Pinneberg. Die 78 Jahre alte Margot Drews aus Pinneberg hat Lebensgeschichten von Altenheimbewohnern gesammelt. Wie es dazu kam.
Manchen Menschen gelingt es trotz herber Verluste im Leben, optimistisch zu bleiben. So wie Marion Brietze. Die Engländerin, die 2012 im Seniorenwohnpark Bauernmühle in Pinneberg an Krebs verstarb, erlebte den Zweiten Weltkrieg, wuchs unter Nonnen auf, lernte einen deutschen Schiffsmakler kennen und unterrichtete 30 Jahre lang Englisch an der Marseille-Kaserne.
„Sie war sehr gläubig und hatte ein sehr interessantes Leben“, erzählt Margot Drews. Kennengelernt haben sich die beiden Frauen im Seniorenheim, wo Drews alle 14 Tage ehrenamtlich vorlas. Sie holt einen Ordner voller Lebensgeschichten hervor. Von vielen anderen Menschen, die sie im Pflegeheim kennengelernt hat.
Pinneberg: Sie kämpfte sich ins Leben zurück – und hilft nun anderen
Zwei Tage, bevor die alte Dame starb, stattete Drews ihr noch einen Besuch ab. „Sie lag im Sterben und wünschte mir noch einen schönen Urlaub“, erinnert sich die 78-Jährige. Drews möchte nicht, dass ihre Geschichte in ihrem Regal zu Hause verstaubt. „Sie ist es wert, dass andere Menschen davon erfahren“, sagt sie. Für ein Buch reiche die Kraft nicht mehr, aber für Lesungen allemal.
Margot Drews hat selbst ein bewegtes Leben hinter sich und trotz herber Verluste nie ihren Lebensmut und Optimismus verloren. Seit Jahrzehnten engagiert sich die Pinnebergerin im kulturellen wie im sozialen Bereich.
Margot Drews arbeitet seit Jahren ehrenamtlich im Museum Pinneberg
Sie arbeitet seit 2012 ehrenamtlich im Museum Pinneberg, hat dort den Familiennachmittag initiiert und geleitet. Sie veranstaltete Lesungen, organisierte von 2005 bis 2011 das Literaturcafé in der Drostei. „Die ehemalige Geschäftsführerin der Drostei, Erle Bessert, animierte mich, selber zu schreiben“, sagt die Pinnebergerin. Sie folgte dem Rat.
Ihre Texte las sie unter anderem bei Veranstaltungen im Museum vor. Über ihre „wahren Begebenheiten“ zum Schmunzeln und Nachdenken las sie in der Begegnungsstätte Rellingen. In ihrem Haus trafen sich regelmäßig Autoren zum Austausch.
Museumsleiterin Ina Duggen-Below stand ihr in schweren Zeiten bei
Gleich nach der Gründung des Freiwilligen Forums Pinneberg 1996 wird sie Mitglied, lernt darüber die Museumsleiterin Ina Duggen-Below kennen und schätzen. „Sie war mir in besonders schweren Zeiten eine gute Freundin“, sagt Drews. Für das Stadtmuseum bereitete sie historische Fakten und auch Anekdoten aus vergangenen Jahrhunderten unterhaltsam und gut verständlich auf.
Sie erarbeitete eigene Lesungen zur Stadtgeschichte und zur Schriftstellerin Sophie Wörrishöffer. Danach folgten sieben Lesungen mit Pinneberger Autoren zu Sonderausstellungen, die sie organisierte, moderierte und dabei auch eigene Geschichten vorlas.
Margot Drews pflegt ihre Mutter und Schwiegermutter
Neben Heimatgeschichte und Literatur beschäftigt sie sich mit Fotografie, unter anderem im Pinneberger Fotokreis. Sie macht unter anderem Bühnenfotos für die Pinneberger Bühnen. Ihre Fotos werden 1998 in der Sonderausstellung „Lebenskünstler im Alter und in der Krankheit“ in den Museumsräumen ausgestellt.
Auch das Begleitheft mit dem Museumsuhu Hulu und ein Fotorätsel für Familien rief sie mit ins Leben. Mit ihren beiden Enkeltöchtern entwickelte sie einen Audioguide, der kindgerecht durch die Dauerausstellung führt. Einen weiteren Audioguide für eine Ausstellung zum Nationalsozialismus nahm sie mit Hartmut Tank auf. Daneben übernahm sie jahrelang Aufsichten im Museum.
Die Pinnebergerin liest im Seniorenwohnpark Bauernmühle
2001 kommt ihre pflegebedürftige Mutter ins Heim. Margot Drews kümmert sich um sie und ihre Schwiegermutter, die noch in ihrem Haus wohnt. 2005 starb ihre Mutter.
2012 sucht sich Drews eine neue Aufgabe. Sie liest im Seniorenwohnpark Bauernmühle in Pinneberg alle 14 Tage vor. Ich hätte es gern weitergemacht, aber dann wurde mein Mann Gerhard schwer krank. Seit 1969 ist das Paar verheiratet, ging durch schwere Zeiten. „Unser Sohn starb mit drei Jahren“, erzählt sie. Drei Fehlgeburten folgen. 1971 kommt dann ihre Tochter zur Welt. Heute ist Margot Drews Großmutter von zwei Enkeln.
Pinneberg: Margot Drews engagiert sich weiter ehrenamtlich fürs Pinneberg Museum
Im Juni 2013 stirbt ihr Mann an Krebs. „Dann lernte ich relativ schnell meinen Lebenspartner Gert kennen. Das nahmen mir einige Menschen krumm“, erzählt die Pinnebergerin. Doch für Margot Drews ist er ein großes Glück.
Im März 2017 erkrankt sie schwer an Vaskulitis, einer Entzündung der Blutgefäße und erleidet einen Schlaganfall. „Ich musste sogar wieder schlucken lernen“, sagt sie. Ohne ihren Partner, der sie pflegt, hätte sie vermutlich ins Pflegeheim gemusst.
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Margot Drews kämpft sich zurück ins Leben. Es dauert Monate, bis sie wieder ohne Rollator gehen kann. Heute schafft sie sogar wieder die Treppen in den ersten Stock. Doch sie ist stärker ans Haus gebunden als früher. Die ehrenamtlichen Arbeiten fürs Pinneberg Museum macht die gelernte Friseurin von zu Hause aus weiter.
Wer an einer Lesung interessiert ist, kann sich per Mail bei Margot Drews melden: margot.drews@gmx.de.