Tornesch. Die Nordbahn setzt während der Bauarbeiten zusätzliche Züge zwischen Hamburg und Elmshorn ein – allerdings nicht ganztägig.
Die Zusage aus Kiel brachte der Nordbahn-Chef persönlich vorbei. Am Dienstagmorgen um 9.28 Uhr stieg Eduard Bock in Tornesch aus dem Zug der Regionalbahn 61, um sein kleines Geschenk an die Tornescher Bürgerinitiative „starke Schiene“ zu erläutern: Demnach wird die Nordbahn vom 1. Juli bis 30. September die Kapazität ihrer Züge für jeweils vier Fahrten auf der Strecke Elmshorn–Tornesch–Prisdorf–Pinneberg–Hamburg in der Nebenverkehrszeit erhöhen.
Von 10.22 bis 15.23 Uhr (Abfahrtszeiten in Elmshorn) in Richtung Hamburg und von 10.06 bis 14.06 Uhr (Abfahrtszeiten am Hauptbahnhof) in Richtung Elmshorn werden jeweils vier Züge verlängert und so die doppelte Zahl an Fahrgästen aufnehmen können.
Sanierung einer Landstraße sorgt für mehr Platz im Zug
Es stünden dann in diesen vier Zugpaaren jeweils 579 Sitz- und 610 Stehplätze zur Verfügung, so der Nordbahn-Chef. Somit hätten in beiden Richtungen bis zu 1200 Fahrgäste täglich mehr Platz in den Regionalbahnen. Das soll während der Bauarbeiten an der Landesstraße 110 gelten, die mit Beginn der Sommerferien (1. Juli bis 10. August) losgehen. Dafür werden die Ahrenloher Straße und die Auf- und Abfahrt zur A 23 in Tornesch von Juli bis September teilweise gesperrt und nicht befahrbar sein.
Die Begeisterung am Tornescher Bahnhof über diese Botschaft des Nordbahn-Chefs hielt sich in Grenzen. Erhard Wasmann bedankte sich zwar artig bei Bock. Aber eigentlich hatte der Co-Sprecher der BI „starke Schiene“ etwas anderes erwartet, nämlich dass in der Hauptverkehrszeit mehr Pendler in die Regionalbahn nach Hamburg einsteigen könnten. Seine Hoffnung und die seiner Mitstreiter war, dass zusätzliche Züge in der langen Wartezeit zwischen 9.45 und 10.28 Uhr sowie 10.45 und 11.28 Uhr (Abfahrt Tornesch) eingesetzt würden.
Bürgermeisterin ruft Pendler zum Umsteigen auf
Bürgermeisterin Sabine Kählert, die den Nordbahn-Chef Bock ebenfalls am Bahnhof empfangen hatte, sagte: „Meine Freude darüber ist eher verhalten. Denn das Ziel, mehr Pendler von der Straße auf die Schiene zu bringen, um die Verkehrsbelastung durch die Baustelle auszugleichen, wird damit nicht erreicht.“ Zumindest hätte die Nordbahn während der Bauarbeiten doppelstöckige Züge auf der Strecke in der Hauptverkehrszeit am frühen Morgen einsetzen sollen, befand Torneschs SPD-Fraktionschef Manfred Mörker.
„So kann man die Verkehrsprobleme nicht lösen“, sagte Kählert enttäuscht. Die Landesregierung müsse endlich begreifen, dass es hier nicht um eine kleine Stadt mit 15.000 Einwohnern gehe, sondern dass eine ganze Region mit 60.000 Bewohnern betroffen sei, von denen eine große Zahl jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit die Straßen verstopfe, die durch die Baustelle auch noch zum Nadelöhr würden. „Ich werde nicht müde, unser Anliegen bei Verkehrsminister Buchholz vorzubringen“, kündigte Kählert an. Die Problematik sollte am besten an einem runden Tisch mit allen Beteiligten aus Kommune, Bahnunternehmen, Verkehrsplanern und Landesregierung besprochen werden. Bis dahin könne sie nur an die Arbeitspendler appellieren, die flexible Arbeitszeiten hätten oder später anfangen könnten zu arbeiten, in die verlängerten Züge umzusteigen.
Keine weiteren Züge in der Hauptverkehrszeit
Nordbahn-Chef Bock versuchte, die Aufregung zu beruhigen. Mehr Züge in der Hauptverkehrszeit fahren zu lassen sei nicht möglich. „Da setzen wir schon alle verfügbaren Fahrzeuge ein, sodass zu diesen Zeiten keine Ausweitung des Platzangebots möglich ist.“ Doppelstöckige Züge hätten vor drei Jahren bestellt werden müssen. Das sei jetzt zu spät. Auch ausleihen könnte man solche Züge nicht, so Bock. „Der Markt ist leer.“ Aber die Nordbahn sei in engen Gesprächen mit der Nah.SH, die landesweit den Bahnverkehr plant. Und so halte er es für realistisch, doppelstöckige Züge auf der Strecke Elmshorn–Hamburg in zweieinhalb bis drei Jahren einzusetzen.
Richtig in Rage redete sich am Tornescher Bahnhof der ehemalige Bürgermeister Roland Krügel, der sich während seiner jahrzehntelangen Amtszeit immer wieder für den Bau des dritten Schienengleises und mehr Zughaltemöglichkeiten für seine Bürger beim Land eingesetzt hat. „Wir sind hier gelinkt worden“, ärgerte sich der ehemalige Verwaltungschef. Die zusätzlich geschaffene Zugfahrt mit der Regionalbahn von Tornesch nach Hamburg sei mit dem Wegfall des Halts des Regionalexpress-Zuges in Pinneberg teuer erkauft worden.
Doch das sei nicht anders möglich gewesen, erklärte Jochen Kiphard von der Nah.SH. „Das sind Fahrplan-Zwänge.“ Zwar halte jetzt der Regionalexpress aus Kiel nur noch einmal stündlich in Pinneberg. Aber der sei schon so voll gewesen, dass ab Elmshorn niemand mehr da hätte einsteigen können. Die Bahnverbindung sei als ein hierarchisch gestaffeltes System zu verstehen: Pendler aus Kiel führen mit den Fernbahnen und Regionalexpress-Zügen, die Pendler aus dem Hamburger Umland mit den Regional- und S-Bahnen. Kiphard sagte: „Das ganze System muss wachsen, und wir müssen das Angebot der Nordbahn stärken.“