Rellingen/Pinneberg. Streifenwagen würden künftig aus Pinneberg kommen. Was für die Rellinger Wache geplant ist und was Kritiker zu den Plänen sagen.
Der Bürgermeister ist alarmiert, die Mitarbeiter sind in Sorge: Das Polizeirevier in Rellingen steht vor dem Aus. Eine Arbeitsgruppe der Polizei schlägt eine Fusion mit Pinneberg vor, von wo aus künftig auch die Streifenwagen kommen würden. Bürgermeister Marc Trampe ist entsetzt: „Eine Tag- und Nacht-Präsenz der Polizei ist elementar wichtig für das Sicherheitsempfinden der Bürger nicht nur in Rellingen, sondern beispielsweise auch in Halstenbek.“
Polizei Pinneberg: Revier in Rellingen steht vor dem Aus
Die interne Arbeitsgruppe der Polizeidirektion Bad Segeberg, die für die Kreise Pinneberg und Segeberg zuständig ist, hat die Ausrichtung der polizeilichen Versorgung am Hamburger Rand betrachtet. Im Fokus standen daher die hamburgnahen Reviere Wedel, Pinneberg und Rellingen. Das vierte Revier in Elmshorn verfügt über ein anderes Kriminalitätsspektrum und blieb daher und aufgrund der Entfernung zur Hansestadt außen vor.
Der erste Abschlussbericht, der seit zwei Monaten vorliegt, enthält einen Vorschlag zur Veränderung der Organisationsstruktur – die Fusion der Reviere in Rellingen und Pinneberg. „Ziel ist es, die polizeiliche Versorgung der Bürgerinnen und Bürger in den betroffenen Bereichen zu verbessern und die Polizeiarbeit zukunftsfähig auszurichten“, sagt dazu der Polizeisprecher Lars Brockmann. Durch die Fusion könne mehr Personal auf die Straße gebracht werden.
Ob dies so kommt, bezweifelt nicht nur Bürgermeister Trampe. „Ich fordere ganz klar den Erhalt des Reviers in Rellingen.“ Die Beamten müssten wie bisher rund um die Uhr in der Gemeinde erreichbar und einsetzbar sein. „Wir haben eine sehr gute Zusammenarbeit mit den Beamten im Revier, die ortskundig sind und wissen, welche Themen in der Gemeinde anliegen. Es ist mir völlig unverständlich, warum das aufgegeben werden soll.“
Bürgermeister schreibt Brandbrief an Innenministerin
Trampe hat einen Brandbrief an Innenministerin Sabine Süttlerin-Waack (CDU) geschrieben, der zunächst ohne Antwort blieb. „Das hat mich verärgert.“ Erst nachdem der Verwaltungschef nachhakte, erfolgte ein Angebot zu einem Gespräch mit der Leitung der Polizeidirektion, das im Dezember erfolgen wird. Trampe: „Ich bin auch verwundert, dass die Kommunen nicht eingebunden worden sind.“
Die Pläne sehen vor, das im Besitz des Landes stehende Dienstgebäude in Rellingen zu erhalten. Dort würde dann die Polizeistation untergebracht, die dann als „Tagesdienststelle ohne eigene Streifentätigkeit“, wie es polizeiintern heißt, geführt würde. Dort können sich Bürger melden, die etwa eine Anzeige aufgeben wollen. „Zu den Öffnungszeiten kann noch keine abschließende Aussage getroffen werden“, so Polizeisprecher Brockmann.
Außerhalb der Öffnungszeiten und natürlich auch nachts „wäre eine Rufumleitung des Telefons und der Klingelanlage nach Pinneberg geschaltet“. Zudem solle in dem Gebäude ein gemeinsamer Ermittlungsdienst der Schutzpolizei mit der Zuständigkeit für Rellingen, Pinneberg und Schenefeld sowie ein Bezirksdienst eingerichtet werden, der sich etwa um Verkehrskontrollen kümmern würde. Die Einsätze vor Ort würden dann von Pinneberg aus gesteuert. „Zu einer Reduzierung der Einsatzstreifen wird es nicht kommen“, betont Brockmann und sagt weiter: „Die bisherigen Reaktionszeiten bleiben nach derzeitiger Analyse erhalten.“ Schon jetzt würde bei Einsätzen mit höchster Priorität von der Einsatzleitstelle in Elmshorn der Streifenwagen mit der geringsten Anfahrtsdauer ermittelt und entsendet.
Gewerkschaft will den „Prozess kritisch betrachten“
Brockmann betont, dass es sich um einen laufenden Prozess handelt. Es gebe offene Untersuchungsaufträge, etwa was die Anpassung der polizeilichen Zuständigkeit an die Strukturen der Kommunalverwaltung angeht. Er nennt als Beispiel die Gemeinde Appen, die zum Polizeirevier Pinneberg gehört. Alle anderen Kommunen des Amtes Geest und Marsch Südholstein würden dagegen polizeilich vom Revier Wedel betreut. Brockmann: „Wir hoffen, dass die letzten Arbeitsgruppenergebnisse zum Ende des Jahres 2022 vorliegen. Je nach Umfang der dann zu beschließenden Organisationsänderungen könnte im Laufe des Jahres 2023 eine Änderung vollzogen werden.“
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) will bei der Strukturreform genau hinsehen. „Veränderungen polarisieren immer innerhalb der Mitarbeiterschaft. Wir werden den Prozess kritisch betrachten“, so der Chef der Regionalgruppe, Sebastian Kratzert. Der GdP sei wichtig, dass kein Rückzug der Polizei aus der Fläche erfolge und alle Stationen erhalten bleiben.
Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) weist auf den baufälligen Zustand des Polizeireviers Pinneberg hin, dass bereits jetzt zu klein ist. „Mithin wollen wir natürlich den Verlauf des in Frage stehenden Prozesses zur Zukunft des Polizeireviers Rellingen weiter kritisch begleiten“, so DPolG-Regionalchef Christian Hobohm. Er hatte in der Mitgliederzeitschrift der Gewerkschaft einen kritischen Artikel zum Thema veröffentlicht.
2016 wurde die Wache in Tornesch geschlossen
Darin wird thematisiert, dass es innerhalb der Belegschaft des Polizeireviers Rellingen mit 75 Mitarbeitern, zu dem die Stationen in Schenefeld, Quickborn und Bönningstedt gehören, brodeln würde. Gerade vor dem Hintergrund, dass die Schichtsysteme in Rellingen und Pinneberg unterschiedlich aufgebaut sind, könnten Nachteile entstehen.
„Es ist ein besonderes Bestreben der Behördenleitung keine Personalverschiebungen gegen den Willen der oder des Einzelnen umzusetzen“, so Polizeisprecher Brockmann. Naturgemäß würde nicht allen Mitarbeitern „das gemeinsam erarbeitete Ergebnis“ gefallen.
Am Standort Pinneberg sei ein Neubau des Reviers bereits in Planung. Dennoch seien in dem maroden Gebäude in diesem Jahr bereits „umfangreiche Renovierungsarbeiten durchgeführt, die aktuell immer noch andauern und bereits zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen geführt haben“. Das Konzept sehe eine Sanierung des Bestandes und den Neubau eines Erweiterungsgebäudes vor.
2016 hatte die Polizei zuletzt die Struktur geändert und die Wache in Tornesch geschlossen. Seitdem arbeiten die Beamten von Uetersen aus – und seitdem wurde von Seiten der Politik mehrfach erfolglos versucht, die Uhr zurückzudrehen.