Kreis Pinneberg. Bewerbung der Städte bis Oktober möglich. Veto-Option für Kreispolitik bei der Standort-Suche für Großklinik.
Am Ende herrschte Einvernehmen und Harmonie zwischen allen Parteien. Der Hauptausschuss des Kreistages hat jetzt mit einmütiger Entscheidung den Weg freigemacht für die Auswahlkriterien über den künftigen Standort der bis 2033 geplanten zentral gelegenen Großklinik im Kreis Pinneberg. Und der Kreis wird, wie von der SPD gefordert, ein gewisses Mitspracherecht bei der Auswahl und der Bewertung der Grundstücke erhalten, die die Städte und Gemeinden von sofort an in den nächsten drei Monaten für den Bau der 500 Millionen Euro teuren Klinik einreichen können.
Großklinik: Kreis erhält Mitspracherecht bei Standort-Entscheidung
Wie berichtet, sollen die beiden vorhandenen Krankenhäuser in Pinneberg und Elmshorn geschlossen werden, wenn die neue Zentralklinik mit 767 Planbetten und 104 tagesklinischen Betten in etwa zehn Jahren fertiggestellt ist.
Noch kurz vor der Sitzung sah es so aus, als ob es zu einem Showdown zwischen der Geschäftsführung der Regio Kliniken und einem gewichtigen Teil der Kreispolitik für den Minderheitsgesellschafter des Klinikbetriebes kommen sollte. Die SPD stellte, wie drei Wochen zuvor im Hauptausschuss angekündigt, den Antrag, dass „die Bewertung der strategischen Kriterien“ bei der Suche nach dem geeigneten Klinikstandort „nicht allein durch die Regio Kliniken GmbH erfolgt, sondern der Kreis als Mitgesellschafter hieran ebenfalls beteiligt wird“.
Das schien die Klinikleitung zunächst abzulehnen. In einer eigenen Stellungnahme sprach sie dieser Bitte des SPD-Antrages nach Mitsprache die „rechtliche Legitimation“ ab, hieß es in dem zweiseitigen Schreiben der Geschäftsführerin Regina Hein. Sie verstehe diese Forderung aber auch als Wunsch des Mitgesellschafters Kreis Pinneberg nach mehr Transparenz bei der Entscheidungsfindung, so Hein. „Und wir möchten ebendiese Transparenz ja sogar fördern.“ Das sei aber nur möglich, wenn die beiden Gesellschafter die Standortauswahl selbst träfen. Die Sana AG hält mit 74,9 Prozent der Gesellschaftsanteile die klare Mehrheit.
Großklinik: Vetorecht in Form einer Sperrminorität
Eine zweite Möglichkeit sei, dass der Kreis als nicht stimmberechtigtes Mitglied an der Entscheidung teilhaben würde, schlug Regina Hein vor. Diese Variante wurde dann auch einstimmig in den Beschluss aufgenommen, der nun lautet: „Im Rahmen der Einsichtsrechte der Gesellschafter nimmt ein nicht stimmberechtigter Vertreter der Kreisverwaltung Pinneberg zur Information an der Sitzung der erweiterten Geschäftsleitung der Regio Kliniken GmbH teil, die über die Bewertung der strategischen Kriterien je Grundstück entscheidet.“
Die SPD war damit zufrieden. „Uns ging es darum, Transparenz bei der Standortauswahl zu erreichen“, sagt der Abgeordnete Helmuth Jahnke, ein Jurist und ehemaliger Staatsanwalt. „Diese Transparenz wird hergestellt. Wir können damit leben.“ Denn: „Am Ende muss der Kreis dem Standort ohnehin zustimmen. Wir haben als Gesellschafter da ja eine Sperrminorität.“
Für die SPD bedeute das, dass die Auswahl des Standortes jetzt nicht allein im stillen Kämmerlein der Klinikleitung geschehen kann. Der Kreis wird dabei sein, wenn darüber beraten wird, und er kann einen eigenen Vertreter oder Experten in die Sitzung bestellen. Wie etwa die Landrätin Elfi Heesch oder Claudius Mozer, der den gesamten Linienbusverkehr für den Kreis Pinneberg plant und gestaltet. Auch der Rettungsdienst könnte eingebunden werden, erklärte SPD-Fraktionschef Hans-Peter Stahl.
Großklinik: Nach diesen Kriterien wird entschieden
Damit ist aus Sicht der Politik die Kernforderung der Mitsprache erfüllt. Denn die Erreichbarkeit für die Patienten und ihrer Angehörigen soll bei der Standortbewertung für die neue Zentralklinik die entscheidende Rolle spielen. In den Auswahlkriterien wurde nun festgelegt, dass die Frage, wie viele Menschen die neue Klinik innerhalb von 30 Minuten erreichen können, ein Drittel der Entscheidung ausmacht.
Die Fragen, ob der Standort für die Menschen gut mit Bus und Bahn zu erreichen ist und auch der Rettungsdienst ihn gut anfahren kann, werden mit jeweils 20 Prozent in die Gesamtbewertung einfließen. Zu 15 Prozent soll die Meinung der rund 2300 Mitarbeitenden einfließen. Mit zehn Prozent ist die Wirtschaftlichkeit angesetzt.
Großklinik: Lob von der Politik für Transparenz
Die Ausschussvorsitzende Heike Beukelmann, der es mit Landrätin Heesch und Klinikchefin Hein gelang, diesen Passus in den Beschlussvorschlag einzubauen, hielt ihn für „präziser formuliert“ als es der SPD Vorschlag war. Sie sagte: „Die CDU begrüßt es außerordentlich, dass die Regio-Kliniken diesen transparenten Weg mit hoher Einbindung der Kreispolitik zur Festlegung des Standortes gesucht haben.“ Auch dass die Geschäftsführung der Regio Kliniken den Beschäftigten ein Mitspracherecht bei der Bewertung der Standortkriterien einräumten, lobte die CDU-Fraktion ausdrücklich.
„Eine der wichtigsten Säulen, auf denen das Projekt Zentralkrankenhaus steht, sind die Mitarbeiter, die Tag und Nacht für die stationäre Gesundheitsversorgung im Einsatz sind“, befand ihr Abgeordneter Andreas Stief, der der interfraktionellen Gruppe angehörte, die mit der Klinikleitung die rund 160 Fragen an die Bewerberstandorte erarbeitet und die Auswahlkriterien priorisiert hat.
Großklinik: Kommunen können sich bis Oktober bewerben
Und so war auch Klinikchefin Hein am Ende froh, mit dem Kreis diese Kuh doch noch in Harmonie vom Eis bekommen zu haben. Sie freue sich, dass die Sitzung des Hauptausschusses „geprägt war von einem konstruktiven, zukunftsorientierten Austausch“. Das habe sie sich von Anfang an gewünscht, als sie im September der Kreispolitik zum ersten Mal offenbarte, dass die beiden Krankenhausstandorte Elmshorn und Pinneberg zu einer neuen Klinik an anderer Stelle zusammengelegt werden sollen. Sie forderte schon da eine große, möglichst einmütige Zustimmung, um „Aufbruchsstimmung“ zu erzielen.
Als nächsten Schritt würden sie und Landrätin Heesch nun kurzfristig alle Kommunen im Kreis auffordern, die in Frage kommenden Grundstücke bis zum 16. Oktober dieses Jahres vorzuschlagen und einzureichen. „Danach folgt ein zweistufiger Bewertungsprozess“, erklärte Hein. So soll im November eine Vorauswahl der geeignetsten Grundstücke getroffen werden, die diese Kommunen dann noch bis Januar 2023 präzisieren und detaillierter beschreiben dürfen.
Aus einer Vielzahl von guten Standorten soll dann am Ende das beste Angebot ausgewählt werden, damit der neue Klinikstandort auch in der Bevölkerung eine größtmögliche Akzeptanz findet. Diese Entscheidung soll dann im Februar, März nächsten Jahres fallen.