Pinneberg. Am 20. November beginnt die Fußball-WM in Katar. Wie Gastronomen im Kreis Pinneberg mit dem umstrittenen Turnier umgehen.

Dubiose Umstände der WM-Vergabe, tote Arbeiter beim Stadionbau, eingeschränkte Menschenrechte und kaum existierende Pressefreiheit: Am kommenden Wochenende beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar und sorgt schon weit im Voraus für viele Diskussionen.

Zuletzt hatten auch homophobe Aussagen eines WM-Botschafters für Empörung gesorgt. Statt der Euphorie, die eine Weltmeisterschaft für gewöhnlich auslöst, ist die Stimmung eher gedämpft – und zwar auch bei den Gastronomen im Kreis Pinneberg.

WM Katar: Boykott-Aufruf "Kein Katar in meiner Kneipe"

In Frankreich haben mehrere Städte, darunter Paris oder Marseille, bereits erklärt, dass es kein „Public Viewing“ zur WM geben wird. In Deutschland hat sich eine Bewegung mit dem Namen „Kein Katar in meiner Kneipe“ geformt. Die teilnehmenden Bar- oder Restaurantbesitzer schließen sich zusammen und entscheiden sich bewusst dafür, die Fußballspiele der WM nicht zu zeigen – auch wenn das oft Einnahmeeinbußen zur Folge hat.

Das LUSTiS 53,6 in Schenefeld etwa spricht sich klar gegen eine Übertragung der WM aus. Sie haben sich der Aktion „Kein Katar in meiner Kneipe“ angeschlossen. Seit 2015 wurden in dem Restaurant die Spiele von Welt- und Europameisterschaften übertragen, doch dieses Jahr will Geschäftsführer Jörg Stephan Hürten ein Zeichen setzten.

"Ich liebe Fußball, aber Katar bringt das Fass zum Überlaufen"

Gerade bei Deutschland-Spielen habe sich die Übertragung sehr gelohnt, da besonders viel Gäste gekommen seinen. „Ich liebe Fußball, aber Katar bringt das Fass zum Überlaufen“, sagt Hürten empört. „Wir vom LUSTiS 53,6 haben uns entschlossen, die WM in Katar nicht zu übertragen.“

Für ihn seien die Korruption bei der FIFA und Menschenrechtsverletzungen in Katar ausschlaggebend. „Wir haben uns gefragt, ob wir diesen Irrsinn weiter mitmachen und unterstützen wollen. Denn am Ende bestimmen doch die Einschaltquoten, wie es mit der Entwicklung des Fußballs weitergeht.“

Das "Lustis" zeigt keine Spiele der WM in Katar

Seit 2015 seien alle großen Sportereignisse auf Großbildleinwand übertragen worden, hätten bis zu 100 Gäste in den Laden gebracht. „Darauf verzichten wir schweren Herzens, auch wenn wir uns nicht der Illusion hingeben, damit irgendetwas Positives in Katar bewegen zu können.“ Statt Fussball gibt es Konzerte, Poetry Slams und andere kulturelle Events an der Industriestraße 10.

Wer in Schenefeld trotzdem Fußball in der Kneipe gucken möchte, kann dies im Casino Schönefeld tun. Dort hat man vor, die Spiele wie gewohnt zu zeigen. Das Casino befindet sich im Stadtzentrum an der Industriestraße 1.

WM Katar: "Die Leute wollen, dass wir die Spiele zeigen"

Im Kreis gibt es überdies weitere Lokale, die sich nicht für einen Boykott entschieden haben. Die Begas Bar in Pinneberg etwa beabsichtigt, die Deutschland-Spiele zu zeigen. „Die Leute wollen, dass wir die Spiele zeigen, also machen wir das auch“ sagt Benjamin Gadow, Geschäftsführer der Pinneberger Bar. An der Feldstraße 2 soll zunächst einmal damit begonnen werden, die deutschen Spiele zu zeigen. Wenn die Nachfrage entsprechend ist, würden sie auch weitere WM-Spiele in der Sportbar zeigen.

Fußballfans aus Pinneberg wird auch im Burgerrestaurant Opposti die WM serviert. Geplant ist dort, alle Spiele zu zeigen. Zwei Beamer sollen für ein besonders gutes Gemeinschaftserlebnis sorgen. Zusätzlich wird über ein besonderes Menü passend zur WM an der Bismarckstraße 8a nachgedacht.

WM Katar: In Wedel will man nicht auf die Spiele verzichten

Im Elmshorner Restaurant Clubbi ist man sich noch unsicher, ob die Spiele der Weltmeisterschaft in Katar gezeigt werden. „Um ehrlich zu sein, haben wir uns noch keine abschließenden Gedanken dazu gemacht. Wir werden das bis zum WM-Start noch ausführlicher besprechen müssen. Im Zweifelsfall würde ich aber eher sagen, dass wir die WM boykottieren.“ antwortet ein Mitarbeiter auf die Frage, ob es wie in den letzten Jahren eine Übertragung geben wird.

Das Mühlenstein in Wedel möchte nicht darauf verzichten, die Fußballspiele zu zeigen. Zum einen wolle man die Gäste, die auch außerhalb der WM im Biergarten oder im Restaurant die Spiele des HSV, des FC St. Pauli oder die Partien der Champions League gucken, nicht vor den Kopf stoßen. Zum anderen werde Marcus Fürstenberg, Chef des Mühlensteins, selbst die WM verfolgen, auch wenn er die Kritik an der WM für berechtigt hält. Bedeutet: Auch Wedeler Fußballfans haben eine öffentliche Anlaufstation, um sich in in Gesellschaft mit Speisen und Getränken die Spiele anzusehen.

WM Katar: Kneipenwirte befürchten große Ausfälle bei Boykott

Viele Gastwirte merken allerdings an, dass es als Betreiber eines Restaurants wesentlich einfacher wäre, die WM zu boykottieren als für Bar- oder Kneipenbesitzer. Schließlich gebe es zeitgleich zur WM die Hochsaison der Weihnachtsfeiern. Für Bar- und Kneipenbesitzer stelle es hingegen einen großen Verlust dar, wenn die Extraeinnahmen, die durch Fußballübertragungen kommen, wegfallen würden.

Zudem empfinden einige, dass es eher die Aufgabe der übertragenden TV-Sender gewesen wäre, die WM zu boykottieren. Das erste Spiel der Fußball-Weltmeisterschaft wird am Sonntag, 20. November, um 17 Uhr angepfiffen. Gastgeber Katar spielt gegen Ecuador.