Halstenbek. Nach der Wahlniederlage spricht Claudius von Rüden über seine Pläne nach dem Chefposten im Rathaus. Auch sein Nachfolger hat Ideen.

Er war gekommen, um zu bleiben. Und Claudius von Rüden bleibt auch – in Halstenbek wohnen. Seine Amtszeit als Bürgermeister der Gemeinde endete mit Ablauf des gestrigen Dienstags. „Ich habe meinen Frieden mit der Wahlniederlage gemacht, gehe ohne Groll und ohne offene Rechnungen“, sagt der 46-Jährige, der von heute an wieder in der Hamburger Wirtschaftsbehörde tätig ist.

Von dort war er auch gekommen – und hatte sich 2016 als SPD-Kandidat mit deutlicher Mehrheit gegen zwei Mitbewerber durchgesetzt. „Dass mir so viele Menschen ihr Vertrauen geschenkt haben, hat mir Rückendeckung gegeben“, sagt der Ex-Bürgermeister. Ihn habe von Beginn an Halstenbek fasziniert, dass es „hier so viele engagierte Menschen gibt, die sich um das Gemeinwohl kümmern“. Er habe in seiner Amtszeit stets versucht, das Ehrenamt mit äußersten Kräften zu unterstützen. „Ohne Ehrenamtliche sind wir nichts. Natürlich konnte ich es nicht allen recht machen, aber das konnte und musste ich aushalten.“

Halstenbeks Ex-Bürgermeister spricht von „Dissonanzen am Schluss“

Ihm habe es geholfen, von außen zu kommen. „Ich war in keinem Netzwerk, konnte unvoreingenommen und unabhängig agieren.“ Nichtsdestotrotz sei es stets sein Ziel gewesen, nicht zu verwalten, sondern zu gestalten. „Und ich war stets ein politischer Bürgermeister, das hat polarisiert und auch Argwohn bei einigen geweckt.“ Seine eigene Partei habe er nie in den Mittelpunkt gestellt, stets als All-Parteien-Bürgermeister agiert. „Ich habe das allen angeboten, einige konnten das mehr annehmen, andere weniger.“

Trotz einiger Dissonanzen zum Schluss spricht von Rüden von einem „fairen Miteinander“ in Bezug auf die Zusammenarbeit mit den politischen Fraktionen – „auch wenn es oft ein Gegeneinander war“. Unfair seien die Vorwürfe im Wahlkampf gewesen, im Rathaus herrsche schlechte Stimmung und es bleibe zu viel liegen. „Die Verwaltung hat angesichts der knappen Ressourcen das maximale geleistet.“ Ein Beispiel sei die Sanierung der Grundschule Bickbargen im Bestand. „Das war eine Riesenherausforderung, bei der wir an unsere Kapazitätsgrenzen gekommen sind.“ Das Ergebnis könne sich mehr als sehen lassen – und die Vorwürfe, es habe eine Kostenexplosion gegeben, seien falsch.

Gutes Verhältnis zu Rathausmitarbeitern

Er habe ein gutes Verhältnis zu den Mitarbeitern im Rathaus und die Verwaltung zukunftsfähig neu aufgestellt, der Politik zusätzliche Stellen abgerungen, um die vielfältigen Aufgaben bewältigen zu können. So gebe es inzwischen zwei Tiefbauingenieure („Vorher hatten wir nur einen Techniker“), die sich um die 65 Kilometer gemeindeeigene Straßen kümmern. „Wir sanieren nach und nach gemeinsam mit den Gemeindewerken unser gesamtes Straßennetz, das teilweise völlig Rott ist.“ Noch in seiner Amtszeit sei die Nachbesetzung der zwei vakanten Fachbereichsleiterstellen erfolgt, sodass die Verwaltung in Kürze wieder voll handlungsfähig sei.

Es sei ihm eine Herzensangelegenheit gewesen, in Schule, Kita, VHS und Büchereien zu investieren. „Wir dürfen uns nicht an den kommenden Generationen vergreifen, wenn wichtige Aufgaben nicht gemacht werden, geht eine Gemeinde den Bach runter.“ Dafür sei es in seiner Amtszeit auch zur Erhöhung der Gewerbesteuer und der Grundsteuer B gekommen. Um Bürger und Betriebe nicht übermäßig zu belasten, habe er an vorderster Front für die Senkung der Kreisumlage gekämpft.

„Wir haben auch viele Grundlagen geschaffen, etwa einen Verkehrs- und einen Sportentwicklungsplan aufgestellt.“ Dies schaffe Planungssicherheit für die Zukunft. „Wir wissen jetzt, warum wir Millionen für etwas ausgeben müssen, entscheiden nicht aus der hohlen Hand.“

Von Rüden: „Gemeinde ist wettbewerbsfähig“

Die Erweiterung der Feuerwache sei durch den erfolgten Grundstückserwerb am bisherigen Standort möglich, die Gemeinde habe an der Koppeltwiete eine Ausgleichsfläche und am Bickbargen ein Grundstück erworben, das „für eine Kita oder anderes“ genutzt werden könne. Auch die Fläche für die Erweiterung der Grund- und Gemeinschaftsschule werde wohl bald im Gemeindebesitz sein.

„Die Gemeinde ist wettbewerbsfähig“, sagt von Rüden. Auch seien in den vergangenen sechs Jahren wichtige Weichen für die Zukunft gestellt worden wie etwa den Beschluss, die Ausweisung eines neuen Gewerbegebietes an der Lübzer Straße zu prüfen. „Was das Greve-Projekt angeht, bin ich enttäuscht darüber, dass es nicht schneller gegangen ist“, so der Ex-Bürgermeister. Das Vorhaben sei auf der Zielgeraden – „aber bis die Bagger rollen, wird es noch etwas dauern.“

Am Ziel ist auch die Familie von Rüden. Der 46-Jährige hat das 2016 gegebene Versprechen, im Falle eines Wahlsieges nach Halstenbek zu ziehen, zügig umgesetzt. Im Holzhaus an der Grenze zu Schenefeld wird die Familie wohnen bleiben. „Wir sind angekommen“, sagt von Rüden – und verweist darauf, dass seine jüngeren Kinder die Grundschule Bickbargen besuchen und der Älteste das Wolfgang-Borchert-Gymnasium. Während seine Frau weiterhin als Lehrerin in Schenefeld arbeitet, macht sich von Rüden ab heute wieder auf den Weg in die Hansestadt.

„Ich bin in der Wirtschaftsbehörde tätig, kümmere mich um Steuerung und Hamburg-Marketing“, so von Rüden. Mal wieder als ganz normaler Arbeitnehmer tätig zu sein, sei für ihn so etwas für eine Befreiung. „Als Bürgermeister von Halstenbek hast du eine Verantwortung für 18.000 Menschen, bist dauernd im Einsatz.“ Nun genieße er es, mehr Zeit für seine Familie zu haben. „Ich bin 46 und freue mich, in der zweiten Lebenshälfte etwas anderes zu machen.“ Ein Ausflug in die Kommunalpolitik oder eine Bewerbung auf ein anderes Bürgermeisteramt schließe er aus. „Ich bin keiner, der nachtritt. Ich kann auch loslassen.“ Das Rathaus werde er erst wieder betreten, „wenn ich meinen Personalausweis verlängern muss“.

Jan Krohn tritt heute als Rathauschef an – das sind seine Ziele

Jan Krohn (55, CDU) ist ab 1. Februar 2023 neuer Bürgermeister von Halstenbek.
Jan Krohn (55, CDU) ist ab 1. Februar 2023 neuer Bürgermeister von Halstenbek. © Arne Kolarczyk | Arne Kolarczyk

Am 30. Oktober 2022 waren 14.274 Personen wahlberechtigt, einen neuen Bürgermeister zu bestimmen. Von den 6518 gültigen Stimmen entfielen 4351 auf den CDU-Kandidaten und damaligen Bürgervorsteher Jan Krohn, der damit auf 66,75 Prozent kam. Dem Amtsinhaber Claudius von Rüden, der für eine zweite sechsjährige Periode kandidiert hatte, schenkten nur 2167 Bürger ihre Stimme, das entsprach 33,25 Prozent.

Ab dem heutigen Dienstag wird der Wechsel an der Verwaltungsspitze wirksam, erstmals wird Jan Krohn auf dem Bürgermeisterstuhl Platz nehmen. Der Terminkalender des Neuen ist voll, was auch damit zusammenhängt, dass von Rüden nach der Wahlniederlage wegen seines Resturlaubs und einer Kur nicht mehr regelmäßig präsent sein konnte.

Mit dem neuen Mann an der Spitze soll auch ein Paradigmenwechsel verbunden sein. „Ich will bestehende Beschlüsse anschieben, damit Weichenstellungen erfolgen und in den Jahren danach Resultate sichtbar werden“, sagt Krohn. Bereits im Bürgermeisterwahlkampf hatte der 55-Jährige bemängelt, dass die Vielzahl der Projekte die Verwaltung überfordert. „Wir schaffen das nicht alles parallel.“

Es sei ohnehin der Wunsch der Politik, eine Prioritätenliste aufzustellen. Dies soll nun so schnell wie möglich erfolgen, dann gelte es, eines nach dem anderen abzuarbeiten. „Alle Mann Vollgas“ – so gibt Krohn die Richtung vor. „Wir müssen aber auch unsere finanzielle Leistungsfähigkeit beachten“, sagt der neue Rathauschef.

Probleme gibt es genug zu lösen. Etwa die Erweiterung des Wolfgang-Borchert-Gymnasiums, die eigentlich 2026 fertig sein muss. Noch im Frühjahr will sich Krohn mit dem Hochtief-Konzern treffen, der das Schulgebäude im Rahmen eines Projektes in öffentlich-privater Partnerschaft errichtet hatte. Eine weitere Zusammenarbeit mit dem Partner könnte zu einer schnelleren Lösung führen. Gelöst werden muss auch das Platzproblem an der Grund- und Gemeinschaftsschule an der Bek, die sich auf dem Grundstück des angrenzenden Hof Brandt ausbreiten soll. Der Neubau einer Kita ist ins Stocken geraten – und auch das Greve-Projekt mit Gewerbe und Wohnraum könnte einen Beschleunigungsturbo vertragen