Uetersen. 120 Bundeswehr-Rekruten der Unteroffizierschule in Appen schwören in Uetersen den Diensteid. Das Ansehen hat sich geändert.
Mit einer militärischen Parade auf dem Marktplatz hat die Stadt Uetersen ihre Verbundenheit mit der Unteroffizierschule der Luftwaffe in Appen bekräftigt. 120 Rekrutinnen und Rekruten schworen dort als angehende Berufs- oder Zeitsoldaten ihren Diensteid oder gelobten als freiwillige Wehrdienstleistende, „das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen“.
Bundeswehr-Rekruten werden in Uetersen vereidigt
Etwa 500 Zuschauer verfolgten das feierliche Zeremoniell im gebührenden Abstand hinter Flatterband. 26 Jahre nachdem die Stadt Uetersen und die Unteroffizierschule eine offizielle Patenschaft eingegangen sind, sollte diese öffentliche Vereidigung beziehungsweise dieses Gelöbnis in aller Öffentlichkeit „unsere Partnerschaft beleben“, sagte Uetersens Bürgermeister Dirk Woschei.
In seiner Ansprache wandte sich der Verwaltungschef direkt an die Rekrutinnen und Rekruten. Dieser Appell außerhalb der Kaserne „hier mitten in Uetersen“ bringe zum Ausdruck, „dass Sie als Soldatinnen und Soldaten Teil der Gesellschaft sind, dass Sie unsere Soldatinnen und Soldaten sind.“ Die Wehrdienstleistenden bekannten sich zur Bundeswehr in einer äußerst herausfordernden Zeit, „in einer Zeit, in der in Europa Krieg herrscht“, ging Woschei auf den Angriffskrieg Russlands in der Ukraine ein.
Uetersener Bürgermeister dankt für „Mut und Verantwortungsbewusstsein“
„Sie stehen für die Wahrung der Menschenrechte und der freiheitlich demokratischen Grundordnung mit Ihrem Leib und Leben ein“, sagte Woschei und bedankte sich, „für Ihren Mut, Ihr Verantwortungsbewusstsein und Ihre Überzeugung, unserem Land künftig treu dienen zu wollen.“
Nach der Abschaffung der Wehrpflicht vor elf Jahren sei die Bundeswehr „kaputtgespart“ worden, so Woschei. Darum sei es gut und richtig, dass die Bundesregierung nun eine „Zeitenwende in der Außen- und Sicherheitspolitik“ einläute, indem sie ein 100 Milliarden Programm zur Modernisierung der Bundeswehr auflege. Woschei wünsche sich, „dass der Dialog zwischen der zivilen Bevölkerung und der Bundeswehr verstärkt wird.“
Uetersen: Nach 2015 war es das erste öffentliche Gelöbnis
Oberstleutnant Michael Strauch bedankte sich bei den Stadtvätern und –müttern in Uetersen, dass sie nach 2015 erneut ein feierliche Gelöbnis auf dem Marktplatz ermöglichten. „Mit diesem Event unterstreichen wir die Partnerschaft durch Patenschaft der Unteroffizierschule der Luftwaffe mit der Stadt Uetersen, die nun schon seit 26 Jahren besteht.“
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Diese Patenschaft hatten im Juni 1996 der damalige Bürgermeister Karl Gustav Tewes und der damalige Kommandeur der Unteroffizierschule, General Günther Rudolf Kimmel, geschlossen, „mit dem Ziel, die vielschichtigen Verflechtungen und Beziehungen des Schulstandorts und der dort stationierten Soldaten zur Bevölkerung der Stadt Uetersen zu erhalten und zu fördern“. Letztlich aber werde „die menschliche Begegnung über das Aufleben und die Ausgestaltung der Patenschaft“ entscheiden, war sich General Kimmel als Initiator seinerzeit bewusst.
Bundeswehr: Ukraine-Krieg regt viele zum Umdenken an
Der Fliegersoldat Christopher Homeier, einer der 120 in Uetersen vereidigten Rekruten der Unteroffizierschule, sprach von der besonderen Kameradschaft, die er seit Juli als Wehrdienstleistender erfahre. Diese Kameradschaft in seinem „neuen Lebensabschnitt“ bedeute, „sich jederzeit und überall blind auf seine Kameradinnen und Kameraden verlassen zu können“, ob „im Dienstalltag oder schlussendlich auch im Gefecht“, sagte Homeier. „82 Millionen Menschen in Deutschland wachen morgens in Freiheit auf, aber nur 0,23 Prozent davon verteidigen sie.“
Unter den Zuschauern wurde das militärische Zeremoniell weitgehend mit Zustimmung begleitet. „Das ist gut und richtig und gehört dazu“, sagte zum Beispiel Peter Meyer aus Uetersen. „Sich auf andere zu verlassen, funktioniert nur solange man es mit Menschen zu tun hat, die nicht kriegerisch sind.“ Und der 32 Jahre junge Kevin Brede, der in Uetersen geboren und aufgewachsen ist, sagte: „Vor drei Jahren hätte ich es noch für unpassend empfunden. Meine Generation der 90er-Jahre hatte bislang keine Berührungspunkte mit Krieg. Die aktuelle Situation hat da zu einem Umdenken geführt.“
Bundeswehr: Es gab auch kritische Töne unter den Zuschauern
Karin Jockel aus Elmshorn, die eher zufällig das Spektakel verfolgte, weil sie ihre Tochter in Uetersen besuchte, sagte: „Ich bin da sehr indifferent.“ Einerseits freue sie sich, „dass mein Sohn da nicht steht“, sagte die Mutter, die es überraschte, dass eine ganze Reihe von Frauen unter den Bundeswehrangehörigen waren. „Aber wenn sich diese Menschen freiwillig dazu entschlossen haben, das zu tun, sollten sie auch den Respekt dafür erhalten“, sagte sie, fügte aber auch nachdenklich hinzu: „Hoffentlich werden sie nicht verheizt.“