Wedel. Die gesundheitsgefährdenden, ätzenden Partikel aus dem veralteten Meiler sind auch für Lackschäden an Autos verantwortlich.
Die Anwohner des Kraftwerks Wedel hatten nichts anderes erwartet: Ein weiteres Gutachten attestiert ihnen nun, dass sie in der Nachbarschaft eines veralteten Meilers wohnen, der gesundheitsgefährdende, ätzende Partikel auswirft. Denn aktuell kommt in einem Beweissicherungsverfahren für das Amtsgericht Pinneberg ein weiterer Gutachter zu diesem Schluss, nachdem bereits im September eine Studie der Aufsichtsbehörde (LLUR) ähnliches bestätigt hatte.
Im neuen Gutachten geht es um Lackschäden an einem Auto, die laut 22-seitigem Bericht klar dem Ascheregen des Kraftwerks zuzuordnen sind. In einer chemisch-analytischen Untersuchung konnte das Auftreten von Silikat-Schmelzkügelchen an den geschädigten Lackbereichen klar dem Partikelaustrag des Kraftwerks zugeschrieben werden. Dieser sei „schadenursächlich“. Zudem sei der Lack so zerstört, dass nur eine neue Lackierung infrage käme. Der neue Eigentümer des Kraftwerks, die Wärme Hamburg GmbH, hat nun bis zum 11. Dezember Zeit, dazu Stellung zu nehmen.
Bisher bietet Hamburg geschädigten Anwohnern lediglich Autowäschen an, obwohl der grüne Umweltsenator Jens Kerstan mehr Kulanz angekündigt hatte als der Alt-Eigentümer Vattenfall. Auch die Aufsichtsbehörde, das schleswig-holsteinische Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR), sowie das grüne Umweltministerium sehen bisher keine Veranlassung, einzuschreiten. Bisher gab es laut Kerstin Lueckow, Sprecherin der Wedeler Bürgerinitiative, nur Lippenbekenntnisse.
„Dass nun ein weiteres Gutachten belegt, dass stark ätzende Kraftwerkspartikel Säurelöcher verursachen, ist nicht wirklich überraschend“, sagt sie. „Dies geht schon viel zu lange so. Wir erwarten, dass das zuständige Umweltministerium die einseitige Betreiberfreundlichkeit und den länderübergreifenden grün-grünen Kuschelkurs aufgibt und die Anwohner endlich vor ätzenden Emissionen aus einem der ältesten Kohlekraftwerke Deutschlands schützt.“
Schon ein Gutachten im Auftrag des LLUR hatte bestätigt, dass gesammelte Partikelproben aus dem Wohngebiet unter anderem Aluminiumsulfat (ätzend) und hohe Anteile von Nickel (Krebsverdacht) enthalten. Es wird davon ausgegangen, dass es sich um das Aluminiumsalz der Schwefelsäure handelt. Zu diesem Ergebnis kam das Hamburger Institut für Raster- und Elektronenmikroskopie (IFEM) bei der Untersuchung von vier Proben aus dem Kraftwerksumfeld. Trotz dieser besorgniserregenden Befunde lassen sowohl das Landesamt als auch das Umweltministerium in Kiel und der neue Betreiber, die Stadt Hamburg, das Kraftwerk ohne Einschränkungen am Netz.