Appen. Zur feierlichen Umbenennung eines Lehrgebäudes der Kaserne im Kreis Pinneberg kam erstmals auch eine israelische Einheit.

Die Unteroffizierschule Luftwaffe in Appen geht ihren Weg konsequent weiter – und ehrt verdiente Persönlichkeiten auf ihrem Gelände. Erst im vorigen Jahr ist die 1936 errichtete Kaserne, die 1975 nach dem Weltkriegspiloten Hans-Jürgen Marseille benannt worden war, in Jürgen-Schumann-Kaserne umbenannt worden. Damit würdigt sie den von Terroristen in Aden im Südjemen ermordeten Piloten der 1977 entführten „Landshut“-Maschine der Lufthansa. „Hauptmann Jürgen Schumann ist einer von uns und Vorbild für die Luftwaffe“, sagte Generalleutnant Ingo Gerhartz. Am Dienstagnachmittag nun eilte der Luftwaffeninspekteur erneut in den Kreis Pinneberg, um das Lehrsaalgebäude der Unteroffizierschule zum „Feldwebel-Laabs-Zentrum“ zu taufen.

Damit ehrt die Bundeswehr Karl Laabs, der als Kreisbaurat in Oberschlesien in geradezu heldenhafter Weise mehr als 100 polnische Juden vor dem sicheren Tod bewahrt hatte. Laabs, der schon im ersten Weltkrieg mehrfach verwundet wurde, kaufte sich nach seiner Versetzung nach Schlesien ein Gelände in Krenau, dem heutigen Chrzanów, um dort Landwirtschaft zu betreiben. Der Hof lag direkt an der Bahnstrecke zum Vernichtungslager Auschwitz. Der sich zum Widerstand gegen das verbrecherische NS-Regime bekennende Laabs gewährte auf seinem Hof verfolgten Juden Unterschlupf, versorgte sie, ließ sie zur Tarnung bei sich arbeiten.

Laabs: Laut, unerschrocken, sichtbar

„Karl Laabs besonderer Mut bestand darin, dass er auch laut, unerschrocken und sichtbar das Leben der Verfolgten rettete – durch kühne Maskerade und die besondere Kenntnis, wie die Täter getäuscht werden können“, würdigte Generalleutnant Gerhartz die „uneigennützige Zivilcourage“ gegen die NS-Diktatur. „Der landwirtschaftliche Betrieb war nur Fassade. Karl Laabs bot jüdischen Flüchtlingen Zuflucht, verpflegte und versorgte sie.“

Sein Husarenstück war im Februar 1943 die „waghalsige Rettungsaktion“ von 100 polnischen Juden. In der Uniform eines Luftwaffen-Feldwebels ließ Laabs sie mit einem scharfen Wachhund angeblich ins nahe gelegene KZ Auschwitz marschieren. Doch er brachte sie auf sein Anwesen und ließ sie von dort mit zwei von ihm bestochenen Lkw-Fahrern ins damals sichere Tschechien bringen. Dabei täuschte er aufmerksam gewordene Polizisten, die er mit dem Satz abfertigte: „Ich habe keine Zeit, mit Ihnen rumzuquatschen.“

1972 wurde Laabs, der 1979 mit 83 Jahren starb, mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. 1980 wurde er postum von der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem als einer der ersten Deutschen mit den Titel „Gerechter unter den Völkern“ ausgezeichnet. Bei der Verleihung des Verdienstkreuzes sagte er: „Ich betrachte diese Ehrung als Würdigung derer, denen ich nicht mehr helfen konnte.“

Lehrgebäude heißt jetzt Feldwebel Laabs-Zentrum

In Appen wurde nun die Gedenktafel „Feldwebel Laabs-Zentrum“ und eine Erinnerungstafel direkt vor dem Hörsaalgebäude feierlich enthüllt. Der Hörsaal, in dem jedes Jahr bis zu 7000 Feldwebel und Unteroffiziere der Luftwaffe ausgebildet werden, trug bisher keinen Namen. Offiziell hieß er nur „Gebäude 28“ oder auch „Flieger“, weil der 1997 errichtete Saal mit seiner Aluminiumhülle die Form eines Flugzeugs hat. „Karl Laabs ist der ideale Namensgeber für den zentralen Ort unserer Ausbildung“, sagte Stabsfeldwebel Rainer Lichtsinn, der bei seiner Rede mit den Tränen kämpfen musste, als er von seinem Besuch in der Holocaust-Gedenkstätte sprach.

Frank Laabs ist Sohn des Geehrten Karl Laabs.
Frank Laabs ist Sohn des Geehrten Karl Laabs. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Die Jürgen-Schumann-Kaserne ist die erste Einrichtung der Bundeswehr, die des entschiedenen und mutigen NS-Widerstandskämpfers Karl Laabs gedenkt. „Wir sind stolz, mit der Benennung unseres Lehrsaalgebäudes an Karl Laabs zu erinnern“, sagte Generalleutnant Gerhartz.

Unter den etwa 100 Gästen der Zeremonie war mit Frank Laabs einer der noch lebenden Söhne von Karl Laabs. „Diese Ehrung ist sehr wichtig gerade für die militärische erzieherische Ausbildung der Bundeswehr“, sagte der 85 Jahre alte Mann. Stolz und ergriffen sei er, dass seines Vaters auf diese Weise gedacht wird. Damit werde an die schweren Verbrechen der Nazi-Diktatur erinnert, diese Mahnung an die kommenden Generationen der Bundeswehrsoldaten weitergegeben. Auch dass die Ehrung jetzt von deutschen und israelischen Fahnen zugleich umgeben war, empfand Laabs als ein starkes Symbol für die Völkerverständigung.

So hatte die Unteroffizierschule zu dem Festakt zum ersten Mal seit ihrem Bestehen eine Einheit der israelischen Luftwaffe eingeladen, erklärte Oberst Thomas Berger. Dieser Austausch solle künftig intensiviert und ausgebaut werden. Der Festakt wurde darum auch in deutscher, englischer und zum Teil hebräischer Sprache abgehalten. So sagte die Unteroffizierin, Master Sergeant Nitzan Ben Zivi, auf Englisch und Hebräisch, dass jetzt eine neue Generation heranwachse, die auf „Freiheit und Gleichheit für alle“ setze. Die junge Soldatin forderte symbolisch, die Instrumente des Krieges zu Werkzeugen der Landwirtschaft, also Schwerter zu Pflugscharen, werden zu lassen. Als Sinnbild der Freundschaft wurde zudem vor dem „Feldwebel-Laabs-Zentrum“ ein roter Spitzahorn gepflanzt.

Uetersens Bürgermeister Dirk Woschei freute sich, dass im Jubiläumsjahr des 25-jährigen Bestehens der Partnerschaft zwischen Uetersen und der Unteroffizierschule diese beiden wichtigen Namensgebungen realisiert wurden. „Es ist gut, dass herausragende Persönlichkeiten wie Jürgen Schumann und Karl Laabs jetzt zum modernen Verständnis der Bundeswehr beitragen können“, sagte Woschei.