Schenefeld. Stegner trifft Schlagerstar: Im Gespräch verriet Roland Kaiser, warum er sich beim Rasieren noch in die Augen sehen kann.
- SPD-Politiker Ralf Stegner hat eine Podiumsdiskussion mit Schlagerstar Roland Kaiser
- Dabei verriet der „Santa Maria“-Interpret sein Erfolgsgeheimnis
Politik trifft Schlager – der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner im Gespräch mit Roland Kaiser: Diese ungewöhnliche Kombination lockte am Sonntagnachmittag bei zunächst strahlendem Sonnenschein mehr als 100 Menschen in das Jugendzentrum Juks nach Schenefeld.
Die meisten Besucher waren eher ältere Semester, die den 70 Jahre alten Schlager-König mal reden statt singen hören wollten. Sogar ein paar eingefleischte weibliche Kaiser-Fans waren gekommen, die keines seiner 31 Konzerte seiner letzten Tournee verpasst hätten, wie der Schlagersänger später auf der Bühne erzählte.
Roland Kaiser ehrlich in Schenefeld: „Gut zu wissen, für wen man arbeitet“
Diese Damen hatten sich direkt hinter ihm in die zweite Reihe gesetzt und klatschten begeistert, als Kaiser verriet: „Wir kennen uns mittlerweile auch persönlich.“ Es sei „gut zu wissen, für wen man arbeitet“, sagte der gebürtige Berliner und erklärte später sein Erfolgsrezept: „Du musst die Menschen lieben, für die du auftrittst.“
Im feinem blauen Anzugszwirn, Krawatte, Einstecktuch, Manschettenknöpfen und Turnschuhen traf Kaiser auf Stegner. Ralf Stegner, der Bundestagsabgeordnete der SPD für den Kreis Pinneberg, dagegen hatte wieder mal auf die Fliege verzichtet, die früher sein Markenzeichen war. Die sei ihm heute „zu steif“, bekannte Stegner auf die Nachfrage von Linja Voges.
Grimmig wirkender Stegner sei im Gespräch „oft netter als gedacht“
Die Kreisvorsitzende der Jungsozialisten (Jusos) moderierte das Gespräch und befragte abwechselnd die beiden Herren auf der Bühne, die sich zu mögen schienen. Stegner verriet, dass seine oft grimmig wirkende Gestik seine Masche sei. Da hörte er dann von den Menschen auf der Straße: „Sie sind ja viel netter als ich gedacht habe.“ Das sei besser als umgekehrt.
Roland Kaiser ist erst seit rund 20 Jahren Mitglied der SPD. Dabei sei er schon seit Jahrzehnten Anhänger sozialdemokratischer Politik. Vor allem der frühere Kanzler, SPD-Vorsitzende und Bürgermeister Berlins, Willy Brandt, hätte es ihm angetan.
Roland Kaiser feierte gescheitertes Misstrauensvotum in Berliner Kneipe
Als damals, 1972, das Misstrauensvotum gegen Brandt im Bundestag scheiterte, „feierten wir das in einer Berliner Kneipe als wäre Deutschland Weltmeister geworden“, erinnerte sich Kaiser und verriet: „Meine Mutter war Raumpflegerin und hat das Büro von Willy Brandt geputzt“, als der noch Erster Bürgermeister war.
Da durfte er als kleiner Steppke sogar auf dessen Schoß sitzen. Brandt sei „ein großer Mann“ gewesen, sagte Kaiser. „Kein Politiker konnte die Menschen so begeistern wie er.“ Seine neueste Schallplatte „Perspektiven“ ziert sogar ein Bild, das im Willy-Brandt-Haus aufgenommen wurde.
Erfolgsrezept des Schlagerstars: bodenständig bleiben, nicht abheben
Kaisers Erfolgsrezept sei immer gewesen, bodenständig zu bleiben und nicht abzuheben. Zwar sei ihm anfangs sein großer Erfolg in den Hitparaden fast zu Kopf gestiegen. Schnell aber habe er gemerkt, es sei besser, sich außerhalb der Schlagerszene nicht zu wichtig zu nehmen.
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„Du musst dir selbst treu bleiben und wissen, wo du herkommst. Die Nähe zu den Menschen ist wichtig“, sagte Kaiser, der im Arbeiterviertel Berlin-Wedding aufgewachsen ist. Unter großem Beifall fügte er nachdenklich hinzu: „Man ist ja, nur weil man Erfolg hat, nicht Mister Wichtig.“
Roland Kaisers Dresscode stammt aus Zeit der ZDF-Hitparade
Sein Dresscode mit Anzug und Krawatte rühre aus seiner Anfangszeit in den 70er-Jahren in der ZDF-Hitparade. Damals habe der Regisseur bei den Proben die Schlagersänger und –sängerinnen reihenweise fertig gemacht, wenn sie schlecht gekleidet gewesen seien, berichtete Kaiser. Da musste der eine oder die andere schnell noch auf dem Kudamm neue Sachen für den Fernsehauftritt kaufen.
Darum habe er sich lieber einen schicken Anzug besorgt, um dem Konflikt aus dem Weg zu gehen. Den fand der Regisseur zwar „langweilig“, ließ ihn aber in Ruhe, wie Kaiser erzählte. Jetzt sei das sein Markenzeichen. Seine Fans wüssten und schätzten das. „Die Menschen brauchen Konstanz im Leben.“ Das gelte in der Kunst genauso wie in der Politik.
Roland Kaiser bei den Rolling Stones: Er flüchtete beim ersten Konzert
Der Schlagermann und der Abgeordnete outeten sich dann beide noch als Rolling-Stones-Fans. Kaiser habe sogar das legendäre erste Berliner Konzert der Stones, das nach Tumulten 1965 vorzeitig abgebrochen werden musste, als Zuschauer verfolgt. „Da bin ich schnell geflüchtet.“ Und auch die letzte Tournee der wohl am längsten bestehenden Rock-Band habe er vor vier Jahren im Olympiastadion gesehen. Wie deren Musik auf seine Schlager abfärbt, verriet Kaiser indes nicht.
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Er schreibe Liedtexte und Melodien, die ihm gefielen. Und er möchte „Haltung in der Unterhaltung“ zeigen, sagte Kaiser. So wolle er den Menschen Zuversicht bringen. „Wir alle brauchen Zuversicht“, befand der Schlagerstar. Das sei auch gesund.
„Wir leben in einem guten Land“, sagte Kaiser und bekannte sich, weltoffen zu sein. „Dass Menschen, die in ihrem Heimatland verfolgt werden, hier leben können und nicht verfolgt werden, macht mich stolz auf dieses Land“, sagte der Schlagersänger über sein Welt- und Menschenbild. Ob das von allen so gesehen werde, sei ihm egal. „Ich will mir beim Rasieren noch in die Augen sehen können:“