Rellingen/Pinneberg. Durch Fusion der Reviere in Pinneberg und Rellingen will Polizei mehr Personal auf die Straße bringen. Wie das klappen soll.
Die Fusion der Polizeireviere Rellingen und Pinneberg steht bevor. Die Polizeiführung hat den Antrag auf Änderung der Organisationsstruktur gestellt. Geben Personalrat und Innenministerium grünes Licht, könnte die Umsetzung zum 1. August erfolgen.
Als erste Fusionspläne im November vorigen Jahres bekannt wurden, war insbesondere Rellingens Bürgermeister Marc Trampe auf die Barrikaden gegangen – und erzielte damit einen Teilerfolg. „Es konnten einige Verbesserungen erzielt werden“, so der Verwaltungschef.
Pinneberg/Rellingen: Fusion der Polizeireviere könnte im August erfolgen
Trampe hatte gemeinsam mit Halstenbeks Bürgermeister Jan Krohn ein Gespräch mit der Führung der Polizeidirektion Bad Segeberg geführt. „Wir haben die Zusage erhalten, dass der Standort Rellingen als Polizeistation erhalten bleibt und rund um die Uhr besetzt sein wird.“ Auch würden dort Streifenwagen postiert.
Einsatzkräfte werden am Standort in Pinneberg konzentriert
Die Beamten, die künftig die Blaulichteinsätze wahrnehmen, werden ihren Dienst jedoch von der Elmshorner Straße in Pinneberg aus versehen. Auch das wollte Trampe verhindern. „Die Einsatzpräsenz wird von Rellingen nach Pinneberg verlegt, am Standort Rellingen werden die Ermittlungsaufgaben gebündelt“, erläutert Sven Adomat, Vize-Chef der Polizeidirektion.
Er betont jedoch: Schon jetzt werde nur in seltenen Fällen nach Eingang eines Notrufs ein Fahrzeug von einem bestimmten Standort aus in Marsch gesetzt. „Die Leitstelle schickt an Hand der Geopositionierung die Fahrzeuge zum Einsatzort, die den kürzesten Anfahrtsweg haben.“
Leitstelle in Elmshorn bestimmt, welcher Streifenwagen zum Einsatz fährt
Und das seien in der Regel Fahrzeuge, die sich bereits ohne konkreten Auftrag auf Streifenfahrt befinden – unabhängig vom eigentlichen Stationsort des Wagens. Durch die Fusion der beiden Reviere „bringen wir mehr Personal auf die Straße, es werden mehr Wagen unterwegs sein als jetzt“, verspricht Adomat.
Die Leiter der bisherigen vier Reviere in Elmshorn, Wedel, Pinneberg und Rellingen hätten selbst signalisiert, dass aus ihrer Sicht Anpassungsbedarf bestehe. Daher sei im Herbst 2022 eine Arbeitsgruppe mit dem Titel gegründet worden. Adomat: „Die Kriminalität verändert sich. Um dem besser begegnen zu können, müssen auch wir uns verändern.“
Durch die Fusion soll Personal für Brennpunktdienste gewonnen werden
Das sei schon in der Vergangenheit passiert. Etwa durch die Schaffung eines zentralen Sachgebiets zur Bekämpfung der Einbruchskriminalität, die Einrichtung eines Stabsbereichs für Lageauswertung, die Zentralisierung der Diensthundestaffel oder die Fusion der Polizeistationen Tornesch und Uetersen.
Aktuell sei es wichtig, sogenannte Brennpunktdienste vorzuhalten, um sehr kurzfristig auf Kriminalität reagieren zu können. Ein Beispiel: das Phänomen Taschendiebstahl, das immer stärker von„reisenden Tätern“ verübt wird.
Polizei will schneller auf kurzzeitige Kriminalitätsphänomene reagieren können
„Die sickern bei uns ein, schlagen ein oder zwei Tage geballt zu und verschwinden wieder“, so Adomat. Bisher benötige die Polizei aufgrund ihrer Organisationsstruktur zwei bis drei Tage, um Personal für derartige Sonderlagen bereitzustellen. „Dann sind die Täter aber schon längst weg.“
In den Revieren Elmshorn und Wedel sei es durch Anpassungen möglich, Personal für diese Brennpunktdienste abzustellen. In den Revieren Rellingen und Pinneberg funktioniere dies nur im Fall einer Fusion. Adomat: „Wir bauen Doppelstrukturen ab, nutzen vorhandene Synergiepotenziale und steuern personelle Kapazitäten um.“
Die Reviere Rellingen und Pinneberg liegen 3,8 Kilometer voneinander entfernt
Die beiden Reviergebäude würden nur 3,8 Kilometer auseinanderliegen, sodass die vom Gesetzgeber geforderten Einsatzreaktionszeiten – spätestens zehn Minuten nach Notrufeingang muss ein Fahrzeug am Einsatzort eintreffen – von beiden Standorten aus eingehalten werden könnten.
„Wir werden keinen Standort schließen“, so der Vizechef weiter. Die Beamten, die von Rellingen aus im Einsatzdienst tätig sind, würden nach Pinneberg verlegt. Umgekehrt würden alle Beamte im Ermittlungsdienst, die die Fälle nach dem Einsatzende übernehmen und weiter bearbeiten, in Rellingen zentralisiert.
Auch mehr Personal für die Verkehrsüberwachung soll bereitgestellt werden
„Der Personalkörper bleibt gleich, die Aufgaben ändern sich“, so Adomat weiter. Durch den Abbau der Doppelstrukturen könnten nicht nur Brennpunktdienste besetzt werden, es stünde auch mehr Personal für den Bezirksdienst – also für Verkehrsüberwachung – zur Verfügung.
Durch die Fusion der Reviere werde sich für den Bürger keine Nachteile ergeben. „Wir sind mindestens genau so schnell wie jetzt vor Ort, werden nach wie vor ansprechbar und sichtbar sein“, verspricht der Polizei-Vizechef.
Appen gehört künftig zu Wedel, Bönningstedt erhält weniger Personal
Im Zuge der Änderungen wird Appen, das bisher zum Polizeirevier Pinneberg gehört, dem Revier in Wedel zugeordnet. „Wir beseitigen die Gebietsanomalie“, so Helge Hammermeister vom Stabsbereich der Polizeidirektion Bad Segeberg. Alle anderen Gemeinden des Amtes Geest und Marsch würden zum Revier Wedel gehören, nur Appen bildete eine Ausnahme.
Das Revier Wedel erhalte mit der Übernahme von Appen zusätzliches Personal. Auch die Personalbesetzung auf den Stationen, die bisher zum Revier Rellingen gehören, wird im Zuge der Umstrukturierung angepasst. So werden etwa in Bönningstedt statt sieben nur noch vier Polizisten Dienst tun – und zwar im Innendienst. Die Einsätze übernehmen andere Beamte. In Bönningstedt soll dies auf massive Kritik stoßen.
Vorgesetzte haben mit allen betroffenen Mitarbeitern der beiden Reviere gesprochen
„Wir haben mit allen betroffenen Mitarbeitern gesprochen“, betont Adomat. Einige seien emotional betroffen gewesen, sie hätten nicht alle Argumente für die Notwendigkeit dieses Schritts nachvollziehen können. Gleiches gelte für die Kommunalpolitiker, mit denen ebenfalls gesprochen worden sei. „Es wurden auch Dinge erzählt, die nicht stimmen“, betont Adomat.
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Sebastian Kratzert, Regionalchef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), bestätigt auf Abendblatt-Anfrage, von vielen betroffenen Kollegen angesprochen worden zu sein. „Wir als Gewerkschaft befassen uns natürlich auch mit dem Thema, werden in den kommenden Wochen dazu einen Termin mit der Behördenleitung haben.“
Gewerkschaft der Polizei will die Fusionspläne sehr genau prüfen
Die GdP-Regionalgruppe werde das Personalkonzept und die Verteilung der Planstellen genau prüfen. Der Gewerkschaft sei sehr wichtig, dass kein Rückzug der Polizei aus der Fläche erfolgen dürfe.
Einen Rückzug hat es bereits gegeben – von Mike Schirdewahn, dem bisherigen Revierleiter für Rellingen. Der ist zum 1. März in Pension gegangen. Angesichts der geplanten Fusion mit dem Revier Pinneberg wird seine Stelle nicht wieder besetzt.
Rellingens Bürgermeister Marc Trampe stellt Zeitpunkt der Fusion infrage
Rellingens Bürgermeister Marc Trampe hat unterdessen erneut an den Chef der Polizeidirektion Bad Segeberg geschrieben – und den Zeitpunkt der Strukturveränderung infrage gestellt.
Das Einsparungspotenzial, das sich aus dem Ausscheiden des bisherigen Revierleiters ergibt, könne „nicht der entscheidende Grund für den Zeitpunkt der Strukturveränderung sein“.
Trampe führt in dem Schreiben an Andreas Görs die weiterhin ungeklärte Raumsituation beim Polizeirevier Pinneberg an. Es sei den Beamten, die aktuell in Rellingen arbeiten, „schwer zu vermitteln, dass sie aus einer modernen und in den vergangenen Jahren modernisierten Wache in ein offensichtlich baufälliges Gebäude ziehen sollen, wo eine Sanierungs- oder Neubauperspektive noch offen ist“.