Hetlingen/Heist/Elmshorn. Initiativen für Agri-Photovoltaikanlagen in Hetlingen und Heist scheitern an Unterer Naturschutzbehörde des Kreises.

„Clevere Doppelnutzung mit enormem Potenzial“ – so wirbt der Energieversorger EnBW für die sogenannten Agri-Photovoltaikanlagen, manchmal auch Agro-Photovoltaikanlagen genannt. Und die Bundesregierung startete Ostern dieses Jahres eine „Solar-Offensive“, mit der unter anderem die gleichzeitige Nutzung von Flächen für die Landschaft sowie die Erzeugung von regenerativer Energie gefördert werden soll. „Das bringt den Klimaschutz voran und behält gleichzeitig die Belange der Landwirtschaft und des Naturschutzes im Auge“, sagte der Bundeswirtschaftsminister und frühere schleswig-holsteinische Umweltminister Robert Habeck (Die Grünen) bei der Ankündigung des Pakets im Februar.

Solar-Initiativen scheitern an der Unteren Naturschutzbehörde

Doch den hehren Worten auf Bundesebene folgen im Kreis Pinneberg keine Taten. Zwei Projekte in Heist und in Hetlingen sind bereits im Anfangsstadium gescheitert. Vertreter der Kreisverwaltung signalisierten in beiden Fällen bei einem ersten Gespräch, dass keine Chance auf Realisierung besteht. Der Naturschutz steht der Öko-Energie im Weg.

„Ein Bürger aus unserer Gemeinde hatte 2018 Interesse signalisiert, auf einem seiner Grundstücke eine Photovoltaikanlage bauen zu wollen“, berichtet Jürgen Neumann (CDU), Bürgermeister von Heist. Die politischen Gremien hätten sich mit dem Thema befasst und das Projekt befürwortet. In Gesprächen mit dem Netzbetreiber Schleswig-Holstein (SH) Netz wurden zwei potenzielle Flächen ausgeguckt.

Doch bei einem Termin vor Ort mit Vertretern der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) des Kreises wurde schnell klar, dass von dort keine Zustimmung zu bekommen ist. „Die Flächen liegen im Außenbereich und in einem Landschaftsschutzgebiet“, berichtet Neumann von den Argumenten der Kreisverwaltung. Der Bürger sollte davon absehen, einen Antrag zu stellen. Er hätte danach immer wieder versucht, die Initiative zu ergriffen, doch ohne Erfolg, so Neumann.

Hetlingen wollte Agri-Photovoltaikanlagen auf Gemeindegebiet bauen

In Hetlingen ist es die Gemeinde, die sich den Bau einer Agri-Photovoltaikanlagen vorgenommen hat, sagt Bürgermeister Michael Rahn (FW). Die politischen Gremien haben sich vorgenommen, möglichst klimaneutral zu handeln. Jeder Beschluss wird auf seine Auswirkungen auf den Klimaschutz untersucht. Solaranlagen sollen auf den gemeindlichen Gebäuden gebaut werden, wenn dies möglich ist. Und das Dorf soll ein Wärmenetz bekommen. Bei diesem Thema arbeitet die Kommune genauso wie bei der Agri-Photovoltaikanlage mit den Stadtwerken Wedel zusammen, dem Grundversorger für Hetlingen, Haseldorf und Haselau.

Mit einer Fläche im Bereich der Straße Grüner Damm wurde ein Standort gefunden, der nahe einer Mittelspannungsanlage liegt. Die Kosten für einen Anschluss der Anlage an das Stromnetz halten sich damit in Grenzen. Mit einer zwei Hektar großen Agri-Photovoltaikanlagen könnte der gesamte Strombedarf Hetlingens gedeckt werden, rechnet Rahn vor. Bei einem Lokaltermin mit Vertretern der Kreisverwaltung wurde allerdings darauf verwiesen, dass es sich um einen Grünzug und Landschaftsschutzgebiet handelt. „Die Untere Naturschutzbehörde hat leider keinerlei Entgegenkommen gezeigt“, berichtet der Hetlinger Bürgermeister.

Solarenergie: Bürgermeister sind frustriert über Absagen

„Beide Flächen liegen in einem so genannten Regionalen Grünzug“, erklärt Katja Wohlers, Pressesprecherin der Kreisverwaltung, auf Anfrage unserer Zeitung. Das sei eine regionalplanerische Kategorie. „Im gemeinsamen Beratungserlass ,Grundsätze zur Planung von großflächigen Solar-Freiflächenanlagen im Außenbereich‘ vom Ministerium für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung und dem Ministerium für Energie, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung ist festgehalten, dass eben solche PV-Anlagen in diesen Bereichen nicht errichtet werden können“, so die Kreis-Pressesprecherin.

Beide Bürgermeister sind frustriert, dass einerseits massiv für den Bau von Agri-Photovoltaikanlagen geworben wird, so vor Kurzem bei einer Veranstaltung des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetages in Rellingen. Doch andererseits scheitern die Pläne dann an der Unteren Naturschutzbehörde. Nach ihrem Wissen gibt es weitere Kommunen im Kreis Pinneberg, die gescheitert sind. Und Neumann - als ehemaliger leitender Angestellter von Schleswag und E.on immer noch bestens vernetzt – weiß, dass in anderen Kreisen, etwa in Dithmarschen und Steinburg es wesentlich leichter ist, eine Genehmigung für eine Anlage zu bekommen.

Solarenergie: Einige Landwirte befürchten, dass die Pachtpreise sinken könnten

Neumann und Rahn wissen, dass es auch in Zeiten der Energieknappheit als Folge des russischen Überfalls auf die Ukraine Menschen gibt, die die Agri-Photovoltaikanlagen ablehnen. Viele Naturschützer sind dagegen. Unter den Landwirten, die sich mit der Stromerzeugung eine weitere Einnahmequelle schaffen könnten, lehnen es vor allem die jungen Kollegen ab. Dort wird unter anderem befürchtet, die Pachtpreise könnten sinken.

Und es fehlt den Dorfbürgermeistern der Rückenwind aus der Politik auf Kreis-, Landes- und Bundesebene. „Der Kreis könnte durchaus seine Landschaftsschutzgebietsverordnung so ändern, dass Agri-Photovoltaikanlagen leichter machbar sind“, sagt Rahn. Auf Landes- und Bundesebene gebe es ebenfalls Möglichkeiten. Doch trotz Gesprächen auf informeller wie offizieller Ebene mit Vertretern von Land und Bund tut sich nichts.

„Der Kreis versteht sich in der Frage des Ausbaus von erneuerbaren Energien eindeutig als Möglich-Macher“, so die Pressesprecherin des Kreises. Es gehe darum, Lösungen zu finden, wie vor Ort mehr erneuerbar erzeugter Energie erzeugt werden könnten. Gleichzeitig gelte, dass der Schutz von Landschaft und Natur ebenfalls gelebter und wirkungsvoller Klimaschutz sei.