Barmstedt. In Barmstedt bietet Jens Herrndorff sein privates E-Fahrzeug „PI-TT“ als Carsharing-Projekt an. Eine Idee, die Schule machen soll.
In Barmstedt ist am Wochenende das erste Bürgerauto-Projekt im Kreis Pinneberg an den Start gegangen. Der Barmsteter Jens Herrndorff, Manager der Band Fettes Brot und bis Ende Juni Kreisvorsitzender der Grünen, stellt jetzt sein Elektrofahrzeug der Allgemeinheit zur Verfügung.
Für eine monatliche Pauschale von fünf Euro und einen Stundensatz von ebenfalls fünf Euro kann jeder Mann und jede Frau nun das Elektromobil für eigene private Fahrten ausleihen. Es steht direkt am Rathaus, wo es auf dem Parkplatz der Stadtwerke auch wieder mit Strom aufgeladen wird. Finanziert wird das Projekt von mehreren Sponsoren.
Manager von Fettes Brot stellt sein Auto zur Verfügung
„Ein Fahrzeug steht zu 95 Prozent nur herum“, sagt Herrndorff, der schon länger mit dieser Idee schwanger gegangen ist, sein Elektrofahrzeug auch anderen Menschen in Barmstedt zur Verfügung zu stellen. „Dieses Carsharing-Projekt ist die kostengünstige, klimaschonende und soziale Alternative zum eigenen Pkw oder zum Zweitwagen“, sagt er.
Der Manager von Fettes Brot ist davon überzeugt, dass solche Bürgerauto-Projekte in nächster Zeit überall Schule machen werden. In Barmstedt hat er jedenfalls die Verwaltung, die Kommunalpolitik und einige Sponsoren von der Sinnhaftigkeit schnell überzeugen können. Sie alle unterstützen das Projekt.
E-Auto von Fettes-Brot-Manager steht am Rathaus
Allen voran Bürgermeisterin Heike Döpke. „Das ist eine tolle Idee. Ich bin von Anfang an begeistert von diesem Projekt“, sagt die Verwaltungschefin, die selbst das E-Auto für private Zwecke nutzen möchte, wie sie berichtet. „Ich teile mir mein Auto mit meinem Mann und habe deshalb nicht immer ein Fahrzeug hier in Barmstedt zur Verfügung“ sagt sie, weil ihr Mann in der Nähe von Hannover lebt. „Und es ist so praktisch. Es steht ja direkt am Rathaus“, freut sich Heike Döpke.
Wer das öffentliche E-Mobil ausleihen möchte, muss sich einmal im Kundenzentrum der Stadtwerke am Rathaus registrieren lassen und seinen Führerschein und Personalausweis vorlegen, erklärt Initiator Herrndorff das System. Den Nutzungsvertrag dafür kann auch im Internet heruntergeladen werden. Name, Adresse, E-Mail und ein paar weitere persönliche Angaben sind erforderlich.
Anschließend ist eine App (MOQO) auf das Smartphone herunterzuladen, über die das E-Fahrzeug mobil für den gewünschten Zeitraum der Nutzung reserviert werden kann. Die Gebühren von fünf Euro die Stunde mit 100 Frei-Kilometern und der Monatsbeitrag werden anschließend über das Girokonto oder eine Kreditkarte abgebucht.
Fettes-Brot-Manager muss eigenes Auto auch über App buchen
„In Barmstedt gibt es bislang keine Möglichkeit, E-Fahrzeuge auszuleihen“, sagt Initiator Herrndorff. Sein Carsharing-Modell ist auch eine Art Ersatz für das Dörpsmobil, das auf Wunsch Fahrten im ländlichen Raum organisiert, sich aber in Barmstedt trotz eines Angebots nicht realisieren ließ. „Es ist ideal für Leute, die mal schnell was besorgen müssen, außerhalb Barmstedts einkaufen oder zum Arzt nach Elmshorn fahren wollen“, glaubt Jens Herrndorff an einige rosige Zukunft für sein Bürgerauto.
Bei der Premiere und der ersten öffentlichen Vorstellung auf dem Barmstedter Marktplatz am Sonnabend bekundete ein erstes Dutzend Barmstedter Bürgerinnen und Bürger, das öffentliche E-Auto für ihre Zwecke nutzen zu wollen. „Wenn es 50 Menschen regelmäßig nutzen würden, wäre das für mich ein großer Erfolg. Auch mit zehn bis 20 Nutzern wäre ich schon zufrieden“, sagt Herrndorff, der sein ehemaliges Fahrzeug nun wie alle anderen auch über die App buchen muss.
Fettes-Brot-Manager: TT steht für teilen und Transformation
Einen Arbeitstitel hat das Barmstedter Bürgerauto ebenfalls. So hatte Herrndorff, als er vor drei Jahren den Renault Zoe mit Elektromotor von 2017 in zweiter Hand kaufte, bereits die Idee, es als Carsharing mit anderen teilen zu wollen. Darum suchte er dafür bereits das Kennzeichen PI – TT aus. „Das erste T steht für teilen, denn PI-TT ist ein Auto für viele, das gemeinsam genutzt werden kann“, erklärt Herrndorff die Idee dahinter.
Und das zweite T stehe für „Transformation“, das den sozialen und ökologischen Wandel des Autofahrens darstellen soll. Statt allein ein Privatfahrzeug zu halten, teilt sich hier eine Gruppe ein Fahrzeug, das praktisch allen zur Verfügung steht, sofern es frei ist. „Vielleicht wird PI-TT ja mal so bekannt wie Kuddl Barmstedt“, sagt Herrndorff in Anlehnung an die frühere AKN-Bahn.
Stadtwerke warten, säubern und laden das neue Bürgerauto für Barmstedt
Für die Wartung des E-Mobils, das jetzt 54.000 Kilometer gelaufen ist und eine Reichweite von bis zu 300 Kilometern hat, sorgen die Stadtwerke. Auch die Aufladung mit Strom sowie das Sauberhalten werden vom Unternehmen übernommen, wie Werkleiter Mathias Stolten erklärt. Das Aufladen mit 11 KW dauere je nach Akku-Stand ein bis vier Stunden.
„Das ist eine zukunftsfähige Initiative, die wir gerne unterstützen“, sagt Stolten. Die VR Bank in Holstein trage die Leihgebühr von 1200 Euro im Jahr für die Autobatterie, erklärt Mark Hauschildt. Und die Itzehoer Versicherung beteilige sich an den Betriebskosten, sagt Frank Wagner.
Nach den Rikschafahrten, die der Malteser-Hilfsdienst jetzt weniger mobilen, älteren Menschen in Barmstedt kostenlos anbietet, ist das Carsharing-Modell PI-TT nun schon das zweite, innovative Projekt in Barmstedt, das die Mobilitätswende mit konkreten Angeboten einläuten soll.