Pinneberg. Hans-Joachim Lustig, Leiter des Uetersener Ensembles, freut sich sehr – „es war kein einfaches Jahr“.
An 75 jugendliche Sänger aus Uetersen und einen ganz besonders verdienstvollen Mann an deren Spitze geht der diesjährige Drosteipreis: Hans-Joachim Lustig (60) leitet seit mehr als 20 Jahren die Chorknaben Uetersen – und das, obwohl er inzwischen in Potsdam lebt und jede Woche pendeln muss. Das tut der Vater dreier Töchter von Herzen gern. Weil er ein leidenschaftlicher Musiker ist und diese Arbeit mit jungen Menschen liebt. Dotiert ist der Drosteipreis mit 5000 Euro, die dem durch Corona gebeutelten Chor zugute kommen sollen. Der Jugendförderpreis (2500 Euro) wird an die junge Schauspielerin, Regisseurin und Produzentin Pia Koch (31) verliehen, die zur Pressekonferenz am Dienstag nicht kommen konnte.
„Es erfüllt mich mit Stolz, dass wir dieses Jahr einen so weit gereisten Preisträger haben. Ich bin beglückt, dass wir Sie ehren dürfen“, sagte die Kreiskulturausschussvorsitzende Kerstin Seyfert (CDU) bei der Vorstellung der Preisträger zu Hans-Joachim Lustig.
Letzte Probe war am 11. März
Dass die Chorknaben ausgerechnet im Corona-Jahr den Preis bekommen, freut ihn besonders, denn „es war kein einfaches Jahr. Am 11. März war unsere letzte Probe. Die Gemeinschaft aufrechtzuerhalten ist für einen Chor essenziell, das ging aber nur noch über Video.“ Trotz der Widrigkeiten seien fast alle am Ball geblieben: „Die Chorfamilie steht, da scheint was gut gelaufen zu sein“, sagt Lustig dazu, der selbst früher als Junge viele Jahre dort gesungen hat.
Für die Proben haben die 75 jungen Sänger eine Zwischenlösung gefunden, nachdem schon die überdachte Tribüne eines Fußballfeldes hergehalten hat: In zwei Schichten proben sie jetzt in einem Parkhaus, wo sie nicht nass werden können. „Da war die Stadt sehr kooperativ“, so Lustig, „und da können wir auch die vier Meter Abstand einhalten. Alles ist besser als nichts, ist unser Motto.“
Preisverleihung erst im Frühjahr 2021
Die festliche Preisübergabe soll ausnahmsweise nicht wie sonst im November stattfinden, sondern erst im Frühjahr, wenn hoffentlich alle Chorknaben wieder zusammenkommen dürfen, um eine Kostprobe ihres Könnens aus ihrem breit gestreuten Repertoire zu geben.
Was Lustig da aufgebaut hat, ist beeindruckend, und dass fast alle dabei geblieben sind, nur ein weiterer Beweis für seine gute Arbeit und eine gewachsene Gemeinschaft, die wie Pech und Schwefel zusammenhält. Jungs mit dem Singen im Chor die Gelegenheit zu geben, die eher sensiblen eigenen Anteile auszuleben und trotzdem hinterher Fußball zu spielen – das macht ihn froh. Denn „offensichtlich haben die einen Sensus für Leises und Ruhiges. Und als wir eine Weile lang Pop gesungen haben, sind die zu mir gekommen und haben gesagt: Jetzt wollen wir aber wieder mal einen Mendelssohn singen!“
Musikalisch hat Lustig die Bandbreite extrem erweitert, lebende Komponisten zu Projekten eingeladen, sodass „eine ganz andere Art der Identifikation möglich war“. Nicht unerheblich ist auch das Miteinander von Groß und Klein, wo alle gemeinsam Verantwortung übernehmen. Jonathan Remstedt, der viele Jahre im Chor gesungen hat und mittlerweile Erster Vorstandsvorsitzender ist, beschreibt das so: „Man hat von klein auf einen großen Bruder. Und man traut sich, vor Leuten zu stehen und was zu sagen. Der Chor ist wie eine große Familie.“ Die Anregungen für die Auszeichnung kommen aus der Bevölkerung. Katrin Pommerinck, die die Jungs als Chormutter betreut, hatte die Chorknaben vorgeschlagen: „Der Chor gibt den Jungs Aufgaben und Halt. Sie tun das gern. Auch wenn das viel ist“, sagt sie.
Jugendförderpreis-Trägerin produziert Kurzfilme
Lustig geht es vor allem darum, den Kindern und Jugendlichen „auf ’ne entspannte Art was zu vermitteln, sodass was dabei herauskommt.“ Was, das lässt sich auf deren Website nachlesen.
Die junge Frau, die den Jugendförderpreis erhält, war nicht anwesend. „Es ist eine große Ehre für mich und ermutigt mich, genau diesen Weg weiter zu gehen. Ich bedanke mich von Herzen bei der Jury“: Dieses Grußwort von Pia Koch verlas die Drostei-Chefin Stefanie Fricke. Die Schauspielerin hat an der Johann-Comenius-Schule ihr Abitur gemacht und hat sogar mit einer Jugendfreundin in Pinneberg eine Produktionsfirma gegründet, denn sie produziert Kurzfilme.
„So ein Preis ist ein gutes Signal, dass man als Kulturschaffender ein Stück weit von der Gesellschaft getragen wird“, sagt Fricke und hebt hervor, dass Koch eben nicht den bequemen Weg gegangen sei, die begonnene Fernsehkarriere fortzusetzen, sondern dass sie weiter Theater spielt (festes Engagement am Stadttheater Naumburg) und ihre Filmprojekte verfolgt.