Pinneberg. Vereine, Schulen und Stadtwerke haben über Zukunftsszenarien für den bedrohten Betrieb verhandelt. Wie es jetzt weitergeht.

Dem Pinneberger Hallenbad macht die Energiekrise nach wie vor zu schaffen. Nachdem Bäderleiter Björn Pätzel ein Schreiben verschickt hatte, in dem er um Lösungsvorschläge für das Dilemma bat (das Abendblatt berichtete), haben sich die Betroffenen nun zu einem Runden Tisch getroffen und denkbare Zukunftsszenarien des Hallenbads ausgelotet. Immerhin sei die Existenz der Sport- und Freizeitstätte bedroht. Das verunsichert Badegäste und die Stadtwerke als Betreiber. Aber auch Schulen und Vereine, deren Schwimm-Anfänger und -Profis auf die Becken angewiesen sind.

Pinneberg: Wie sieht die Zukunft des Hallenbades aus?

Dem Ruf an den Runden Tisch folgten Vertreter der Schulen, die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), der VfL Pinneberg, der Ortsverband der DRK Wasserwacht und der Pinneberger Schwimmclub (PSC). „Wir sind kein Entscheidungsgremium“, sagt Initiator Pätzel. „Es ging also darum, die einzelnen Positionen und die Stimmungslage abzufragen, die dann in die Vorlage für die politische Entscheidungsebene einfließen.“ Letztlich entscheidet der Pinneberger Hauptausschuss am Ende des Monats über die Zukunft des Hallenbads.

Am Runden Tisch wurden diverse Lösungsvorschläge diskutiert. Einerseits ließe sich das Bad vorerst komplett herunterfahren. Davon möchte Pätzel aber unter allen Umständen absehen, da er Angst hat, das Bad würde danach vielleicht nie wieder in Betrieb genommen werden. Immerhin ist eine Mindesttemperatur in dem Gebäude nötig, um auf lange Sicht Bauschäden zu vermeiden. Andererseits wäre es denkbar, das Bad weiterhin im Vollbetrieb zu lassen. Die Unwirtschaftlichkeit dessen sowie die finanziellen Konsequenzen für die Kommunalwirtschaft und Stadtwerke seien Pätzel aber bewusst.

Pinneberger Hallenbad könnte in die Winterpause gehen

„Etwas zu finden zwischen durchgehend offen und kompletter Schließung“, sei daher sein Bestreben. So sei denkbar, „nicht das ganze Jahr über vollen Betrieb zu fahren, sondern eine Winterpause mit eingeschränktem oder ganz ohne Betrieb zu machen“, sagt er. Diese Idee stammt von der DLRG. „Aus unserer Sicht ist das ein praktikabler Vorschlag, der sich finanziell im bisherigen Rahmen bewegt“, meint Roland Wiebicke, Vorsitzender der DLRG in Pinneberg.

Nach derzeitigen Berechnungen würde das Bad, sofern es in drei bis vier kalten Monaten geschlossen ist, rund 1,5 Millionen Euro Minus im Jahr machen. Das ist ungefähr so viel wie vor der Energiekrise. Ist das Bad zur heutigen Zeit ganzjährig in Betrieb, sei mit rund drei Millionen Euro Verlust zu rechnen, sagt Wiebicke.

Ein Vorteil dieses Lösungsvorschlags sei, dass er sich auf die kommenden Jahre verlängern ließe: „Denn, machen wir uns nichts vor, ich glaube nicht, dass die Energiepreise wieder auf Vorkrisenniveau sinken“, so der DLRG-Vorsitzende. Wiebicke weist aber auch darauf hin, dass sich eine Schließung des Bades von weniger als vier Monaten kaum lohnt, weil das Entleeren und Neubefüllen der Becken allein recht lange dauert.

Hallenbad frisst so viel Energie wie 380 Einfamilienhäuser

Nur mäßig angetan von dem DLRG-Vorschlag sind die Schulen, berichtet er. Wohin auch mit den Schülern in den Wintermonaten? Wie ließe sich eine Schwimmunterrichtspause in den Lehrplan einbauen? Was machen die Trainer, die auch im Winter auf Einkommen angewiesen sind?

Eine weitere Möglichkeit zum Energiekostensparen, die der Runde Tisch besprochen hat, ist da schon attraktiver für die Schulen und Vereine. Folglich gibt es die Überlegung, das 50-Meter-Becken von der Sprunghalle zu trennen und nicht mehr zu beheizen. Zeitgleich hält das Springerbecken in Zukunft als Lehrschwimmbecken her. Auch dieser Vorschlag ließe sich zeitlich begrenzen und zum Beispiel nur in den kalten Monaten anwenden. Noch ist nichts beschlossen. All diese Ideen zur Zukunft des Hallenbades sollen Teil der Vorlage für den Hauptausschuss werden.

Pinnebergs Badleiter Pätzel sieht enorme Risiken auf das Bad zukommen

Doch wie schlimm steht es eigentlich um die Sportstätte? Der Status Quo, den Pätzel erläutert, mache wenig Mut. Er sieht enorme Risiken auf das Bad zukommen, „denn die Energiepreise werden bei uns voll durchschlagen“. Immerhin ist das Hallenbad ein 70er-Jahre-Bau, die Substanz damit energetisch nicht mehr auf dem Stand der Zeit. „Selbst wenn wir außer Betrieb gehen und ausschließlich die Restheizung anlassen würden, damit uns das Gebäude nicht einfriert, ist der Energieverbrauch vergleichbar mit dem eines modernen Bads im Vollbetrieb“, sagt Pätzel.

Zum Vergleich stellt er den Verbrauch des Hallenbads auch mit modernen Einfamilienhäusern in Bezug. So fresse das Pinneberger Bad ungefähr so viel Energie wie 380 zwischen 2010 und 2020 im Normalstandard gebaute Häuser mit 140 Quadratmetern Wohnfläche. „Wir verbrauchen alleine ganze fünf Prozent der Fernwärme in Pinneberg! Wenn ein kalter Winter kommt, wird es sich nicht vermeiden lassen, dass noch zugeheizt werden muss“, so der Bäderleiter.

Schulschwimmen ist unwirtschaftlich für den Bäderbetrieb

Allerdings macht Pätzel auch darauf aufmerksam, dass es eine Fehlannahme ist, ein städtisches Hallenbad müsse sich rechnen. „Bundesweit lagen die durchschnittlichen Kosten pro Besucher schon vor der Energiekrise bei über zehn Euro. Wir reden also in Zukunft von Kostendeckungsgraden von deutlich unter 50 Prozent in den meisten Bädern.“

Insbesondere das Schulschwimmen sei dabei unwirtschaftlich für einen Bäderbetrieb. Paradox sei deshalb, dass „in kritischen Situationen für uns die Schulen an der ersten Stelle sind, dann kommen die Vereine und dann der Badegast. Würden wir nur wirtschaftlich denken, müsste es genau andersherum sein“, sagt Pätzel.

Pinneberger Hallenbad: Das letzte Wort hat die Politik

Dass neben den Schulen, die coronabedingt sowieso seit Jahren unter einem Schwimmunterricht im Ausnahmezustand leiden, auch die Vereine einer möglichen Schließung der Sportstätte mit Grauen entgegensehen, verwundert kaum. Die DLRG etwa hat schon jetzt Namen von 750 Kindern auf der Warteliste zur Schwimmgrundausbildung stehen.

Zudem würde eine Schließung des Bads bedeuten, dass die Ausbildung der Rettungsschwimmer für den Wachdienst an Elbe, Nord- und Ostsee nicht mehr wie gehabt durchführbar ist. Darüber informiert Jan Otte, stellvertretender technischer Leiter der DLRG Pinneberg und Organisator der Schwimmer- und Rettungsschwimmer-Ausbildung.

Der VfL Pinneberg wiederum geht davon aus, mit einer Schließung des Bades direkt in die Insolvenz zu schlittern. Denn ohne Hallenbad gebe es keine Schwimmabteilung mehr – ein Verlust von Mitgliedsbeiträgen in Höhe von 150.000 Euro.

Pinneberg: Noch gibt es Hoffnung für Erhalt des Hallenbades

Dem DLRG-Vorsitzendem Wiebicke zufolge sei der Runde Tisch ein Ort gewesen, „um fair über alle Bedenken zu reden.“ Es zeige sich zwar, dass die Anwesenden teils widersprüchliche Interessen haben und die verschiedenen Vorschläge unterschiedlich bewerten. Allerdings: Dass der Bäderbetrieb weiterlaufen muss, darüber seien sich alle einig. Die Schulen, Vereine und Bäderleiter Pätzel stecken ihre Hoffnung nun in die örtliche Politik, fiebern auf den Hauptausschuss hin.

„Wir hegen jetzt alle die Hoffnung, dass sich die politischen Vertreter dazu durchringen können, ungeachtet der wirtschaftlichen Konsequenzen für die Stadtwerke Pinneberg und die Kommunalwirtschaft das Bad weiterzubetreiben“, so der Bäderleiter. Die bisherigen Stellungnahmen der Kommunalpolitik stimmten da hoffnungsvoll. „Alle wollen, dass das Schwimmbad weiter nutzbar ist“, sagt etwa Bürgermeisterin Urte Steinberg. Auch die drei großen Fraktionen CDU, SPD und Grüne streben eine Rettung des Hallenbads an. Dass die auch finanziell vertretbar sein muss, werden sie allerdings kaum außer Acht lassen können.

Pätzel, eigenen Angaben zufolge ein absoluter Optimist, meint: „In irgendeiner Form kriegen wir das schon hin.“ Zumal seine Hoffnungen auf dem modernen Schwimmbad-Neubau ruhen, der die bisherige Halle ab 2025 ersetzen soll. „Wenn der eröffnet, haben wir es geschafft. Bis dahin müssen wir die Energiekosten noch irgendwie stemmen.“