Tornesch. Tornesch will seine Groß-Gewerbeflächen umsiedeln, um das Wachstum der Gemeinde zu fördern. Gutachten geplant.

Die Idee hört sich spannend an und könnte ein städtebaulicher Meilenstein für die stark wachsende Stadt Tornesch sein: Große Industriebetriebe sollen aus dem Stadtkern an den Stadtrand an der Autobahn 23 in Tornesch-Oha verlagert werden. Die Stadt Tornesch könnte auf diese Weise auf einen Schlag bis zu 15 Hektar Land mitten in der Stadt gewinnen und diese für Wohnbebauung nutzen. Der Bau- und Planungsausschuss der Tornescher Ratsversammlung wird darüber auf seiner nächsten Sitzung am kommenden Montag, 27. Mai, erstmals beraten.

Es geht dabei um die Industrie- und Gewerbeflächen der beiden Papierfabriken Altonaer Wellpappe und Meldorf sowie des Weinhandelshauses Hawesko und der Tischlerei iks-Schlüter mit einer Gesamtfläche von 14,6 Hektar zwischen Lindenweg und Esinger Straße. Allein die Altonaer Wellpappe, die hier rund 400 Mitarbeiter beschäftigt, macht 8,5 Hektar dieser Fläche aus.

Zunächst einmal solle ein Gutachten in Auftrag gegeben werden, das die Möglichkeiten und Konsequenzen einer solchen Industrie-Umsiedlung analysiere, kündigt Ausschussvorsitzender Henry Stümer an. „Das muss jetzt erst einmal mit den Vor- und Nachteilen untersucht werden, bevor wir es bewerten können.“ Aber grundsätzlich sei es „von Vorteil, große Gewerbebetriebe aus der Innenstadt an den Stadtrand zu verlagern.“

Zudem könnte dies den Anwohnern am Lindenweg, die heute „über Gebühr“ von dem Lärm und den Abgasen des Schwerlastverkehrs der Großbetriebe betroffen seien, endlich eine spürbare Entlastung versprechen. „Für die Anlieger könnte das Sinn machen.“

Auch Grünen-Fraktionsvorsitzende Ann Christin Hahn zeigt sich begeistert von diesem Gedanken einer großflächigen Betriebsverlagerung. „Das ist eine großartige Idee, die eine Riesenchance für die Stadtentwicklung von Tornesch böte.“ Denn zurzeit sei durch die jahrzehntelang geprägte Industrienutzung der Ortskern von Tornesch eher unattraktiv, findet sie. „Tornesch hat keine schöne Innenstadt, und auch der Bahnhof bietet nicht viel mehr, als dass man von dort irgendwo hinfahren kann.“ Wenn nun große Industriebetriebe, die nur 300 bis 700 Meter vom Bahnhof entfernt liegen, an die Autobahn verlagert würden, könnte das gesamte Bahnhofsumfeld neu geplant und gestaltet werden. „Ob und unter welchen Bedingungen das möglich ist, sollten wir unbedingt sondieren“, so die Grünen-Fraktionschefin.

Auch die SPD begrüße es, über eine „Revitalisierung des Tornescher Zentrums“ nachzudenken, erklärt Fraktionschef Manfred Mörker. Dafür könnte das nun in Auftrag zu gebende Gutachten eine erste wichtige „Diskussions- und Entscheidungsgrundlage“ sein. Es gebe aber auch Risiken, warnt Mörker. „Auch wenn wir grundsätzlich eine bauliche Verdichtung im Innenstadtbereich für erstrebenswert halten, so sehen wir durchaus die Gefahr, mit diesem Großprojekt ein finanzielles Wagnis einzugehen.“ Darum müssten aussagekräftige Eckdaten auf den Tisch, damit die Politik eine fundierte Entscheidung treffen könnte.

Das betont auch CDU-Ratsherr Stümer. Eine solche Industrie-Umsiedlung werde „logischerweise mit Kosten“ verbunden sein, allein schon deshalb, weil die Grundstücke in der City einen höheren Wert als an der A 23 haben. Diese Kosten müssten mit den Potenzialen für die Stadtentwicklung und den Wohnungsbau abgewogen werden, was jetzt mit diesem Gutachten geschehen soll.

Auch die betroffenen Betriebe zeigen sich aufgeschlossen für eine mögliche Betriebsverlagerung. Carin Hilmer-Brenzinger, Geschäftsführerin der Altonaer Wellpappe und deren Muttergesellschaft Panther Packaging, sagt: „Das muss natürlich alles passen. Aber wir brauchen Platz.“ Am jetzigen Standort mitten in der Stadt könnte sich das seit 1962 in Tornesch ansässige und stark wachsende Unternehmen, das mit seiner Wellpappe umweltschonende Transportverpackungen herstellt, nicht mehr erweitern. „Wir sind da mit der Stadtverwaltung seit Langem in engen Gesprächen.“

Land übernimmt 80 Prozent der Gutachterkosten

Hintergrund dieser aktuellen Überlegungen ist das neu geplante Gewerbegebiet Oha II auf der nordöstlichen Seite der A 23 nördlich des jetzigen Businessparks zwischen der alten Bundesstraße 5 und und Ahrenloher Straße, der jetzt voll belegt ist. Die Altonaer Wellpappe würde von ihrer Größe und dem Verkehrsaufkommen die Voraussetzungen der Landesplanung in Kiel für eine solche Betriebsumsiedlung erfüllen, heißt es dazu in der Verwaltungsvorlage. Auch würde sich das Land an Entschädigungszahlungen an die betroffenen Firmen beteiligen, „wenn die Umsiedlung im Zusammenhang mit einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme steht“.

Die Höhe dieser möglichen Zahlungen soll jetzt das Gutachten klären, das 50.000 Euro kostet und zu 80 Prozent vom Land bezahlt wird, so die Verwaltung weiter. Auch der Verkehr, Lärm, mögliche Bodenverunreinigungen und Sanierungskonzepte müssten untersucht und erstellt werden.

Der Bau- und Planungsausschuss der Ratsversammlung Tornesch berät darüber am Montag, 27. Mai, um 19.30 Uhr im Sitzungssaal des Rathauses in der wittstocker Straße 7.