Hetlingen/Elmshorn. Anonyme Buddler haben die Ortstafel versetzt. Einige Hetlinger fanden das gut, der Kreis Pinneberg nicht. Die Details.

Warum ist das Ortsschild versetzt? Und wer ist für diesen Schildbürgerstreich verantwortlich? Diese Fragen bewegen derzeit die Hetlinger Bürger – und nicht zuletzt die Kreisverwaltung. Denn das Hetlinger Ortsschild ist praktisch über Nacht um 50 Meter in Richtung Haseldorf versetzt worden.

Das hatten sich zuvor zwar Hetlinger Bürger und Politiker gewünscht. Sie seien für diesen nächtlichen Umzug aber nicht verantwortlich. Zumal die Aktion ohne die Genehmigung des Kreises geschah. Unklar ist also bisher, wer das Schild versetzt hat. Klar ist nur, dass Bürgermeister Michael Rahn (FW) die Verkehrsaufsicht des Kreises nun gebeten hat, „das Schild dort zu lassen“.

Hetlingen: Anwohner hoffen auf weniger Lärm und Raser

Die Vorgeschichte des mysteriösen Schildbürgerstreiches beginnt im Jahr 2017, als die Hetlinger Politiker das neue Baugebiet Potenhoff am Ortsausgang Richtung Haseldorf planen. Dieses Gebiet liegt südlich der Hauptstraße Eckhorst. Auf der anderen, nördlichen Straßenseite befindet sich bereits das Baugebiet Grashofsland. Da es nach Fertigstellung des Neubaugebietes Potenhoff eine geschlossene Bebauung beiderseits der Straße gibt, wollten die Gemeinde-Politiker beim Kreis eine Verlegung des Ortsschildes erreichen. Sie nahmen damit auch das Ansinnen der dortigen Bürger auf, die sich durch einen früheren Ortseingang weniger Raser und Lärm vor der Haustür erhoffen.

Das Team Verkehrslenkung des Fachdienstes Straßenbau und Verkehrssicherheit stimmte dem Ansinnen grundsätzlich zu. Und parallel zur Beendigung der Erschließung des Potenhoff vor drei Jahren wurde das Ortsein- und -ausgangsschild um 50 Meter Richtung Haseldorf versetzt. Das Schild stand hinter der Zufahrtsstraße zum Potenhoff. Das reichte den Hetlingern aber nicht. Sie wollten eine weitere Verlegung um 50 Meter bis an das Ende der Bebauung. Darüber entwickelte sich nach Auskunft des Bürgermeisters ein Dissens mit dem Kreis, wie weit das Schild versetzt werden soll. Der Kreis wollte das Schild, nach dem nur noch Tempo 50 gefahren werden darf, aber nicht mehr verändern. Jetzt wurden andere Tatsachen geschaffen.

Ein Hetlinger Ortsschild wurde schon rechtskonform versetzt

Bürgermeister Rahn verweist auf einen Präzedenzfall auf der anderen Dorfseite, an der Ein- und Ausfahrt Richtung Holm. Dort gibt es auf der westlichen Seite bereits Hausbebauung. Als auf der östlichen Seite ein Neubaugebiet mit Wohnungen und Gewerbe entstand, beantragte Hetlingen beim Kreis eine Verlegung des Ortsschildes. Der Kreis stimmte zu und ließ das Schild sogar bis ans Ende des Neubaugebietes versetzen, dessen Erschließungsstraße nach dem ehemaligen Hetlinger Bürgermeister Klaus Groth benannt ist. Auf der anderen Straßenseite gibt es dort keine Bebauung.

Von mehreren Anträgen beim Kreis in Sachen Ortsausgang Richtung Haseldorf berichtet der Bürgermeister. 2020 wurde der vorerst letzte Antrag gestellt. Es folgten Mailverkehr, Gespräche und ein Ortstermin. Doch die Mitarbeiter der Kreisverwaltung ließen sich von diesem Argument nicht überzeugen. „Es ist für mich nicht ersichtlich, warum auf der einen Seite des Dorfes etwas möglich ist, was auf der anderen Seite des Dorfes nicht sein darf“, urteilt Rahn. Der Kreis hätte seinen Ermessensspielraum nutzen können.

Hetlingen: Anonyme versetzen das Ortsschild auf eigene Faust

Im Sommer dann, der Bürgermeister weilt im Urlaub, erfolgte nun die wundersame Ortsschildversetzung. Nach seiner Rückkehr zeigt sich Rahn „hocherfreut“. Wegen der stabilen Verankerung im Boden schlussfolgert er, dass dies nur behördlicherseits geschehen sein kann. Weiteren Briefverkehr mit dem Kreis gab es bis zu diesem Zeitpunkt nicht. Der folgt aber wenig später. Denn die Gemeinde wird vom Kreis um Stellungnahme gebeten. Und die obersten Verkehrslenker des Kreises machen klar, dass die neue Schildposition ohne ihre Zustimmung gefunden wurde.

Rahn berichtet, dass er Bürger befragt habe – doch niemand will es gewesen sein oder hat Hinweise auf den oder die Ortsschildumsetzer. Und er stellt fest: „Wir als Gemeinde waren es nicht.“ Inzwischen habe ihn der Kreis abermals um eine Stellungnahme gebeten. Derweil berichteten Hetlinger, dass versucht worden ist, das Schild auszugraben, um es an den alten Standort zu versetzen. Doch der Metallpfahl sei ziemlich versetzungsresistent einbetoniert.

Von den Anwohnern hat der Bürgermeister positive Rückmeldungen dazu bekommen. Es gebe weniger Lärm, weniger Raser, berichtet Rahn. Für ihn sei das weitergehende Verrücken des Ortsschildes deswegen „eine berechtigte Forderung“. Und um zusätzliche Argumente zu bekommen, hat die Gemeinde neben dem jetzigen Standort des Ortsschildes ein Tempomessgerät aufgestellt. Denn Autofahrer seien durch die lange Gerade aus Richtung Haseldorf nicht selten mit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs.

Hetlingen: Gemeinde will das Ortsschild um 50 Meter versetzen

Das Ende vom Lied: Ein erster Versuch des Kreises, die Versetzung wieder rückgängig zu machen, scheiterte an der sehr stabilen Verankerung des Schildes im Boden. Ein zweiter Versuch der Umsetzung in der vergangenen Woche war dann erfolgreich. Auf Nachfrage beim Kreis bestätigt Sprecherin Katja Wohlers, dass die Ortstafel am 8. September rückversetzt worden sei. Die in zivilem Ungehorsam geschehene vorhergehende Versetzung der Ortstafel sei zufällig festgestellt worden.

In der Sache erklärt sie: „Um eine Ortstafel zu versetzen, braucht es eine verkehrsrechtliche Anordnung durch die Verkehrsbehörde. Dafür müssen bestimmte rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein.“ Der rechtmäßige Standort des Ortsschildes sei im Februar 2020 mit einer solchen Anordnung festgeschrieben worden. Da sich seitdem kein neuer Sachstand ergeben habe, gebe es auch „keinen Anlass zu einer Prüfung.“

Das Schild steht nun also wieder 50 Meter weiter in Richtung Hetlingen. Bei einem Ortstermin musste der Bürgermeister allerdings feststellen, dass das Ortsschild dort „bedenklich wackelt“.