Haseldorf. Udo Prinz von Schoenaich-Carolath-Schilden nimmt SHMF-Ehrung entgegen. Und spricht über die Zukunft des Haseldorfer Hofes.

Mehr als 30 Jahre ist es her, dass im Rinderstall das erste Konzert des Schleswig-Holstein Musik Festivals (SHMF) stattfand. Drei Jahrzehnte, dicht gepackt mit Erinnerungen, erfahren nun eine Ehrung: Das Festival hat dem Haseldorfer Gastgeber Udo Prinz von Schoenaich-Carolath-Schilden am Mittwoch die Spielstätten-Plakette verliehen. „Gut Haseldorf hat die Plakette mehr als verdient“, sagt SHMF-Verwaltungsleiter Jens Boddin. „Der Rinderstall bietet mit seinem schweren Gebälk ein gemütliches und rustikales Ambiente für die Konzerte, und lokale Helfer sorgen für eine großartige Verpflegung des Publikums.“

Auch Edelgard Heim, Leiterin des Elbmarschenhauses, war zugegen. Ohne ihr freundliches Entgegenkommen – Konzertbesucher dürfen stets die sanitären Anlagen ihres Hauses nutzen und bekommen Tipps für Spaziergänge – wären die Konzerte aufwendiger zu organisieren. Deshalb hat das Festival auch sie bedacht - mit einer Spende von 300 Euro und einem Blumenstrauß.

Bei der Spielstättenauswahl achten die Festival-Organisatoren auch auf Gastronomie vor Ort. Nun wurden der Deichhof und der Haseldorfer Hof, dessen Geschäftsführer der Prinz war, gerade geschlossen (wir berichteten). Zu seiner möglicherweise mit der Schließung zusammenhängenden privaten Situation wollte er sich gegenüber der Presse nicht äußern. „Im Moment gibt es beim Gasthof ein Vakuum. Ich denke aber, da wird sich sicher etwas ergeben. Das hier ist eine Goldgrube. Wir lassen uns nicht erschüttern“, so der Prinz.

42 Euro wird durchschnittlich pro Festivalbesucher vor Ort ausgegeben - für Gaststättenbesuche, CDs, Bücher, Übernachtungen und ähnliches. Das Festival ist also, abgesehen von seinem nicht messbaren Wert der kulturellen Bereicherung, auch ein Wirtschaftsfaktor. „Für das Dorf ist das Festival was Schönes“, sagt auch der ehemalige Bürgermeister Uwe Schölermann. „Die Bürger sind schon stolz darauf.“

Einen Vertrag gibt es nicht – weil das Wort zähle

Bis heute hat der Prinz keinen Vertrag mit dem SHMF abgeschlossen. „Bei uns zählt das Wort“, sagt er. „Wir machen das für die Region. Man kann sehen, was das Festival für die Dörfer gebracht hat.“ Viele Konzertbesucher kämen aus dem Hamburger Westen, viele Hamburger heirateten in Haseldorf – aber Prinz von Schoenaich-Carolath-Schilden würde sich über noch mehr Haseldorfer in den Konzerten freuen.

Sein Engagement in Sachen klassischer Musik wird fortgesetzt, aber gefallen würde ihm darüber hinaus auch ein Musikfestival eigens für Kinder, denn „das ist schließlich die nächste Generation“. Unter dem neuen Intendanten Christian Kuhnt sei das SHMF gottlob nicht abgesackt, „im Gegenteil. Es läuft hervorragend.“ Auch Schulklassen besuchten die Konzerte, „das finde ich sehr wichtig. Und es ist immer wieder erstaunlich, wie viele junge Menschen sich da beteiligen.“ Der Prinz hat vier Kinder, die alle Unterricht im Klavier- und Geigenspiel erhalten haben. Und er selbst? „Wenn ich Techno höre, bekomme ich Kopfschmerzen“, sagt er. Auch er habe sich als Instrumentalist versucht, zuerst an der Gitarre, später im Internat musst er dann Blockflöte spielen, die er irgendwann vor Wut zertrümmert hat. Aber klassische Musik, fast egal, welche, liebt er bis heute, nennt Tschaikowsky, Mozart und Rachmaninow. „Wir sind auch immer gute Abnehmer für die CDs der Künstler.“

Der Prinz holt seinen Gästen ausländische Zeitungen vom Flughafen

Früher habe er Hauskonzerte gemacht, die möchte er eigentlich recht gern wieder aufleben lassen. Und ganz allgemein hat Udo Prinz von Schoenaich-Carolath-Schilden eine Schwäche für Künstler, weshalb sein Umgang mit ihnen sich bis in entfernte Teile der Konzertwelt herumgesprochen hat. Auch das hat Familientradition, schließlich haben bereits die Dichter Klopstock und Rilke hier im Schloss verweilt. Für längere Zeit, weil es so schön war.

Die Gastfreundschaft von Haseldorfs ältester Familie ist auch bei den Festivalkünstlern berühmt, die hier wie persönliche Gäste empfangen werden. Aus seiner Flaggensammlung sucht der Prinz stets die entsprechende aus und hisst sie zum Empfang, es wird Essen des Herkunftslandes seiner Gäste serviert, und er fährt höchstpersönlich täglich zum Hamburger Flughafen, um Zeitungen aus der Heimat des jeweiligen Künstlers zu besorgen.

Der weltberühmte russische Pianist Sjatoslaw Richter war sechs Wochen bei ihm zu Besuch. „Wenn er bei weit geöffneten Fenstern gespielt hat, hat das ganze Dorf mitgehört“, erzählt der Prinz.

Oder die ebenso berühmte Pianistin Elisabeth Leonskaja. Auch sie hat er beherbergt, „sie ist immer zu Fuß nach Wedel zum Einkaufen gelaufen. Als wir protestierten, sagte sie, zu Hause laufe sie viel weiter als hier.“ Und als dem Star-Geiger Gidon Kremer am Nachmittag vor dem Konzert ein Absatz abbrach, war der dank guter Kontakte im Dorf nach zwei Stunden wieder dran. „Jeder Künstler ist ein Juwel für uns“, sagt der Prinz. „Sonst muss man nach Mailand oder New York reisen, um sie zu hören, und dann sind sie plötzlich hier. Das ist so großartig!“ Ja, so empfindet er das und erzählt Anekdote auf Anekdote. Freudig sagt Jens Boddin: „Auch die Künstlerempfänge sind hier Geschichtsstunden.“