Ellerbek/Itzehoe. Kreis Pinneberg: Als er in Ellerbek ein Au-pair-Mädchen überfiel, biss die Frau zu. Dann begann ein Versteckspiel mit der Polizei.

Ein anonymer Hinweis aus dem UKE brachte die Kripo auf die Spur von Omar K. Der sitzt am Dienstag kerzengerade auf der Anklagebank des Schöffengerichts Itzehoe. Dort muss sich der 34-Jährige wegen sexueller Nötigung verantworten, weil er am 3. November in Ellerbek einen sexuellen Angriff auf ein Au-pair-Mädchen begangen haben soll. Die (wir berichteten).

„Wir haben sofort eine öffentliche Fahndung nach dem Täter eingeleitet“, berichtet Kripo-Beamtin Catharina R. (24) am zweiten Prozesstag. Und bereits einen Tag später habe sich eine Frau bei der Wache in Pinneberg gemeldet. „Sie wollte anonym bleiben, weil sie im UKE arbeitet und der Schweigepflicht unterliegt“, so die Zeugin. Die Tippgeberin habe berichtet, noch in der Tatnacht einen Mann mit abgetrennter Fingerkuppe behandelt zu haben – angeblich das Werk eines Stabmixers.

Beschuldigter war stark parfümiert

„Sie hat uns die Personaldaten gegeben und darauf hingewiesen, dass der Mann in den nächsten Tagen zu seiner Schwester nach Stuttgart fahren wollte“, so die Kripo-Beamtin weiter. Daraufhin hätten sich sofort drei Ermittler mit Blaulicht auf den Weg zu der Wohnanschrift des Verdächtigen in Hamburg-Schnelsen gemacht. „Kurze Zeit, nachdem wir da eingetroffen waren, kam der Beschuldigte die Auffahrt hoch“, so die 24-Jährige. Er sei mit der Durchsuchung seiner Wohnung einverstanden gewesen. Die Beamten hätten etwas Cannabis und den Stabmixer sichergestellt, der angeblich Ursache der Verletzung war. „Im Schlafzimmer standen mehrere gepackte Koffer und diverse Ausweispapiere in arabischer Sprache“, so Catharina R.

Und noch etwas sei auffällig gewesen. „In der Wohnung standen sehr viele Parfümflaschen, und es herrschte ein stark parfümierter Geruch.“ Auch der Angeklagte habe auffällig stark geduftet. „Das ist mir um so mehr aufgefallen, weil auch das Opfer etwas derartiges berichtet hat“, so die Ermittlerin weiter.

Gastmutter findet Fingerkuppe auf dem Gehweg

Sie hatte am Tag nach der Tat auch das Erstgespräch mit dem 24 Jahre alten Au-pair-Mädchen aus Russland geführt und war mit dem Opfer, ihrer Gastmutter und einem Kollegen zum Tatort an der Pinneberger Straße gefahren. Der Übergriff hatte sich gegen 1 Uhr nachts auf einem kaum ausgeleuchteten Geh- und Radweg ereignet, der abseits der Fahrbahn auf Höhe eines Wäldchens liegt. Die Kripo-Beamtin berichtete, wie sie und ihr Kollege den Tatort absuchten und sie die Gastmutter plötzlich auf einen kleinen Gegenstand auf dem Gehweg aufmerksam machte. „Es handelte sich augenscheinlich um den Rest eines Fingers, wir haben den sichergestellt.“

Bei der vorläufigen Festnahme habe sie die Hände des Verdächtigen fotografiert. „In der Fingerkuppe befand sich der Rest eines Fingernagels, der stark abgeknabbert war. Wir wollten sehen, wie die Nägel der übrigen Finger aussehen.“ Omar K. habe alles ruhig über sich ergehen lassen. Bei der späteren körperlichen Untersuchung im UKE sei das anders gewesen. Catharina R. berichtete, wie der Angeklagte die Arme drohend nach oben riss, nach den Beamten trat und Stühle durch den Raum warf. Nachdem sie ihn fixiert hätten, habe er wüste Beleidigungen durch den Raum gebrüllt. „Ich habe mich vor den Kollegen gedemütigt gefühlt. Es war das erste Mal, dass ich im Dienst so beleidigt wurde.“

Zwei weitere Beamte, die bei der Festnahme und der Untersuchung im UKE anwesend waren, bestätigten die Angaben der Kripo-Beamtin. Die hatte auch berichtet, wie vier Tage nach der Tat der Verdacht aufkam, der Beschuldigte könne HIV-positiv sein und wie ein Bluttest dies bestätigte.

Verteidigerin scheitert mit Befangenheitsanträgen

Verteidigerin Stefanie Martens monierte, die Hausdurchsuchung bei ihrem Mandanten sei nicht rechtmäßig gewesen, da sie erst nachträglich von einem Richter angeordnet worden war. Zuvor war die Anwältin bereits mit zwei Anträgen gescheitert. Ein Befangenheitsantrag gegen die Richterin Katja Komposch wies das Gericht zurück – und eine persönliche Vorladung des Opfers, von dem am ersten Prozesstag nur die Videovernehmung eingespielt worden war, lehnte die Kammer ebenfalls ab. Die Gastmutter des Opfers, die am Dienstag aussagen sollte, erschien nicht vor Gericht.

Die Verteidigerin kündigte für den nächsten Verhandlungstermin Anfang Juni eine schriftliche Einlassung ihres Mandanten an. Der war noch im Ermittlungsverfahren von seiner Aussage, ein Stabmixer habe ihm die Fingerkuppe abgehackt, abgewichen. Zu diesem Zeitpunkt hatte bereits ein DNA-Test zweifelsfrei belegt, dass die am Tatort aufgefundene Fingerkuppe von Omar K. stammt. In seiner geänderten Aussage hatte der 34-Jährige behauptet, sich zwei Straßen von seiner Wohnung entfernt verlaufen zu haben. Er habe das Au-pair-Mädchen nach dem Weg fragen wollen, aber die habe gleich laut geschrien und ihm, als er ihr den Mund zuhielt, die Fingerkuppe abgebissen. Mit einem Urteil wird erst Mitte Juli gerechnet.