Hamburg. „Wir sind Hollywood in Hamburg“, sagt Medienanwalt Harro von Have, der auch am Kriegsdrama „Im Westen nichts Neues“ beteiligt war.
Gleich dreimal ist der Name Harro von Have im Abspann von „Seneca‟ zu lesen. In jenem kunstvollen und durchaus drastischen Historienfilm mit John Malkovich, der diesen Frühling im Kino zu sehen ist. Der Hamburger Medienrechtsanwalt erscheint da, das ist am wenigsten überraschend, unter der Rubrik „legal advice“, zudem als Executive Producer, aber auch in der Riege der Darstellenden.
Dass ihn Regisseur Robert Schwentke als einen der römischen Senatoren besetzte, die sich gegen Kaiser Nero verschwören, das passt gut. Hat Harro von Have mit seinem markanten Profil und den kurzen grauen Haaren doch durchaus staatsmännische Züge. Doch in einer Toga bei 40 Grad unter der marokkanischen Sonne wieder und wieder einen langen Treppengang entlangzulaufen, ist keineswegs Harro von Haves Kernkompetenz, sondern lediglich ein kurzer Ausflug vor die Kamera. Bestenfalls ist seine Arbeit bereits erledigt, wenn die erste Klappe fällt.
Harro von Have hat geholfen, einen Oscar-Gewinner auf die Leinwand zu bringen
Der Jurist ist ein Möglichmacher. Einer, der die dicken Verhandlungsbretter bohrt. Der vorab all die komplexen rechtlichen Leistungsbeziehungen regelt, damit ein Film überhaupt gedreht werden kann. Allein für eine Produktion wie „Seneca“ sind durchschnittlich 120 Dokumente und Verträge nötig. Und wenn er als geschäftsführender Produzent mit einsteigt, organisiert von Have zudem eben auch die Finanzierung.
„Wir sind Hollywood in Hamburg – auf der Arbeitsebene“, sagt Harro von Have in seinem Büro zwischen Dammtor und Alster. Aus seinem Mund klingt solch ein Statement nicht großspurig, sondern hanseatisch-klar. Und von Haves Portfolio spricht für sich.
Der Anwalt vertritt Fatih Akin, Maria Schrader und Klaus Maria Brandauer
Mit seiner Kanzlei Von Have Fey, in der sieben Anwälte arbeiten, vertritt er von Hamburg und Berlin aus namhafte Regisseure wie Fatih Akin, Uli Edel und Oscar Roehler. Aus dem Schauspielfach zählen Klaus Maria Brandauer und Maria Schrader zu seiner Kundschaft. Und mit Otto Waalkes und Hape Kerkeling betreibt er jeweils eigene Produktionsfirmen. Von Have lebt und liebt das Filmgeschäft durch und durch. Bei mehr als 120 Produktion war er beratend beteiligt, darunter die Komödie „Ein Hologramm für den König“ mit Tom Hanks, Anton Corbijns Spionagethriller „A Most Wanted Man“, Fatih Akins Filme von „Soul Kitchen‟ bis „Rheingold‟ sowie jüngst der vierfache Oscar-Preisträger „Im Westen nichts Neues“.
Der rote Teppich reizt den Staranwalt dabei weniger, sondern vielmehr der spannungsreiche Weg bis hin zur Premiere. „Wir sind im Geschichtenerzählbusiness. Und all die Entwicklungen sind da nicht absehbar. Zum Beispiel, ob ein Film vier Oscars gewinnt. Aber mir macht es wahnsinnig Spaß, einer Produktion zum größtmöglichen Erfolg zu verhelfen“, sagt von Have.
Auch große Firmen wie Warner und RTL zählten zu seinen Klienten
Der Sohn einer Hamburger Kaufmannsfamilie verkörpert eine Art passionierten Pragmatismus. Und sein Wirken speist sich aus mehr als drei Jahrzehnten Erfahrung in der Branche – von 1990 bis 2020 mit der Firma Unverzagt Von Have. Damals gehörten große Firmen wie Warner und RTL zu seinen Klienten. Doch seit er vor drei Jahren Von Have Fey gründete, lautet sein Motto: „Talent only“. Also Konzentration auf Talente. Auf Kreative, die Kunst und Wirtschaftlichkeit verbinden.
„Ich denke, dass Deutschland eine hervorragende Filmkultur besitzt, die auch in Hollywood wahrgenommen wird“, erklärt von Have. Allerdings beziehe sich die Aufmerksamkeit weniger auf eine bestimmte cineastische Sprache oder Strömung, für die das hiesige Filmschaffen stehe. Der internationale Fokus liege vielmehr auf einzelnen Persönlichkeiten, die aus Deutschland hervorstechen: Matthias Schweighöfer, Daniel Brühl oder eben Edward Berger, der Regisseur von „Im Wesen nichts Neues“.
Streamingplattformen sind für von Have „der große Game-Changer“
Der Antikriegsfilm wurde bekanntermaßen auf Netflix ausgestrahlt und lief nur kurze Zeit im Kino. Und dass Produktionen auf Streamingplattformen ganz ohne „Hollywood-Filter‟ sofort rund um den Erdball erfolgreich sein können, ist für Harro von Have der große „Game-Changer‟. Also das alles verändernde Moment. Sei es die koreanische Serie „Squid Game“ oder die Liebesgeschichte „Faraway“, mit der die in Hamburg lebende Drehbuchautorin Jane Ainscough einen charmanten Überraschungshit landete.
Wenn von Have erzählt, wie stark sich das Filmgeschäft derzeit neu vernetzt, ist deutlich zu spüren, wie sehr ihn diese Veränderungen von der regionalen bis zur globalen Ebene faszinieren. Bei diesen Innovationen gerate der Filmstandort Hamburg allerdings ins Hintertreffen, erklärt der Anwalt. Und das trotz einer lebendigen Filmszene. „Im Vergleich zu anderen Bundesländern ist die Finanzausstattung gering. Daher haben Filmfest, Filmförderung und Studios trotz sehr guter Programme eher lokale als internationale Bedeutung.“
Die Amazon-Prime-Serie „Die Discounter“ sollte ein Vorbild sein
Von seinem Büro aus kann er zwar über seine Heimatstadt bis hin zur Elbphilharmonie schauen. Doch sein cineastisches Herz und sein professioneller Verstand führen ihn längst immer wieder nach Berlin, Köln, München oder gleich nach Los Angeles. Hamburg fokussiere sich nach wie vor zu sehr auf Projekte, die von der Filmförderung unterstützt werden. Doch der Standort Hamburg definiere sich nicht bloß über jene Produktionen, die offiziell als förderungswürdig gelten. Der Blick müsse sich eindeutig weiten. Etwa hin zu jungen Formaten wie „Die Discounter“, das exklusiv bei Amazon Prime zu sehen ist.
Der Nachwuchs und vor allem die Ausbildung im Masterstudiengang Film an der Hamburg Media School liegt von Have besonders am Herzen. Er ist dort Dozent sowie Mitglied des Kuratoriums. Seinen Studierenden sagt er: „Ihr seid genau in der richtigen Branche gelandet. Denn der Bedarf an guten Filmschaffenden ist enorm gewachsen. Und es entstehen gerade viele neue Berufsbilder.“
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Harro von Have: Das Filmfest Hamburg braucht mehr Strahlkraft
Seine Idealvorstellung ist ein Hamburger Film-Hub, also eine Art Hafen für die Branche, wo sich die Kompetenzen vom unabhängigen Start-up bis hin zum renommierten Studio Hamburg bündeln lassen. Und wo sich alle Beteiligten austauschen können. Zudem bräuchte das Hamburger Filmfest mehr Strahlkraft, mehr Leuchtturm-Events und somit auch mehr finanzielle Ausstattung. „Sonst wird sich alles nur noch ausschließlich in Berlin abspielen“, prognostiziert von Have. Was schade wäre. Denn sein Faible für starke Filme möchte der Medienrechtler und Produzent mit seiner Firma gerne weiterhin auch verstärkt in Hamburg ausleben.
Kinoerlebnisse wie Viscontis „Tod in Venedig“, aber auch Lars von Triers „Breaking the Waves“ haben ihn stark beeindruckt und geprägt, erzählt er. Und auch wenn von Have nicht unmittelbar am kreativen Prozess beteiligt ist, sondern sehr gerne im Hintergrund agiert, gilt für ihn: „Die Auseinandersetzung mit der Welt ist mein Antrieb.“