Helgoland . Jetziges Bauwerk entspricht nicht mehr Anforderungen und könnte bei Sturmflut überspült werden. Derzeit wird provisorisch gesichert.
Fabian Lücht steht am Landesschutzdeich von Helgoland. Er zeigt auf die Deichkrone des mehrere Jahrzehnte alten Bauwerks. 6,50 Meter ist sie hoch. Zu niedrig, um den Anforderungen an einen modernen Schutzdeich zu entsprechen. Die jüngste Sicherheitsüberprüfung habe ergeben, dass der Deich bei sehr schweren Sturmfluten überspült werden könnte, sagt Lücht als Fachbereichsleiter „Betrieb und Instandhaltung der Küstenschutzanlagen“ beim Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN).
Orkan Xaver hat der Hochseeinsel zugesetzt
Er berichtet, wie beispielsweise 2013 Orkan Xaver Deutschlands einziger Hochseeinsel zugesetzt hat. „Das Problem waren die hohen Wasserstände und die Belastungen, die ziemlich viel Vorstrand ausgeräumt haben und auch einen Großteil der Düne, die auf dem Landesschutzdeich liegt ausgeräumt haben“, sagt Lücht, der zur jährlichen Deichschau nach Helgoland gereist ist. Es sei fast zum Überströmen des Deiches gekommen. Mit Bigpacks sei der Deich provisorisch abgedichtet und verstärkt worden. Die Deichverstärkung auf Deutschlands einziger Hochseeinsel wurde in die entsprechende Prioritätenliste aufgenommen. Denn auch wenn das Unterland relativ dünn besiedelt ist: Hier liegt unter anderem das Trinkwasserwerk von Helgoland. Und das gelte es, wie die anderen Gebäude und Sachwerte auch entsprechend zu schützen. „Zurzeit befindet sich die Deichverstärkung in der Planung“, sagt Lücht. Eines ist klar: „Wir müssen in die Höhe gehen.“
Wie die Erhöhung auf rund 7,5 Meter auf einer Länge von etwa einem Kilometer konkret aussehen, wie sie gebaut werden und welches Material verwendet werden soll, wird gerade von einem Ingenieurbüro durchgerechnet. Denn für jede Variante gibt es Vor- und Nachteile. Und da spielen auch die Besonderheiten Helgolands eine entscheidende Rolle. Denn die Insel liegt rund 60 Kilometer vom Festlandhafen Büsum entfernt. Ungefähr zweieinhalb Stunden braucht man mit dem Schiff von dort bis auf die Insel mitten in der Nordsee. „Material und Leute hierher zu bekommen ist eine Schwierigkeit“, so Lücht.
Eine weitere liegt in der Geschichte Helgolands begründet. Die heute bei Touristen beliebte Insel war im Zweiten Weltkrieg strategisch wichtiger Militärstützpunkt. Tausende Bomben wurden damals auf Helgoland abgeworfen. Nicht alle explodierten. Von 1947 bis 1952 nutzten die englische Luftwaffe Helgoland als Bombenabwurfplatz. Die Folge: Bildgänger, die noch im Erdreich liegen. Vor einer Bautätigkeit muss der Kampfmittelräumdienst die betroffenen Bereiche absuchen. Auch vor dem Hintergrund der gegebenenfalls noch anstehenden Munitionsräumung und den naturschutzrechtlichen Herausforderungen in Bezug auf mögliche Beeinträchtigungen einer Graudüne auf dem Deich wird der Baubeginn nach LKN-Angaben vermutlich nicht vor 2023 sein können.
Steine für den provisorischen Deichschutz sind zu teuer
Bis dahin wird der Deich an Schwachstellen weiter provisorisch mit Sand gefüllten Bigpacks verstärkt. Etwa 1,5 Tonnen wiegt so ein Sandcontainer. Sie liegen überlappt, damit sie sich mit ihrem Gewicht gegenseitig halten. Eigentlich müssten Steine verbaut werden, sagt Lücht, aber diese hierher zu transportieren sei zu teuer und aufwendig. „Und es hält ja auch mit den Bigpacks.“
Bereits im Frühjahr haben die Küstenschützer des Landes wieder rund 300 Sandcontainer am Deich eingebaut. Rund 28.000 Euro haben Material und Einbau bislang gekostet. Im Sommer ruhen die Arbeiten, doch im Herbst werden weitere Bigpacks verbaut, um den Deich zu schützen. Kostenpunkt weitere 20.000 Euro.