Quickborn. Verwaltung und Politik wollen stadtbildprägende Gebäude im Zentrum unter Schutz stellen. Das sagen die Anwohner.
Die Gerüchteküche brodelt zurzeit mächtig in Quickborn, seit die Stadt Bestandsschutz für stadtbildprägende Gebäude im Zentrum der Kieler Straße schaffen will. Die Verwaltung hat dazu jetzt erste Pläne vorgestellt, die vorsehen, dass zwischen der Bahnhofstraße und dem Harksheider Weg 16 der 27 dort stehenden Häuser mit einem Bebauungsplan mit baugestalterischen Festsetzungen oder gar mit einer Erhaltungssatzung vor dem Abriss und einem Fassadenumbau geschützt werden sollen.
Kieler Straße: Quickborn will Häuserfassaden schützen
Die Verwaltung soll jetzt die „Möglichkeiten und Rahmenbedingungen für die Ausweisung eines Sanierungsgebiets im zentralen Bereich des Gebietes Kieler Straße“ prüfen, lautet der Auftrag. „Dort fehlt es zurzeit an einem gültigen Bebauungsplan“, sagt Fachbereichsleiter Felix Thermann.
Das hat betroffene Eigentümer wie Horst Rathsack alarmiert, die nun erhebliche Auflagen und Kosten für sich fürchten, die mit dieser Planung einhergehen könnten. „Wir sind ja grundsätzlich für den Erhalt der Fassaden unserer Gebäude. Wir pflegen sie ja selbst“, sagt Rathsack, der sein ganzes Leben schon in dem Wohn- und Geschäftshaus von 1910 an der Bundesstraße 4 wohnt, in das seine Großeltern einst eingezogen waren. „Aber dieser Zwang ist nicht in Ordnung.“
Sein Nachbar Thomas Hinrichsen (83) fürchtet, dass die Auflagen und Folgekosten dieser geplanten Erhaltungssatzung, die das Zentrum der Kieler Straße zum Sanierungsgebiet erklären würde, alle Rücklagen für den Ruhestand der Familie aufbrauchen könnten. „Man spart ja für das Alter an und nicht gerade dafür“, sagt Ehefrau Brigitte Hinrichsen. Ihr Mann lebt schon seit 75 Jahren in dem Haus seiner Eltern, das er heute mit seiner Frau, den Söhnen Sven und Thomas sowie zwei Enkelkindern bewohnt.
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Grundstückseigentümer sind sauer
Unfair finden die betroffenen Grundstückseigentümer auch, dass sie bislang von diesem Vorhaben nicht von der Verwaltung informiert worden seien. Nur ein weiterer Nachbar sei bei der Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt der Quickborner Ratsversammlung Mitte November dabei gewesen, während der das entschieden wurde. Mit „breiter Mehrheit“ sei die Verwaltung dort von der Politik – bis auf die FDP - „beauftragt worden, die vorgestellte Sanierungssatzung für den Bereich der Kieler Straße zwischen Harksheider Weg und Ellerauer Straße auszuarbeiten“, fasst Rolf Pommerening die Diskussion zusammen.
Auch der frühere CDU-Ratsherr Ulf Hermanns-von der Heide äußerte sich da als Zuhörer sehr kritisch. „Ich finde es nicht gut, dass hier die Freiheitsrechte der Grundstückseigentümer eingeschränkt werden sollen und ihnen vorgeschrieben werden soll, was sie mit ihren Immobilien machen“, sagt der ehemalige Kommunalpolitiker.
„Wahnsinnskosten für die Anlieger“
„Da werden Wahnsinnskosten auf die betroffenen Anlieger zukommen“, prophezeit Hermanns-von der Heide. Dabei liege das gesamte Gebiet über einem sensiblen Salzstock, der durchaus wieder zu Erdfällen und Absackungen führen könnte, wie sich vor etwa 15 Jahren in der Marienhöhe gezeigt hatte. „Die Zukunft für diese uralten Gebäude sieht meines Erachtens düster aus.“
Hintergrund dieser stadtplanerischen Überlegungen für die Innenstadt sei die städtebauliche Studie, die im vorigen Jahr Vorschläge zur Belebung, Verkehrsberuhigung und zum Erhalt wichtiger Gebäude gemacht hat, erklärt Fachbereichsleiter Thermann. Es sei aber noch nichts endgültig beschlossen. Die Politik solle im ersten Vierteljahr nächsten Jahres entscheiden, ob und wie sie gedenkt, die Fassaden der stadtbildprägenden Gebäude zu erhalten.
Kieler Straße: Anbauten sollen weiterhin möglich sein
Wenn sie dies mit einem B-Plan und einer Erhaltungsgebotssatzung machte, wie vorgeschlagen, dürften die Fassaden der Gebäude nicht mehr verändert und diese auch nicht abgerissen werden. Anbauten seien aber durchaus noch möglich, erklärt Thermann. Nur der Charakter der Häuser müsse erhalten bleiben. Mit zusätzlichen Kosten sei das für die Anwohner nicht verbunden. Sie könnten allerdings für aufwendige Umgestaltungen einen steuerlichen Ausgleich geltend machen, sagt Thermann. Und die Stadt könnte versuchen, Städtebauförderungsmittel zu beantragen.
„Es geht nicht darum, die Eigentümer zusätzlich zu belasten“, betont Thermann. Ein Abschöpfen von möglichen Wertsteigerungen der schützenswerten Immobilien komme hier nicht infrage, da es sich ja nicht um ein neu zu ordnendes Sanierungsgebiet handele, sagt er. Ins Grundbuch würden diese Auflagen auch nicht eingetragen.
Dem ehemaligen Flugzeugbauer Thomas Hinrichsen muss ohnehin niemand etwas von Fassadenerhaltung erzählen. Schon vor Jahrzehnten habe er selbst den Stuck am Erdgeschoss der Außenfassade seines Hauses erneuert, als dieser abgängig war, berichtet der Eigentümer. „Was die Eltern einmal aufgebaut haben, kann man doch nicht verschleudern.“