Schenefeld . Mein E-Haus, mein E-Auto, meine Kita: Was Willy Kanow (79) anpackt, wird auch unter energetischen Gesichtspunkten ein Erfolg.
„Ich habe Ihnen etwas mitgebracht“, sagt Willy Kanow. Dabei handelt es sich um ein kleines Geschenk, das er gern Bekannten macht. Ein Buch. Von S. Rahmstorf und H. J. Schellnhuber. Titel: „Der Klimawandel“. Kanow sagt dazu: „Darin werden kurz und sehr verständlich die Zusammenhänge erklärt. Wer das liest, kann den Klimawandel nicht mehr leugnen.“ Der Schenefelder wirkt dabei ganz und gar nicht missionarisch, vielmehr ernsthaft engagiert. Dabei hat Kanow aber eine Mission: Seit Jahren ist der Elektroingenieur unermüdlich auf verschiedenen Ebenen für den Klimaschutz aktiv. Für seine ehrenamtliche Leistung wurde er nun mit einer Auszeichnung geehrt.
Die Gesellschaft für Energie und Klimaschutz GmbH hat ihm kürzlich den Titel Energieheld des Jahres verliehen. Eine Urkunde und 1000 Euro gab es dazu. Die Laudatio übernahm die Schenefelder Bürgermeisterin Christiane Küchenhof persönlich. Eine Idee, was er mit dem Preisgeld machen will, hat Kanow auch schon. Er möchte es in die nachhaltige Erziehung in Kitas investieren, damit Kinder dort spielerisch etwas über Energie lernen.
Vor ihm trug Dr. Uwe Kurzke den Titel. Der einstige Inselarzt von Pellworm hatte sich rund 30 Jahre für nachhaltige Projekte eingesetzt. So war er Mitgründer der Energie AG, des Vereins Watt+Mehr sowie des Vereins Ökologisch Wirtschaften. „Ein toller Mann“, sagt sein Nachfolger anerkennend. Als ihn die Nachricht erreichte, dass er nun den Titel verliehen bekommen sollte, konnte er es gar nicht glauben. „Ich habe mich sehr gefreut“, erinnert sich Kanow, der gleiche seine Söhne informierte. Doch noch mehr Zuspruch bekam er von den Enkeln. Einer sagte ihm am Telefon: „Opa, mach’ weiter so, es geht um unsere Zukunft.“
Dass sich Kanow auf seiner Urkunde ausruhen könnte, darum muss sich sein Enkel nun wahrlich keine Sorgen machen. Dafür liegt dem 79-Jährigen das Thema viel zu sehr am Herzen. Zudem kann er ungelöste Probleme nicht einfach liegen lassen. Zu groß sind sein Forschungsdrang und sein Erfindungsreichtum. Nicht umsonst trägt er in seiner Schenefelder Nachbarschaft den Namen „Pfiffikus der Siedlung“. Wer technische Probleme hat, geht zu Kanow.
Klimaziele für 2030 hat er schon geschafft
Um zu verstehen, wie der Energieheld tickt, ein Beispiel: Der Schenefelder entschied sich vor etwa sechs Jahren dazu, wie so einige Hausbesitzer eine Photovoltaikanlage auf dem Dach zu installieren. Allerdings überzeugte ihn keines der bestehenden Systeme. Daher plante er seine Anlage kurzerhand einmal selbst – und dann die seiner Nachbarn. 2015 taten sich die Bewohner zusammen und geben seither ihr Wissen an andere Interessierte weiter. Das Ergebnis: Rund 100 Anlagen haben die Schenefelder in ihrer Heimatstadt und der weiteren Umgebung bereits an den Start verholfen.
Kanow ist in vielerlei Hinsicht seiner Zeit ein Stück voraus. „Ich habe die Klimaziele für 2030 schon geschafft“, sagt er. In seinem Haushalt hat er alles so weit optimiert, dass er beispielsweise mehr Strom erzeugt als verbraucht. „Meine Jahresrechnung beträgt Minus 70 Euro“, freut sich Kanow, der seit einigen Wochen auch ein Elektroauto fährt. Fast ein halbes Jahr hat er darauf gewartet. Nun fährt er damit bis nach Berlin, wo er ursprünglich herstammt und ein Teil seiner Familie noch lebt. Getankt wird in Halstenbek. Währenddessen geht Kanow Kaffee trinken oder unterhält sich mit den vielen Interessierten, die ihn ansprechen. Gern erklärt er die Technik, spricht über seine Erfahrungen und gibt Tipps.
Rund 20 Jahre arbeitete er bei Philips in der Entwicklungsabteilung. Auch privat tüftelt Kanow gern, gibt sich nie mit Bestehendem einfach zufrieden. 25 Patente hat er mittlerweile angemeldet, eines entstand bei der Abiturvorbereitung mit seinem Enkel. Getüftelt und gekämpft hat er sehr lange für das Projekt „Biene Sonnenstrahl“. Kanow wollte den geplanten Kita-Neubau in Sachen Klima vorbildlich gestalten. Er überzeugte. In seiner Heimatstadt steht nun eine Kita mit Wärmepumpe, Eisspeicher und biotechnischer Luftbefeuchtung. Die Einrichtung ist ein Vorbild an Energieeffizienz.
Zu gern würde Kanow in seiner Heimatstadt auch ein Grünes Klassenzimmer einrichten, um die Jugend über die zukünftigen Möglichkeiten zu informieren. Zudem setzt sich der Schenefelder für ein Energiehaus im Zentrum der Stadt als Informationspunkt und Anlaufstelle für alle ein. Doch das ist Zukunftsmusik.
Nächstes Ziel: Schulzentrum mit Geothermie heizen
Was den Schenefelder derzeit ganz konkret umtreibt: Nach der Kita, möchte er sich des Schenefelder Schulzentrums annehmen. Und er wäre nicht er, wenn er nicht eine richtig pfiffige Idee für den größten Energiefresser der Stadt hätte. „Ich würde auf Geothermie setzen“, erklärt Kanow. Das Schulzentrum liege optimal, und zwar neben der Bürgerwiese, wo unterirdisch genügend Platz sei, und es liegt an einer Fernwärmeleitung. „Man bräuchte den Schulalltag für die Umbauarbeiten nicht einmal zu stören“, so Kanow. Zudem ist er sich sicher, mit dem innovativen Konzept die Heizkosten von bis zu 215.000 Euro pro Jahr signifikant senken und Fördergeld für den Umbau einwerben zu können. „Das Projekt würde mir viel Spaß machen“, sagt der Tüftler, dem am Ende des Gespräch noch eine Sache wichtig ist. Im Bezug auf den Klimawandel glaubt er, dass die Energiewende nur mit Innovation und individuellen Lösungen gelingen wird. Er selbst will da weiter mit gutem Beispiel vorangehen.