illegalen Handeln und unsachgemäßer Anwendung, etwa in Privatgärten, aus © Unbekannt | Burkhard Fuchs

„Es handelt sich um die historische Verwendung damals zugelassener Bodenentseuchungsmittel im Zeitbereich 60er- bis 80er-Jahre, deren Zulassung 1987 auslief. Diese Mittel wurden wegen den Bodenmüdigkeit in Baumschulen, aber auch im Kartoffelbau eingesetzt. Es geht um die Nachwirkung von legalen Handlungen in der Vergangenheit. Baumschulen stellen aktuell keine Gefahr dar. Im Gegenteil: Ihre Produkte, Bäume und Gehölze, sind Lösungen für die Anpassung an Klimanwandelfolgen, wenn man an Kühlung durch Stadtgrün sowie Forstpflanzen für den Umbau stabiler Mischwälder denkt.“

Darüber, welche Mengen an Pflanzenschutzmitteln (PSM) die Baumschulen im Kreis Pinneberg pro Jahr verwenden, gibt es keine genauen Zahlen. Auch nicht bei der Frage, in welchem Umfang der Eintrag von Pflanzenschutzmitteln in den vergangenen 20 Jahren zurückgefahren wurde. „Aus der Beratung wissen wir aber, dass der PSM-Einsatz in Baumschulen in den letzten 20 Jahren um rund 30 Prozent reduziert werden konnte.“

„Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist in einigen Bereichen immer noch unverzichtbar“

Hamburger Abendblatt: Ist der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln unverzichtbar? Welche Alternativen stehen zur Verfügung?

Frank Schoppa: Die kritische Sicht der Gesellschaft auf dem chemischen Pflanzenschutz ist bei der Branche angekommen und wird verstanden. Aus diesem Grund wird durch verbesserte Anbaumethoden, vermehrten Einsatz mechanischer (Hacken, Striegel), thermischer (Brennen, Heißdampf) und biologischer (Pflanzenstärkungsmittel) Verfahren der Einsatz chemischer PSM reduziert. Auch die Züchtung verbesserter, resistenter Sorten spiel hier ein wichtige Rolle. In Ellerhoop laufen am Gartenbauzentrum seit Jahren Forschungsprojekte mit Bundes- und EU-Förderungen, zuletzt „Thermische Bodenbehandlung“. Diese Alternativen sind leider meist mit Mehrkosten und/oder Mehraufwand für die Baumschulen verbunden.

Der Einsatz ist also unverzichtbar?

Der Einsatz von chemischen PSM ist in einigen Bereichen leider immer noch unverzichtbar. Beispiele sind die Aussaat von Gehölzen und der Schutz der jungen Sämlinge (vor allem Forstgehölze), bodenmüde Flächen bei immer weniger Flächentauschoptionen im Kreis Pinneberg (Flächenkonkurrenz) oder der akute Befall durch zerstörende Pilze oder Insekten (etwa Rüsselkäfer) oder gesetzliche geregelte Pflanzenseuchen.“

Wie lässt sich die mit dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (PSM) verbundene Gefahr für das Trinkwasser reduzieren? Was können, was werden die Baumschulen machen?

Die Indikation und die Ausbringung von PSM sind aufs Genaueste geregelt und vorgeschrieben. Deshalb ist durch die sach- und fachgerechte Anwendung von PSM durch sachkundige Anwender keine Gefahr für das Trinkwasser verbunden. Gefahren beim chemischen Pflanzenschutz gehen von illegalem Handeln und unsachgemäßer Anwendung in Privatgärten aus. Wir sind auf dem Weg, immer besser zu werden. Weil die Baumschulbranche nicht aus industriellen Großbetrieben, sondern inhabergeführten, klein- bis mittelständischen Familienbetrieben besteht, braucht der Veränderungsprozess eben Zeit.

Werden die Baumschulen ausreichend von der Politik unterstützt?

Wir brauchen Unterstützung durch Forschungsförderung. So haben wir aktuell in 2023 Mittel für das Vorhaben „Nachhaltige Baumschulproduktion“ beantragt, die der Landtag auch genehmigt und in den Haushalt eingestellt hat. Diese Mittel wurden aber durch die Haushaltssperre blockiert und liegen seitdem beim Landwirtschaftsministerium (MLLEV) auf Eis.“