Heist. Im Ort gibt es keinen Empfang, weil der Bau eines neuen Mastes verschleppt wurde. Bürgermeister und Kunden sind erbost.

Während Handys inzwischen nahezu überall zu den ganz normalen Gebrauchsgegenständen zählen, die das alltägliche Leben einfacher machen, haben es Bewohner in Heist gerade schwer. Denn sie müssen momentan erleben, wie es sich anfühlt, wenn nicht schnell eine Verabredung per Telefon gemacht, ein bisschen gespielt oder das Wetter gecheckt werden kann. Heister Handykunden von Vodafon, Telekom und O2 sind in dem Geest-Dorf nicht zu erreichen. Die Kommunikationsunternehmen haben den Ort zu einem großen Funkloch gemacht, weil ihre Funkmasten abmontiert worden sind, ohne dass vorher Ersatz geschaffen wurde.

Kreis Pinneberg: Wie die Gemeinde Heist zum Funkloch wurde

„Wir haben dadurch jede Menge Ärger“, schimpft Bürgermeister Jürgen Neumann (CDU). Besonders Selbstständige sowie Menschen, die im Homeoffice arbeiten und auf ihr Handy angewiesen sind, träfen die Einschränkungen hart. Zahlreiche Menschen hätten sich bei ihm beschwert.

Zuvor betrieb jedes der drei Unternehmen mehr als 20 Jahre lang eine eigene Funkanlage in Heist. Alle waren versammelt auf jeweils einem Strommast der Schleswig-Holstein (SH) Netz AG, dem Stromleitungsbetreiber, der über die Hansewerk AG mehrheitlich in Besitz der E.on ist. Die Telekommunikationsexperten hatten diesen Platz auf dem Strommasten von SH Netz gepachtet.

SH Netz muss nun jedoch die Leitungen aufrüsten, damit mehr Strom aus den Windkraftanlagen des Nordens zu den Abnehmern im Süden Deutschlands transportiert werden kann. Und deswegen müssen die Funkanlagen runter von den Strommasten. Der Abriss sollte 2019 oder 2020 erfolgen, teilte SH Netz den drei Unternehmen sowie der Gemeinde mit.

Kreis Pinneberg: Gemeinde Heist vom Mobilfunknetz abgeschnitten

Die Kommunikationsunternehmen taten sich zusammen, um einen neuen Funkmast in Heist bauen zu lassen und ihn künftig gemeinsam zu nutzen. Es wurde ein Bauantrag gestellt, den die Gemeinde sowie der Kreis positiv beschieden. Die Telefónica Germany mit Sitz in Teltow, Betreiber von O2, bekam im November 2019 die Baugenehmigung. Doch nichts geschah. „Wir haben schon damals und in der Folge immer wieder auf die Dringlichkeit hingewiesen“, sagt Neumann. Denn die SH Netz verschob den Abrisstermin immer wieder, weil es seitens der Mobilfunker keine konkreten Baupläne gab. 2021 setzen die Netzbetreiber dann eine letzte Frist mit dem 30. November 2022.

Daraufhin kam Bewegung in die Sache. Es wurde ein Bauzeitenplan für den Mast neben der DRK-Kita vorgelegt, der den Baubeginn im Juli und die Fertigstellung im Oktober vorsah. Bei den Bauarbeiten gab es allerdings Probleme. Teile passten nicht zusammen. Ende November war der Funkmast immer noch nicht fertig. In der Zwischenzeit hatte die SH Netz allerdings die drei Funkanlagen auf ihren Strommasten abgeschaltet. Die Folge: Es gibt bis heute kein Handynetz für Vodafon, Telekom und O2 in Heist – der Ort wurde zu einem der wenigen Funklöcher in Deutschland.

An dem neuen Funkmast in Heist wird noch gebaut. Da die bisher von den Anbietern Telekom, Vodafon und O2 genutzten Funkanlagen abgeschaltet sind, bildet Heist für die Kunden derzeit ein riesiges Funkloch.
An dem neuen Funkmast in Heist wird noch gebaut. Da die bisher von den Anbietern Telekom, Vodafon und O2 genutzten Funkanlagen abgeschaltet sind, bildet Heist für die Kunden derzeit ein riesiges Funkloch. © HA | Thomas Pöhlsen

Eine Situation wie in Heist gibt es laut Experten kein zweites Mal

„Warum ist nicht schon vor drei Jahren mit dem Bau begonnen worden?“, fragt Bürgermeister Neumann. „Warum hat man nicht schon im März diesen Jahres mit den Bauarbeiten begonnen? Dann hätte es noch die Möglichkeit gegeben, auf die beim Bau entstandenen Verzögerungen zu reagieren.“ Die Frage nach dem Grund der dreijährigen Verzögerung beantwortet die Presseabteilung von Telefónica nur knapp. „Im Zuge der Standorterrichtung kam es leider zu Verzögerungen, zuletzt unter anderem bei der Lieferung des Stahlgerüsts“, so Florian Streicher, Sprecher von Telefónica Germany.

„Sie hatten drei Jahre Zeit und haben es nicht geschafft“, sagt Janpeter Bendfeld, stellvertretender Geschäftsführer und Mobilfunkberater des Breitband-Kompetenzzentrums Schleswig-Holstein (BKZ.SH). Eine Situation wie in Heist hat es nach seinem Wissen noch kein zweites Mal in Schleswig-Holstein gegeben.

An fehlenden Kapazitäten beim Ausbau kann es nach seiner Meinung nicht liegen. Die Mobilfunkanbieter seien bis Ende 2022 verpflichtet, entlang von Autobahnen, Bundesstraßen und Bahnstrecken und für 98 Prozent der Haushalte in jedem Bundesland eine Verbindung zu schaffen. „In Schleswig-Holstein wird das geschafft“, sagt Bendfeld. In anderen Bundesländern wird das voraussichtlich aufgrund von geografischen Gegebenheiten nicht erreicht, etwa im Harz.

Kreis Pinneberg: Mobilfunkstandort laut Telefonica fertiggestellt

Wo diese Verpflichtung nicht erreicht wird, kann die Bundesnetzagentur Strafzahlungen von den Mobilfunkanbietern verlangen. Im Fall des Funkmasts in Heist sei dies aber nicht möglich. Der einzelne Handynutzer könnte seine Gebühr mindern. Er müsste dafür nachweisen, dass er nicht telefonieren konnte. Vermutlich dürfte sich der Anbieter dann auf höhere Gewalt berufen, so der Mobilfunkberater. Der Kunde müsste voll zahlen.

„Telefonica soll wieder funken“, hat der Experte indes gehört. Und von Telekom und Vodafon weiß er, dass sie sofort auf den Mast wollen, sobald Telefonica ihn freigibt. „Die Mobilfunkanbieter haben kein Interesse an verärgerten Kunden“, so Bendfeld. Das bestätigt der Telefonica-Sprecher: „Der neue Mobilfunkstandort in Heist ist mittlerweile fertiggestellt.“ Und er ergänzt: „Wir wollen unseren Kunden ein optimales Netzerlebnis bieten.“