Pinneberg. Corona, Krieg und die Konkurrenz aus dem Internet: Der Einzelhandel in der Stadt steht vor großen Herausforderungen.
Was passiert hinter den abgeklebten Fenstern der ehemaligen Budnikowsky-Drogerie und was im ehemaligen Schuhkay-Geschäft an der Fußgängerzone? Wer zieht in die leer stehenden Räume des ehemaligen o2-Ladens neben dem PiZ? Und wie geht es mit dem Modehaus Kunstmann weiter? Ein Gang durch die Pinneberger Innenstadt lässt viele Fragen angesichts der Leerstände aufkommen. Wie wird die Innenstadt in Zukunft aussehen, und wer entscheidet das überhaupt?
Pinneberg: Viel Leerstand in der City – ein Problem?
Die Innenstadt verändert sich – das ist nicht zu übersehen. Beispiel Kunstmann: Das Modehaus schließt, wie berichtet, nach 160 Jahren Ende Januar für immer seine Pforten. Was stattdessen dort entstehen wird, ist noch ungewiss. Gekauft wurde das Areal von den Brüdern Savas und Namik Ardic, die aber noch keine konkreten Pläne vorgestellt haben. Vermutlich werden dort Mietwohnungen und Gewerbeflächen entstehen.
Eine weitere Veränderung: Dort, wo früher Bundikowsky Drogerieartikel und mehr verkauft hat, wird demnächst die Postbank ihre Dienste anbieten – der Standort an der Friedrich-Ebert-Straße wird aufgegeben (wir berichteten).
Doch das sind nicht die einzigen Veränderungen. Die Wirtschaftsförderin der Stadt Pinneberg, Birgit Schmidt-Harder, betont zwar, dass die Freiflächenquote in der Innenstadt bei nur acht Prozent liege und seit Sommer 2019 35 Neuvermietungen zustande gekommen seien, sieht aber dennoch einen sich allgemein abzeichnenden Strukturwandel in der Innenstadt. Der Trend gehe weg von vielen kleinen Geschäften, die zum Schlendern und Verweilen einladen. „Der neue Trend lautet: Dienstleistungen, Gastro und dann erst Einzelhandel“, so Schmidt-Harder.
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Pinneberg: Was sind die Ursachen für den Leerstand in der City?
Ursache für diese Entwicklung sei vor allem der Vormarsch des Online-Handels, sagt Schmidt-Harder, die allerdings der Meinung ist, dass der Einzelhandel auch Chancen vertan habe, sich digital besser aufzustellen. „Wenn der stationäre Einzelhandel nicht anfängt, sich neu zu erfinden, dann wird seine Bedeutung, was die Belebung der Innenstadt angeht, weiter zurückgedrängt.“
In Pinneberg müssen die Geschäftsleute einen weiteren Faktor berücksichtigen – die Nähe zu Hamburg: In zehn Minuten fährt die Nordbahn von Pinneberg nach Altona, in 20 Minuten ist man in der City. Zum einen profitiert Pinneberg vom Hamburger „Speckgürtel“, ist ein starker Wirtschaftsstandort, der viele Arbeitsplätze bietet. Andererseits stellt das Einzelhandelsangebot der Hansestadt eine große Konkurrenz dar. In Elmshorn sieht das schon wieder anders aus, da die größte Stadt des Kreises weitere 20 Bahnminuten von der Hamburger City entfernt ist. Nichtsdestotrotz meint Sebastian Hoyme, Geschäftsführer des Stadtmarketings: „Vor den Toren Hamburgs ist es nicht einfach. Aber die Pinneberger nutzen ihre Innenstadt.“
Doch für was? Hat sich der Bedarf, haben sich die Ansprüche der Bewohnerinnen und Bewohner tatsächlich so stark verändert, dass nur noch Bäcker, Nagelstudios, Banken, Gastrobetriebe und Friseure in der Innenstadt überleben können? Wirtschaftsförderin Schmidt-Harder betont, dass die Stadt nur sehr begrenzt Einfluss auf den Branchenmix nehmen könne: „Wir können den Eigentümern nicht vorschreiben, an wen sie vermieten und zu welchen Konditionen. Lediglich durch Stadtplanung und Stadtentwicklung können wir baulich Einfluss nehmen – unter anderem durch gestalterische Elemente.“
Pinneberg: Wie kann die Innenstadt wieder belebter werden?
Für eine weitere Belebung sollen die zehn Großveranstaltungen im Jahr sowie der Wochenmarkt, der dienstags, donnerstags und sonnabends stattfindet, sorgen. Darüber hinaus sind Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing in den „City-Gesprächen“ im regelmäßigen Austausch mit den Eigentümern. Für den Austausch der Städte gibt es zudem auf Bundes- wie auch auf Landesebene ein Netzwerk der Stadtmarketings. Die Entwicklung und Belebung der Innenstädte sei dort aber kein Schwerpunktthema, bei dem kooperiert werde, so Geschäftsführer Hoyme.
Und was ist mit den Bürgern? Haben die ein Wörtchen mitzureden, wenn es um die Gestaltung „ihrer“ Stadt geht? Im Prinzip ja, doch nach Ansicht von Schmidt-Harder würden „Instrumente“ wie etwa die Fragestunden in den Ratssitzungen oder Bürgerbeteiligungsverfahren wie zur Umgestaltung des Drosteiparks und der Gestaltung des neuen Stadtlogos zu wenig genutzt.
Dennoch glaubt Birgit Schmidt-Harder fest an die Zukunft der Pinneberger Innenstadt: „Die aktuelle Lage ist total positiv, weil wir durch die Pandemie kein Geschäft verloren haben. Die, die geschlossen haben, hatten vorher schon strukturelle Probleme oder haben keine Nachfolger gefunden.“
Wie ist Ihre Meinung? Sind Sie mit dem Branchenmix in Pinneberg zufrieden? Wo besteht möglicherweise Handlungsbedarf? Schreiben Sie uns an Pinneberg@Abendblatt.de („Pinneberger Innenstadt“)..