Kreis Pinneberg. Immerhin gab es keine Verschlechterung im aktuellen Zustandsbericht des Landes. Dennoch leiden die Gehölze in der Region.
Der Gesundheitszustand der schleswig-holsteinischen Wälder hat sich trotz mehrerer Trockenjahre und erheblicher Sturmschäden gegenüber dem Vorjahr nicht verschlechtert – bleibt aber kritisch. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle Waldzustandsbericht, den Landwirtschaftsminister Werner Schwarz in Kiel vorgestellt hat.
„Pauschal kann man sagen, dass auch Pinneberger Laubwälder ähnliche Probleme wie andere Wälder in Schleswig-Holstein aufweisen“, sagt Rainer Naujox, Vorsitzender der Naturfreunde Pinneberg. „Buche, Esche und Eiche leiden alle unter der Trockenheit der letzten Jahre.“
Pinneberg: So geht es den heimischen Wäldern
Auch Minister Schwarz äußert Bedenken über den Baumbestand einiger Arten: „Nach wie vor stellt das Eschentriebsterben eine Gefährdung der Bestände dar: Die mittlere Kronenverlichtung ist zwar leicht rückläufig und liegt bei 37 Prozent, dennoch beträgt die Ausfallrate bei den Eschen 27 Prozent. Ich mache mir große Sorgen, dass die Esche endgültig aus unseren Wäldern verschwinden könnte.“
Der Gesundheitszustand der Waldbäume spiegelt sich in den mittel- und langfristigen Durchschnittswerten der Kronenverlichtung, also des sicht- und messbaren Nadel- oder Blattverlusts der Baumkrone. Zudem fließen der Anteils starker Schäden und der Absterbe-Rate in die Bewertung ein.
Mit 20 Prozent bleibt die Kronenverlichtung für den Gesamtwald in Schleswig-Holstein gegenüber dem Vorjahr unverändert. Der Zustand der Wälder hat sich zwar nicht verschlechtert, wird aber nach wie vor als „kritisch“ eingestuft
Wald in Pinneberg: Dürre war deutlich zu spüren
Die Trockenheit zwischen 2018 und 2020 bezeichnen Forschende als das heftigste Trockenereignis seit 250 Jahren. Ab einem gewissen Punkt des Wassermangels stellt der Baum sein Wachstum ein. Ist der Mangel besonders extrem, wird es für das Überleben des Baumes kritisch.
„Auch in Pinneberger Wäldern war die Dürre deutlich zu spüren. Glücklicherweise hat Pinneberg einige grundwassernahe Standorte, sodass die Bäume für eine gewisse Zeit darauf zurückgreifen können“, sagt Jens-Birger Bosse, Mitglied der Schleswig-Holsteinischen Landesforsten. „Auch das andere Extrem erlebte der Kreis im vergangenen August – plötzlicher Starkregen. Leider ist die Masse an Wasser nicht verfügbar für die Pflanzen, weil sie es gar nicht so schnell aufnehmen können.“
Aber nicht nur die anhaltenden Trockenphasen machen den Wäldern zu schaffen, auch die immer häufiger auftretenden Stürme bedrohen die Baumbestände. Nachdem der Anteil stark geschädigter Waldfläche im Jahr 2019 und 2020 stark angestiegen war, war der Wert im Jahr 2021 rückläufig.
Anteil des Schadholzes war überdurchschnittlich hoch
Wegen der Wintersturmserie, die im Februar 2022 über Schleswig-Holstein zog, war der Anteil der als Schadholz entnommenen Bäume mit 1,9 Prozent im letzten Jahr überdurchschnittlich hoch. Pinneberger Wälder hingegen litten unterdurchschnittlich unter den Auswirkungen der Stürme. Einzelne Schäden seien allerdings schwer zu finden und aufzuarbeiten, sagt Bosse.
Der Waldzustandsbericht wird seit 2011 in enger Zusammenarbeit mit der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA) erstellt. Er liefert wichtige Informationen zur Vitalität der Waldbäume unter dem Einfluss sich ändernder Umweltbedingungen und dokumentiert die Belastungen durch schädliche Stoffeinträge, Witterung und Klimawandel sowie durch forstschädliche Insekten und Pilze für die Wälder und die Waldböden. Die wichtigsten Baumarten Eiche, Buche, Kiefer, Fichte und viele weitere werden seit Mitte der Achtzigerjahre kontinuierlich auf ihren Zustand untersucht.
So passt sich der Wald an Umwelteinflüsse an
Biodiversität, das Zusammenspiel der Pflanzenarten, der Kühleffekt und die CO-Speicherung – der Wald ist einer der wichtigsten Ökosysteme dieser Erde. Jetzt in der Klimakrise ist er wichtiger denn je. Er ist Erholungsort für Menschen und Heimat für viele Tier- und Pflanzenarten zugleich. Dort steht alles in Verbindung miteinander. „Unsere Wälder sind mit all ihren wichtigen Funktionen von herausragender Bedeutung für Schleswig-Holstein. Sie erbringen Nutz-, Schutz und Erholungsfunktionen. Diese gilt es zu erhalten. Daher wird es immer wichtiger, sogenannte Klimawälder anzupflanzen, die viele unterschiedliche Baumarten enthalten und gegen Wetterextreme resistenter sind. Hier muss auch Raum für neue Aufforstungsversuche sein, um das Baumartenspektrum zu erweitern“, sagte der Minister. Ziel sei es, auf wissenschaftlicher Basis klimaresiliente Baumarten für die Zukunft zu bestimmen und die Wälder so fit zu machen, dass sie auch für kommende Generationen all ihre vielfältigen Funktionen erfüllen können.
Wälder Pinneberg: Das tun Förster für ihre Gehölze
„Die Wälder zu schützen, geht jeden von uns etwas an. Das Ziel muss es sein, Klimaveränderungen durch zum Beispiel CO2-Ausstoß zu reduzieren. Natürlich passen aber auch wir unsere Wälder an“, sagt Bosse. Die Wälder sollen klimastabil entwickelt werden. Dabei gibt es zwei Ebenen: Vertikal und horizontal.
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Vertikal bedeutet beispielsweise, dass verschiedene Altersstrukturen nebeneinander gepflanzt werden. Das hat mehrere Vorteile: Der Boden wird beschattet, die Biodiversität wird stabilisiert, denn sie bieten verschiedene Lebensräume und außerdem kann der junge Baum direkt den Platz des alten Baumes einnehmen, sollte dieser umkippen. Horizontal bedeutet, dass mehrere Baumarten nebeneinander stehen. Auch das hat einen besonderen Grund: Auswirkungen von äußerlichen Faktoren greifen deutlich schneller in Reinbeständen.
Es geht darum, einen Mischwald zu entwickeln, der passt
„Wir orientieren uns am jeweiligen Standort und entwickeln einen Mischwald, der passt“, sagt Bosse. In Pinneberg liegt der Mischwaldanteil bei über 90 Prozent. „Außerdem verwenden wir keine Pestizide und sind FSC- und PSC-zertifiziert. Das ganze nennt sich naturnahe Waldbewirtschaftung. Das heißt, wir versuchen, die natürlichen Prozesse so gut wie möglich zu kopieren – 30 Prozent werden von uns gepflanzt, der Rest passiert ganz von selbst“.
Doch das sind nicht die einzigen Maßnahmen – die Wälder sollen eine möglichst große CO2-Senke werden. Dafür lassen die Förster zum einen die Baummasse leicht ansteigen. Außerdem werden Moorstandorte regeneriert, die in den letzten Jahrhunderten entwässert worden sind, denn trocken geben sie CO2 ab, nass dagegen nehmen sie sogar welches auf.
Pinneberg: So sieht der Umweltminister die Entwicklung der Wälder
Schwarz sieht die Zukunft positiv: „Es zeigt sich, dass wir auf dem richtigen Weg sind, unsere Wälder gesund aufzustellen und an die klimatischen Veränderungen anzupassen. In ersten Bereichen konnte der Negativtrend der vergangenen Jahre bereits gestoppt werden. Ich bin mir sicher, dass es uns mit einer nachhaltigen Forstwirtschaft gelingen kann, unsere Wälder in all ihren Funktionen zu erhalten und zukunftssicher weiterzuentwickeln“.