Pinneberg. Beinahe-CDU-Chef Friedrich Merz spricht beim Neujahrsempfang in Pinneberg. Ein Thema im Saal: die Kanzler-Frage.
Eine klare Sprache und deutliche Worte erwarte er von seinem Gast aus dem Hochsauerland, führte Michael von Abercron den Hauptredner beim Neujahrsempfang des CDU-Kreisverbandes vor 400 Gästen im „Cap Polonio“ im Pinneberg ein. So, wie er selbst jüngst den öffentlichen-rechtlichen Rundfunk klar und deutlich kritisiert habe, so der Bundestagsabgeordnete. Die Reaktionen aus ganz Deutschland dazu zeigten ihm: „Die Menschen in unserem Land wollen Führung und eine klare Sprache.“
Doch zur mit Spannung erwarteten Kanzler-Frage äußerte sich dieser Hauptredner, der frühere Bundestagsfraktionschef und Beinahe-Bundesvorsitzender der CDU, Friedrich Merz, in seinem einstündigen Vortrag nicht. Die musste dann von Abercron selbst beantworten: „Mit Ihnen, Herr Merz, werden wir die Wahl gewinnen.“
Christian von Boetticher schaltet sich aus Argentinien zu
Von Abercron vertrat als einer der vier Stellvertreter den gerade erst wiedergewählten Kreisvorsitzenden Christian von Boetticher auf dem Neujahrsempfang. Der ließ sich über eine Video-Schaltung aus Buenos Aires in den voll besetzten Saal zuschalten. „Buenos Tardes“, grüßte von Boetticher auf Spanisch und erklärte, dass es bei der Fülle ihrer Termine zwischen ihm und Merz zu einem „Showdown“ gekommen sei, wer an diesem Abend in Pinneberg dabei sein konnte. Da, wo Sauerländer in rot-grünen Gefilden auftauchten, seien sie erfolgreich, das zeige schon das Beispiel der Fußballbundesliga, wo der Hamburger SV zweitklassig und der FC Paderborn erstklassig sei, witzelte von Boetticher.
Hauptredner Merz griff die sportliche Metapher auf. Der eigentliche Grund, warum Amerikaner keinen Fußball mögen würden, sei der, dass jedes dritte Spiel unentschieden ausgehe. Doch die Amerikaner liebten die Sieger. Davon könnten wir uns in Deutschland eine Scheibe abschneiden. „Auf Unentschieden zu setzen, heißt von vornherein zu verlieren“, so die Merz’sche Schlussfolgerung daraus. „Darum sollten wir uns angewöhnen, zu sagen, dass wir das Spiel gewinnen wollen.“
Friedrich Merz: „Wir stehen vor einer Epochenwende“
Zwar gehe es Deutschland und seinen Bürgern zurzeit richtig gut. Aber es gebe in nächster Zeit massive Probleme zu lösen. „Wir sind Zeitzeugen großer Veränderungen. Wir stehen vor einer Epochenwende.“ Die Europäische Union werde durch den Austritt Großbritanniens geschwächt, während China wirtschaftlich immer stärker werde, so wie bis 1820, als es wirtschaftlich „so leistungsstark wie Europa, Amerika und der Rest von Asien zusammen war“.
Darum müsse sich Europa schnellstmöglich wieder auf eine Einheit besinnen und bilaterale Abkommen mit den großen Wirtschaftsnationen abschließen, die dann zu einem Netzwerk werden könnten. Der geplante große europäische China-Gipfel in Leipzig unter der EU-Ratspräsidentschaft von Deutschland könnte dabei sehr nützlich sein.
Merz will die Hälfte aller AfD-Wähler zurückgewinnen
Politisch „müsse klar sein, dass es keinen Millimeter Zusammenarbeit mit Rechtsradikalen“ geben dürfe, erteilte Merz theoretisch denkbaren Kooperationen der CDU mit der AfD eine klare Absage. Er sei ohnehin davon überzeugt, „dass wir die Hälfte aller AfD-Wähler zurückgewinnen können, wenn wir ihnen wieder eine politische Heimat geben.“ Das sei für ihn eine Art „staatspolitischer Auftrag“, zu dem es einer Klima-, Energie- und Einwanderungspolitik bedürfe, die auf Kohlekraft, marktwirtschaftliche Anreize zum Klimaschutz und eine umweltschonende Autoindustrie setze und Flüchtlingszuströmen, wie sie das Land 2015/16 erlebte, vermeide.
Am Ende der Rede, die Friedrich Merz ernst und ohne Lacher aus dem Publikum vortrug, erhielt er lang anhaltenden Applaus.
Gastgeber Michael von Abercron bedankte sich mit leckeren Produkten made in Elmshorn, wobei er auch in dieser Funktion den Köllnflocken-Chef von Boetticher vertrat.