Kreis Pinneberg. Bürgermeister der Umlandgemeinden der Kreisstadt bekennen sich zum Großkrankenhausstandort. Wie Elmshorn den Vorstoß kontert.
Das Duell zwischen den beiden größten Städten im Kreis Pinneberg um den alleinigen Klinikstandort geht jetzt in die entscheidende Runde. Nun hat sich die Stadt-Umland-Kooperation in Pinneberg gemeldet und bekennt sich öffentlich zum Standort der geplanten Großklinik in der Kreisstadt. In einer gemeinsamen Stellungnahme sprechen sich alle Bürgermeisterinnen und Bürgermeister für Pinneberg als neuen Standort des zentralen Klinikneubaus aus.
Zentralklinik: Pinneberg eröffnet Kampf um den Standort
Allen voran Urte Steinberg, Bürgermeisterin der Kreisstadt: „Ich freue mich über die Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen aus den Umlandgemeinden.“ Das zeige, dass Pinneberg als Klinikstandort alternativlos sei. Steinberg sei überzeugt, dass Pinneberg mit „großartigen Potenzialflächen“ der perfekte Standort für das neue Zentralklinikum ist, alle Kriterien mit Bravour erfülle.
Dieses Selbstbewusstsein kommt nicht von ungefähr. Steinberg weiß den kompletten Lebens- und Wirtschaftsraum um die Kreisstadt hinter sich. Immerhin bildet das Mittelzentrum Pinneberg mit der Stadt Schenefeld, den Gemeinden Rellingen, Halstenbek, Appen, Borstel-Hohenraden, Kummerfeld, Prisdorf und Tangstedt die Heimat für 110.000 Menschen. Seit 2009 bilden die Gemeinden eine Stadt-Umland-Kooperation zur Stärkung der Region.
Bürgermeister Trampe hebt die gute Erreichbarkeit Pinnebergs hervor
Dazu zählt auch Marc Trampe, Bürgermeister von Rellingen. Hauptargument der Umlandbürgermeister: die gute Erreichbarkeit. „Rellingen unterstützt den zentralen Klinikstandort in Pinneberg“, sagt etwa Trampe. „Eine gute Erreichbarkeit für möglichst viele Menschen ist elementar. Daher ist Pinneberg der richtige Standort, da im südlichen Teil des Kreises ein Großteil der Bevölkerung lebt und durch die A 23 und den Bahnhof eine gute Erreichbarkeit gewährleistet ist“.
Henriette Krohn, Bürgermeisterin von Tangstedt, ist der gleichen Meinung: „Der Standort sollte vor allem mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen sein.“ Und Hans-Peter Lütje, Bürgermeister von Appen, stellt klar: „Ein Klinikum des Kreises gehört in die Kreisstadt – und die heißt Pinneberg. Denn im Bereich Pinneberg leben die meisten Menschen des Kreises.“ Claudius von Rüden, Bürgermeister von Halstenbek, spricht von Pinneberg als „bürgerfreundlichstem Standort“. Pinneberg sei besser angebunden als Elmshorn, sagt Christiane Küchenhoff, Bürgermeisterin von Schenefeld. Und „eine Kreisstadt ohne Krankenhaus – das kann nicht sein“, meint Harm Kähler, Bürgermeister von Borstel-Hohenraden.
„A 23, A 7, Westumgehung, S-Bahn und Regionalbahn mit anschließenden Busverbindungen“, für Erika Koll, Bürgermeisterin von Kummerfeld, sei Pinneberg am besten an den Nahverkehr angebunden. Günther Hildebrand, Bürgermeister von Ellerbek, sieht in der Kreisstadt „den Bevölkerungsschwerpunkt des gesamten Kreises. Die Bevölkerungsdichte im Süden ist viel höher als im Norden.“ Den Reigen der Befürworter aus dem Umland komplettiert Rolf Schwarz, Bürgermeister von Prisdorf: „Die Anbindung von allen umliegenden Gemeinden ist gut. Und diese Gemeinden sind die bevölkerungsreichsten Kommunen im Kreis.“
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So reagiert Elmshorns Bürgermeister Volker Hatje auf den Vorstoß
Elmshorns Bürgermeister Volker Hatje nimmt diesen Vorstoß gelassen zur Kenntnis, denn er wisse auch sein Umland hinter sich: „Unsere Stadt-Umland-Kooperation steht ebenfalls voll hinter einer Elmshorner Bewerbung um den neuen Klink-Standort. Das ist überhaupt keine Frage.“ Dieses einmütige Votum für die Beibehaltung Elmshorns als Klinikstandort sei längst bekannt. Aber Hatje will sich nicht zur Eile treiben lassen. „Wir haben noch genügend Zeit mit unserer Bewerbung und werden mit Sicherheit gute Argumente dafür liefern, dass ein Super-Krankenhaus in der Region hier bei uns in Elmshorn errichtet werden kann.“ Um welche Flächen es sich in der Krückaustadt genau handeln würde, möchte Hatje noch nicht verraten. „Wir werden auf jeden Fall eine gute Bewerbung einreichen“, sagt er.
Die Regio Kliniken halten sich zurzeit bedeckt und machen keine Aussagen dazu, wie der Stand der Dinge ist. „Während der Bewerbungsphase veröffentlichen die Regio Kliniken nicht, welche Gemeinden sich beworben haben“, teilt Kliniksprecherin Birga Berndsen auf Nachfrage mit.
Fakt ist: Städte und Gemeinden haben noch bis Mitte Oktober Zeit, ihre möglichen Standortvorschläge einzureichen. So haben es die Geschäftsführung der Regio Kliniken mit ihren beiden Gesellschaftern Sana und dem Kreis, der 25 Prozent an dem Unternehmen hält, vereinbart.
Im November wird es eine Vorauswahl der geeigneten Grundstücke geben
Danach folgt ein zweistufiger Bewertungsprozess. So soll im November eine Vorauswahl der geeigneten Grundstücke getroffen werden, die Bewerberkommunen können bis Januar 2023 präzisieren und detaillierter beschreiben. Diese Bewerbungen würden zunächst von externen Beratern hinsichtlich der Mindestan- forderungen bezüglich der Grundstücksgröße, der Erschließung und der öffentlich-rechtlichen Bebaubarkeit geprüft. „Es ist geplant, die Zwischenergebnisse im Hauptausschuss am 23. November vorzustellen“, so Kliniksprecherin Berndsen.
Aus einer möglichst großen Standortauswahl soll das beste Angebot gefunden werden, damit auch in der Bevölkerung eine größtmögliche Akzeptanz erreicht wird. Diese Entscheidung soll im Februar oder März 2023 fallen – noch vor der Kommunalwahl im Mai. Zuvor werden die Grundstücke mit der Kreispolitik abgestimmt und nach den Bewertungskriterien beurteilt.
Klinik: Planer rechnen mit Bauzeit von etwa zehn Jahren
Ist die Standortauswahl geklärt, werde mit dem oder der Eigentümern des auf dem Spitzenplatz liegenden Grundstücks eine Vereinbarung getroffen, in der wirtschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen für den Erwerb festgelegt werden, so die Kliniksprecherin zum Verfahren. Ein Mitarbeiter der Kreisverwaltung wird bei dieser Standortauswahl und Entscheidungsfindung mitwirken. Darauf hatten sich Kreispolitik und Klinikleitung verständigt. Dafür verzichtete der Hauptausschusses auf sein politisches Vetorecht in dieser Frage.
Geplant ist, wie berichtet, bis 2033 die beiden vorhandenen Krankenhäuser in Pinneberg und Elmshorn aufzugeben. Stattdessen soll die neue Zentralklinik mit 767 Planbetten und 104 tagesklinischen Betten fertiggestellt sein – wo auch immer. Es wird mit einer etwa zehnjährigen Bauzeit für die neue Großklinik gerechnet. Diese Neubaupläne hat die Geschäftsleitung der Regio Kliniken der Kreispolitik vor genau einem Jahr erstmals vorgestellt.