Pinneberg. Energiekrise zwingt zu drastischen Schritten. Bad und etliche Schwimmkurse in Gefahr. Wie um die Rettung gerungen wird.
Erst haben die Lockdowns über Monate den Schwimmunterricht für Kinder blockiert – und jetzt droht dem Pinneberger Hallenbad wegen der Energiekrise sogar die Schließung. Das geht aus einem Brief des Bäderleiters Björn Pätzel hervor, den er an Sportvereine und Schulen geschickt hatte, um einen runden Tisch vorzubereiten, der für kommenden Dienstag anberaumt wurde. „Ich hatte darin um Vorschläge gebeten. Das war der Sinn des Schreibens“, so Pätzel. Bei Vereinen und Politik hat er einen Sturm der Entrüstung ausgelöst.
Energiekosten: Pinneberger Bad und Schwimmkurse in Gefahr
Die Wogen haben sich mittlerweile etwas geglättet. Im Sportausschuss fand am Mittwochabend ein erster Austausch zwischen Bürgermeisterin , Stadtwerken, Vereinsvertreter und DLRG statt. Das Blockheizkraftwerk, das mit Gas betrieben und mit dessen Energie das Bad bislang zum Teil geheizt wurde, ist aus Kostengründen abgestellt worden. Björn Pätzel hat wegen der Kosten der Energiekrise die Notbremse gezogen: „Schon in diesem Jahr wird das Defizit, das der Betrieb des Bades verursacht, deutlich über dem der letzten Jahre liegen. 2023 kann das Defizit des Schwimmbades eine Höhe von drei Millionen Euro erreichen.“
In seinem ausführlichen Schreiben stellt Pätzel mehrere Szenarien zur Diskussion. Das erste: Vollständige Schließung mit größter Einsparung, aber eventuell keine Wieder-Inbetriebnahme möglich. Zweitens: Schwimmhallenteil mit 50-Meter-Becken wird von der Sprunghalle getrennt und nicht mehr beheizt, das Springerbecken dient als Lehrschwimmbecken. Variante drei: Der stillgelegte Badbereich wird auf Mindesttemperatur geheizt, um Bauschäden zu vermeiden. Oder: Das Bad bleibt vollständig offen.
Pinneberg: Lange Wartelisten für Schwimmkurse der DLRG
„Mein Ansatz war, etwas zu finden zwischen durchgehend offen und kompletter Schließung“, betont Pätzel. So oder so sind DLRG und Vereine aufs Höchste alarmiert. Denn die DLRG hat bereits jetzt eine Warteliste von 750 Kindern für die Anfänger-Schwimmkurse, weitere 100 warten auf einen Fortgeschrittenen-Kursus. „Außerdem können wir, wenn die Halle schließt, keine Rettungsschwimmer mehr ausbilden, die für den Wachdienst an Elbe, Nord- und Ostsee gebraucht werden“, sagt Jan Otte, stellvertretender technischer Leiter der DLRG Pinneberg und Organisator der Schwimmer- und Rettungsschwimmer-Ausbildung.
Ähnlich düster blickt der VfL in die Zukunft -- in einer Gegenwart, die bereits schwierig ist, weil weder die Mitgliederzahlen vor Corona wieder erreicht wurden, noch die Kapazitäten zum Schwimmen ausreichen. 400 Kinder stehen hier auf der Warteliste. „Das zieht uns jetzt den Boden unter den Füßen weg“, sagt VfL-Geschäftsführer Uwe Hönke.
Pinneberg: VfL fürchtet bei Schließung des Bades die Insolvenz
Die Funktion des Schwimmbades sieht er gesamtgesellschaftlich: „Ein Hallenbad gehört zur Daseinsvorsorge und zur sozialen Verantwortung einer Stadt wie Pinneberg.“ Dem Argument der steigenden Kosten setzt er entgegen: „Ja, ein Hallenbad rechnet sich betriebswirtschaftlich nicht. Das ist aber nichts Neues und gilt gleichermaßen für Museen, Büchereien, Kulturzentren oder auch Schulen.“ Es gehe letztlich um eine Diskussion darüber, „was uns diese Einrichtungen wert sind“. Schwarz malt er die Zukunft des Vereins an die Wand und rechnet vor, warum.
Ohnehin müsse der VfL wegen steigender Energiepreise, höherer Personalkosten und Preissteigerungen mit Mehraufwendungen im sechsstelligen Bereich rechnen. Schlösse das Bad, müsse eventuell die Schwimmabteilung geschlossen werden: „Bei aktuell 543 Mitgliedschaften und gut 400 Kindern auf der Warteliste für die Schwimmschule wäre dies ein Verlust an Mitgliedsbeiträgen von mehr als 150.000 Euro. Bei einem derartigen Szenario sind wir innerhalb kürzester Zeit insolvent“, denn Vereine dürften keine Rücklagen bilden.
Die Vereine seien aber bereit, über Einschränkungen, verkürzte Nutzungszeiten und höhere Gebühren zu reden.
Pinneberg: Politik will Schließung des Bades verhindern
Die drei großen Fraktionen sind sich in einem Punkt einig: „Wir können das Bad in keinem Fall schließen. Wir müssen soweit wie irgend möglich die Zeiten am Leben erhalten. Das gehört zur Daseinsfürsorge. Mit gutem Willen werden wir das hinkriegen“, sagt Klaus Seyfert (CDU).
Ausschuss-Vorsitzende Gabriela Matthies (SPD) sieht das ähnlich: „Wie wollen nicht die totale Schließung. Dafür werden alle Fraktionen kämpfen. Denn dann haben wir für sechs, sieben Jahre kein Schwimmbad mehr.“ Damit meint sie den Schwimmbad-Neubau, der geplant ist und absehbar Einschränkungen mit sich bringt. Allerdings findet sie, dass die Lösung finanziell vertretbar sein müsse.
Joachim Dreher (Grüne/Unabhängige): „Den Fehler, das Lehrschwimmbecken zu schließen, dürfen wir nicht machen. Die Vereine dürfen nicht dafür büßen, dass wir eine Energiekrise haben. Wir müssen eine andere Lösung finden.“ Die Kommune könne die Kostensteigerungen nicht erwirtschaften. „Land und Bund müssen das ausgleichen.“
Bis Ende Oktober soll eine neue Vorlage fertig sein, die im Hauptausschuss beraten wird. „Dieses herausfordernde Thema lässt sich in einem persönlichen Gespräch vermutlich am besten lösen“, sagt Bürgermeisterin Urte Steinberg. „Alle wollen, dass das Schwimmbad weiter nutzbar ist.“