Elmshorn. Michael von Abercron räumt ein, “aus einem Gefühl heraus“ gegen “Tagesschau“ und Co. gepöbelt zu haben – Kritik aber lässt ihn kalt.

Er schreibt, dass Nachrichtensendungen, politische Magazine und Talkshows immer mehr zu „einheitlichen Indoktrinationsplattformen verkommen, die von links-grüner Weltanschauung geprägt sind“. Er erkennt da „eine Art linke Wohlfühlkommunikation“. Er meint den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und seine Macher.

Er wirft der "Tagesschau" vor, „politische Neutralität verkaufen zu wollen, wo keine ist“. Und er kritisiert, dass „vier Linguisten in ihrem Elfenbeinturm und ein bekanntermaßen linker Journalist“ „Klimahysterie“ zum Unwort des Jahres gekürt haben. Der Bundestagsabgeordnete Michael von Abercron (CDU) aus Elmshorn hat in den vergangenen Tagen mehrfach zum Rundumschlag gegen Medien und Medienschaffende ausgeholt.

Was treibt den Parlamentarier an, der bislang vor allem landwirtschaftliche Themen wie den Preisverfall („Ferkel ab einem Euro“) zu seinen gemacht hat? Auf Abendblatt-Anfrage sagt von Abercron: „Ich habe das aus dem Gefühl heraus geschrieben.“

Unverständnis bei anderen Parlamentariern

Politiker anderer Parteien aus dem Kreis Pinneberg reagieren mit Unverständnis auf die Abercronsche Medienschelte. „Das hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht verdient“, meint etwa der SPD-Bundestagsabgeordnete Ernst Dieter Rossmann. Die Vorwürfe seien „sowohl von den Fakten als auch von der Wortwahl her völlig fehl am Platz“.

Für den Vorstandssprecher der Kreis-Grünen, Jens Herrndorff, gießt der CDU-Mann „Öl ins Feuer der rechtspopulistischen Agitatoren“. Und der Vorsitzende der Linken-Kreistagsfraktion, Klaus-Dieter Brügmann, urteilt: „Herr von Abercron springt auf eine Kampagne auf, die von Rechtspopulisten und Rechtsextremen initiiert und befeuert wird.“ Zuspruch aus der eigenen Partei ist bislang nicht zu vernehmen.

Zitiert von "Tichys Einblick" und der "Jungen Freiheit"

Der Reihe nach. Alles beginnt am Montag mit einem Gastbeitrag für die NOZ-Mediengruppe, zu der auch das „Pinneberger Tageblatt“ gehört. Und von Abercron entscheidet sich zu schreiben, dass beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk die gebotene politische Neutralität eben nicht eingehalten werde. Über Satiresendungen wie die „heute show“ und „extra 3“ sowie den umstrittenen WDR-Clip „Meine Oma ist ’ne alte Umweltsau“ schreibt er weiter: „Die politischen Botschaften sind immer eindeutig und lassen sich von den Wahlbotschaften der Gesinnungsgenossen kaum noch unterscheiden.“

Das liberal-konservative Online-Meinungsmagazin „Tichys Einblick“ zieht daraufhin Parallelen zu Äußerungen des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU), der unlängst auch Kritik an der Arbeit der öffentlich-rechtlichen Sender geäußert hatte. Die Online-Ausgabe der rechts-konservativen „Jungen Freiheit“ zitiert von Abercron ebenfalls und löst damit eine Flut von Leserkommentaren aus. So schreibt ein Ernst Ludwig: „Es gibt wohl nichts Verlogeneres als die CDU. Da hetzt sie mit den TV-Medien gegen die AfD, wie es nur geht.“

Der Mitteldeutsche Rundfunk schreibt auf seinem Online-Portal „Medien 360G“ in der Rubrik „Altpapier“, dass es „klamaukig“ sei, was der „Blaublüter aus dem Wahlkreis Pinneberg“ geschrieben habe. Tipp: Michael von Abercron solle sich mal die Talkshow-Gästelisten anschauen.

Erst "runterfahren", dann nachlegen

Der fährt unterdessen einen Zickzackkurs. Im Gespräch mit dem Abendblatt erklärt er zunächst, die Diskussion „ein bisschen runterzufahren“, und sagt, dass es in seiner Fraktion auch Mitglieder gebe, die anderer Meinung seien als er. Einen Tag später legt er per Pressemitteilung aber kräftig nach. Diesmal stehen die „Tagesschau“ und das Unwort des Jahres im Mittelpunkt der Kritik.

Über das Unwort schreibt er: „Mit Klimahysterie werden die Auswüchse der Klimabewegung beschrieben. Extinction-Rebellion-Aktivisten, die mit von Endzeitfantasien getränkten Demos die Innenstädte lahmlegen oder das Betreiben von Kohlekraftwerken gar mit der Shoa vergleichen, sind schlichtweg hysterisch. Jetzt sollen aber Bürger, die solche Auswüchse als das bezeichnen, was sie sind, mit dem Kainsmal des Unwortbenutzers verunglimpft werden – mit Segen und öffentlicher Verlautbarung durch Deutschlands reichweitenstärkstes Nachrichtenformat.“

Von Abercron berichtet von 90 bis 100 Reaktionen von Bürgern. Nur zehn Prozent seien negativ gewesen, darunter die eines Journalisten. Kritik aus anderen Parteien lässt ihn kalt: „Das sind ja die, die profitieren.“