Kreis Pinneberg. Autobahngesellschaft zwang Eigentümer erst zum Verkauf seines Landes. Es werde für den Ausbau benötigt. Nun soll er es zurückkaufen.

Als ihn dieses Schreiben aus Kiel erreichte, fiel Christopher Heinemann fast vom Glauben ab. „Ja, gelten denn in Deutschland notariell beglaubigte Kaufverträge nichts mehr?“, wunderte sich der Unternehmer aus Hasloh und fühlte sich an eine Bananenrepublik erinnert.

Da forderte die Landgesellschaft Schleswig-Holstein im Auftrag der Deges den Kaufpreis für genau das Stück Land zurück, das Heinemann 2015 dem Staat für den sechsspurigen Ausbau der A7 verkaufen musste. „Sonst wäre es enteignet worden.“

Autobahnausbau: Zoff an A7 – „Gelten Kaufverträge auf einmal nicht mehr?“

Dabei ging es bei ihm nur um 255 Quadratmeter, erklärt Heinemann. Die Autobahngesellschaft Deges brauchte damals diesen längeren Grünstreifen entlang der A7, um sie auf die erforderliche Breite zu vergrößern. Gerade mal 2,50 Euro erhielt Heinemann dafür pro Quadratmeter Land, insgesamt also 637,50 Euro.

Nun, mehr als acht Jahre später, teilte ihm die Landgesellschaft im Auftrag der Deges mit, dass sein Stück Land für den Autobahnausbau doch nicht benötigt wurde. „Somit haben Sie den Kaufpreis von 637,50 Euro an die Deges zurückzuzahlen“, hieß es darin unmissverständlich. „Die Deges wird sich selbst mit Ihnen in Verbindung setzen und den Kaufpreis anfordern.“

Notarieller Kaufvertrag mit Deges umfasste zehn Seiten

Für Heinemann ist das nicht nachvollziehbar. Schließlich hatte ein Notar in Norderstedt den zehnseitigen Kaufvertrag mit neun Paragrafen und Anlagen über die Belastungen beurkundet und besiegelt. Nirgendwo war darin festgehalten, dass er das Grundstück wieder zurückzunehmen und den Kaufpreis zurückzuzahlen habe, sollte es nicht für den Autobahnausbau benötigt werden.

Dem Unternehmer Heinemann gehören in Hasloh etwa 12,5 Hektar Land, das er überwiegend an einen Landwirt aus Quickborn verpachtet hat. Dieser hätte ja auch diese Fläche weiterhin als Weideland bewirtschaften können, macht Heinemann die Gegenrechnung auf. Vielleicht hätte der dort zweimal im Jahr mindestens jeweils einen Ballen Stroh ernten und vermarkten können.

Kaufpreis für Land zum Ausbau der A7 war niedrig – zudem gab es Ärger

Dabei dürfte eine Summe herauskommen, die den Kaufpreis bestimmt übersteigt, ist Heinemann überzeugt. „Das wird mit Sicherheit teurer. Und wer zahlt mir denn jetzt die Entschädigung dafür?“ Wer übernehme die neue Vermessung, Grenzziehung und Neuaufstellung der Zäune, fragt sich der Hasloher Bürger.

Schon nach dem fertiggestellten Ausbau der A7 habe es mit der Deges Streit darüber gegeben, weil das staatliche Unternehmen den Zaun zur Abgrenzung nicht korrekt und ordnungsgemäß gezogen hätte, erinnert sich Heinemann. Erst nach einigem Hin und Her hätte man sich geeinigt und er 2020 den neuen Zaun abgenommen, berichtet Heinemann und kündigt an, sich in dieser Sache anwaltlich beraten zu lassen.

Auf Abendblatt-Anfrage lenkt Deges plötzlich ein

Doch das wird wohl nicht mehr nötig sein. Denn auf Anfrage des Abendblatts teilt Deges-Sprecher Ulf Evert mit, dass es sich hier um eine falsche Formulierung handele, für die sich die Landgesellschaft bei Herrn Heinemann „bereits telefonisch entschuldigt“ habe.

„Ein Gebot zum Rückkauf besteht selbstverständlich nicht“, betont der Deges-Sprecher. „Die Entscheidung über das Eigentumsrecht am betreffenden Grünstreifen obliegt allein Herrn Heinemann.“

Eigentümer soll jetzt „neues, rechtslagenkonformes Schreiben“ bekommen

Und weiter: „Das ist in dem betreffenden Anschreiben der Landgesellschaft Schleswig-Holstein nicht zum Ausdruck gekommen, so dass für Herrn Heinemann der Eindruck entstehen musste, für ihn bestehe eine solche Rückkaufpflicht.“ Diese gebe es aber nicht, so der Deges-Sprecher. Heinemann werde „umgehend ein neues, rechtslagenkonformes Schreiben zugestellt werden“, versichert Deges-Sprecher Evert.

Umgekehrt werde ein Schuh daraus. „Herr Heinemann besitzt ein Rückkaufsrecht, welches sich aus Paragraf 102 Baugesetzbuch ableitet“, teilt Evert weiter mit. „Er kann entscheiden, ob er das Land zurückkaufen möchte oder nicht.“ Also auf freiwilliger Basis wäre eine Rückabwicklung des Vertrages möglich, sollte Heinemann dies wünschen, erläutert der Deges-Sprecher.

Flasches Anschreiben: Es handele es sich hier um einen Einzelfall

Aus der Option des Rückkaufs leite sich nach gültiger Rechtslage jedoch kein Entschädigungsanspruch ab. „Fälschlicherweise konnte das Anschreiben nur als Forderung verstanden werden. Rechtskonform jedoch ist ein Angebot zum Rückkauf, sollte die betreffende Fläche seitens der Deges nicht in Anspruch genommen worden sein.“

Laut Evert handele es sich hier um einen Einzelfall. „Weitere Anschreiben dieser Art sind der Deges nicht bekannt.“ Immerhin habe die Deges seinerzeit für den sechsspurigen Ausbau der A7 auf den 60 Kilometern zwischen Hamburg und Bordesholm, der Ende 2018 nach vier Jahren Bauzeit beendet werden konnte, „in 240 Verträgen mit Eigentümern und Eigentümergemeinschaften 316 Hektar Land erworben“, teilt der Deges-Sprecher mit. Darin seien auch die Kompensationsflächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen enthalten.

Landesgesellschaft sollte Grundstückskäufe an der A7 abwickeln

Und was hat die Landgesellschaft damit zu tun, die überwiegend der Investitionsbank des Landes Schleswig-Holstein gehört? Diese hatte „von der Deges den Auftrag, den Grunderwerb und alle damit verbundenen Tätigkeiten für den Neubau der BAB A7 durchzuführen“, erklärt Evert. Dazu zählte auch die mögliche Abwicklung eines Rückkaufs.

Heinemann bestätigt, dass ihn ein Mitarbeiter der Landgesellschaft angerufen und sich „1000-mal entschuldigt“ hätte, weil sie ihm ein unkorrektes Schreiben mit einer irregulären Kaufpreisrückforderung geschickt und dies bei ihm zu Verunsicherung und Ärger geführt hätte.

Für den Hasloher fügt sich dieser Ärger nahtlos in diese Grundstücksabwicklung ein. Anfangs sei ihm sogar nur ein Kaufpreis von 1,90 Euro angeboten worden. Vielleicht gehe er jetzt doch auf die Rückabwicklung ein, sagt Heinemann. „Um sie zu ärgern.“