Helgoland. Im Winter wird die Düne zur Wiege der Kegelrobben. Drei Geburten wurden schon gezählt, mehrere Hundert werden erwartet.

Die Kegelrobbe räkelt sich am Strand der Helgoländer Düne in der Sonne. Ab und zu streckt das erwachsene Tier seine Schwanzflosse in die Höhe. Dicht daneben liegt ein weißes Robbenbaby. Die Nabelschnur ist noch deutlich zu sehen. Es ist eines von den bislang drei ersten Jungtieren dieser Wurfsaison auf Helgoland. Mehrere Hundert Jungtiere werden noch erwartet.

„Die drei Kegelrobbenbabys liegen am Strand und werden regelmäßig gesäugt“, sagt Rebecca Ballstaedt, Stationsleiterin Helgoland des Vereins Jordsand, der mit dem Naturschutzbeauftragten der Gemeinde Helgoland den unter Naturschutz stehenden Kegelrobbenbestand betreut.

Die Wurfsaison habe wie erwartet vor ein paar Tagen begonnen. Seit der ersten Kegelrobbengeburt im Winter 1996/97 stieg die Geburtenzahl jährlich. So waren es im vergangenen Winter 2019/20 genau 531 Geburten.

Robben im Wattenmeer: Bestand erholt sich seit 1970er Jahren

Dass es der Robbenpopulation gut geht, war nicht immer so. Vor 100 Jahren war die Tierart im gesamten Wattenmeer fast ausgerottet, weil sie intensiv gejagt wurde. Erst nach dem Jagdverbot in den 1970er-Jahren erholte sich der Bestand langsam und breitete sich von Großbritannien her aus. Vor 14 Jahren wurde dann wieder das erste Kegelrobbenbaby auf Helgolands Düne geboren. Im gesamten Wattenmeer wurden 2019 insgesamt 6538 Kegelrobben gezählt.

Im Winter paaren sich die Kegelrobben (Halichoerus grypus) auf Helgolands Düne.
Im Winter paaren sich die Kegelrobben (Halichoerus grypus) auf Helgolands Düne. © picture alliance / Zoonar | Jeannette Rudloff

Ballstaedt und ihre Kollegen wachen über den Bestand, insbesondere über die Neuzugänge. „In den ersten Lebenswochen sind die Kegelrobbenjungen besonders anfällig“, sagt die Schutzbeauftragte. Die Jungtiere haben bei der Geburt ein weißes „Babyfell“, das Lanugofell („Wollfell“) und müssen an hochwassergeschützten Strandabschnitten liegen.

Dieses Fell ist nicht komplett wasserdicht, es saugt sich mit Wasser voll und erschwert den Tieren das Schwimmen im Wasser. „Werden die Tiere gestört, kann die Verbindung zwischen Mutter und Jungtier abreißen“, sagt Ballstaedt.

Spaziergänger müssen 30 Meter Abstand halten

Eine Flucht ins Wasser würden die Jungen nur kurz überleben. Eine zentimeterdicke Speckschicht, die ältere Tiere bei ihren Beutezügen in der kalten See warm hält, müssen sich die Neugeborenen erst noch anfuttern. Dank der sehr fetthaltigen Milch nehmen die kleinen Robben täglich anderthalb bis zwei Kilogramm zu. Nach etwa vier Wochen sind sie entwöhnt und auf sich allein gestellt.

Darum müssen Spaziergänger auf der nur 0,7 Quadratkilometer großen Düne mindestens 30 Meter Abstand einhalten. Und auch wenn die ­Tiere mit ihren runden Kulleraugen niedlich und harmlos aussehen – es sind Raubtiere, die beißen und kratzen können.

„Die meisten Gäste verhalten sich sehr verantwortungsvoll, doch es kommt hin und wieder vor, dass jemand versehentlich oder auch absichtlich, um vielleicht ein besseres Foto schießen zu können, den Tieren zu nahe kommt.“ Zum Glück seien das aber Ausnahmen.

Die Hochseeinsel Helgoland: Am linken Bildrand ist die Düne zu sehen, der Lebensraum der Kegelrobben.
Die Hochseeinsel Helgoland: Am linken Bildrand ist die Düne zu sehen, der Lebensraum der Kegelrobben. © dpa | Marcus Brandt

Trotzdem wurden 2019 erstmalig Strandabschnitte der Düne gesperrt, um den Robben genügend Rückzugsräume zu schaffen. In diesem Jahr sind Corona-bedingt weniger Menschen auf der Nordseeinsel. Aktuell sind zunächst bis Ende November keine touristischen Reisen nach Helgoland mehr erlaubt. Was schade für die Urlauber ist, hat für den Schutz der Robben klare Vorteile, denn sie bleiben ungestört.

Winter ist die Paarungszeit der Wildtiere

„Wir haben in den vergangenen zwei Jahren bemerkt, dass die Tier scheuer werden, da sie weniger an Menschen gewöhnt sind“, sagt die Naturschützerin. Im Grunde sei das ein gutes Zeichen, weil es ein natürliches Verhalten sei.

Der Winter ist auch die Paarungszeit der Wildtiere auf der Helgoländer Düne. Trotz der Corona-Pandemie laufen die Vorbereitungen, um in den kommenden Wochen auch Gästen die Möglichkeit zu geben, an diesem faszinierenden Naturschauspiel teilzuhaben.

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Neben dem Panoramarundweg soll es in diesem Winter einen „Wintererlebnispfad“ mit besonderen Aussichtspunkten geben. Am Dünenanleger informieren der Verein Jordsand und die Gemeinde über aktuelle Besonderheiten.

Robben vom Panoramaweg aus beobachten

Besucher haben auf Führungen, Hinweistafeln und im Showroom am Dünenfähranleger die Möglichkeit, sich detailliert über die Lebensweise der Kegelrobben zu informieren. Zudem hält die Kurverwaltung Helgoland einen kostenlosen Flugzettel mit Tipps und Verhaltensregeln bereit.

Besonders bei Hochwasser kann der Nordstrand sehr schmal und schwer zugänglich sein und sollte aus Gründen der eigenen Sicherheit sowie Rücksicht auf die Tiere gemieden werden. Neugierige Blicke auf die Helgoländer Kinderstube vom eigens zu diesem Zweck gebauten Panoramaweg (Bohlenweg) sind jedoch grundsätzlich auch dieses Jahr möglich. Die Naturschutzwarte beantworten gerne die Fragen von Gästen und Insulanern.

Fragen rund um die aktuelle Corona-Situation auf Helgoland sind per Mail an die Adresse corona@helgoland.de möglich. Die Gemeinde hat auch eine Corona-Hotline eingerichtet. Sie ist unter der Nummer 04725/80 81 23 montags-freitags von 9 bis 12 Uhr erreichbar.