Pinneberg. Amtsgericht Pinneberg verurteilt 57-Jährigen, der circa 2500 Kinder- und jugendpornografische Bilder und Videos gespeichert hatte.
Als Polizeibeamter darf er schon seit Oktober 2014 nicht mehr arbeiten. Jetzt verliert der 57 Jahre alte Holger S. auch seinen Beamtenstatus und damit seine Pensionsansprüche aus 40 Jahren Dienstzeit: Das Amtsgericht Pinneberg verurteilte den Mann aus dem Kreis Pinneberg zu einem Jahr Freiheitsstrafe, die für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt ist. Zudem muss sich der Verurteilte einer Sexualtherapie unterziehen und 1000 Euro an den Kinderschutzbund zahlen. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass S. 2583 Dateien auf seinen Rechnern gespeichert hatte, die er sich widerrechtlich zum großen Teil von Polizeicomputern besorgt hatte. Es waren kinder- und jugendpornografische Bilder und Videos, auf denen Kinder sexuell missbraucht werden.
Mit diesem Urteil blieb Amtsrichter Waege unter dem Strafmaß, das Amtsanwalt Andreas Neubauer beantragt hatte. Dieser wollte den Polizeibeamten für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis schicken. Verteidiger Rolf Huschbeck plädierte dagegen auf Freispruch. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Dagegen kann innerhalb von einer Woche Berufung oder Revision eingelegt werden, was das Verfahren an das Landgericht Itzehoe verweisen könnte.
Der bärtige Angeklagte S. nahm das Urteil und seine Begründung am Montagnachmittag schweigend zur Kenntnis. In der Verhandlung hatte der angeklagte Polizeibeamte sich allerdings über weite Strecken selbst verteidigt. Fast zweieinhalb Stunden nahm er einen ehemaligen Kollegen, der als Zeuge geladen war, regelrecht ins Kreuzverhör. Er hatte im Spätsommer 2014 die Ermittlung gegen ihn geleitet und ist heute beim Landeskriminalamt beschäftigt ist. Immer wieder wollte er von dem Zeugen wissen, warum der denn im September 2014 eine Durchsuchung seiner Wohnung und Büroräume angeordnet hatte, obwohl es dafür aus seiner Sicht keinen rechtlichen Grund gegeben habe. „Ich wollte die Ermittlungen, gerade weil es gegen einen Polizeibeamten geht, sauber und korrekt führen“, begründete der Ex-Kollege sein Handeln.
Fund der Kinderpornos war ein Zufall
Der Knackpunkt: Die kinderpornografischen Bilder und Videos, die die Polizei auf rund einem Dutzend Speichermedien bei dem Angeklagten zu Hause sicherstellten, wurden eher durch Zufall entdeckt. So bestand der Anfangsverdacht gegen S. zunächst darin, dass er sich womöglich strafbar in sexueller Art und Weise an ein 14 Jahre altes Mädchen herangemacht habe. Zu diesem soll er seit einigen Jahren eine Art freundschaftliches Verhältnis aufgebaut und es des Öfteren nach Dienstschluss in sein Büro im Polizeigebäude in Pinneberg eingeladen haben. Dieses Mädchen wandte sich an den Wendepunkt in Elmshorn, eine Beratungsstelle bei sexuellem Missbrauch von Kindern. Der Wendepunkt schaltete daraufhin die Polizei ein, was dann das weitere Verfahren in Gang setzte. Das eingeleitete Strafverfahren wegen möglichen Missbrauchs des Mädchens wurde dann zwar eingestellt. Doch nun musste sich S. dem Verfahren wegen Besitzes von Kinderpornografie stellen.
Verteidiger Huschbeck argumentierte, dass die Hausdurchsuchung rechtswidrig gewesen sei und deshalb die bei S. gefundenen Dateien nicht strafrechtlich gegen seinen Mandanten verwertet werden dürften. Das sah Richter Waege nach der Beweisaufnahme komplett anders. So sei es völlig richtig gewesen, dass die Polizei die Durchsuchung beantragt hatte, nachdem sich der Beamte S. so übergriffig gegen das Mädchen gezeigt hatte, wie dieses bei der polizeilichen Vernehmung aussagte. So habe S., der in der Spurensicherung arbeitete, das Mädchen gegen dessen Willen geküsst, es angefasst und aufgefordert, sich die Unterhose ausziehen. Daraufhin habe sich das Mädchen in einem Nebenraum die Leggins ausgezogen, die die Polizei später bei der Durchsuchung im Büro des Beamten fand. Danach habe er das Mädchen per E-Mail gefragt, ob es erregt gewesen sei. „Ich habe nicht den leisesten Zweifel, dass dieses Durchsuchung rechtens war“, urteilte Richter Waege.
Richter vermisst Einsicht und Geständnis
Der Ermittlungsbeamte hatte zuvor während seiner Befragung insbesondere durch den Angeklagten selbst ausgesagt, dass er zahlreiche gespeicherte Fotos bei ihm gefunden habe, die ausschließlich Mädchen in Badeanzügen der DLRG zeigten. Einige der Bilder seien sogar vergrößert gewesen. Von männlichen Schwimmern habe es keine Fotos gegeben. Auch wenn der Kollege Mitglied bei der DLRG gewesen sei, so der Zeuge vom LKA: „Das war schon komisch und schräg.“
Richter Waege sagte, er hätte vor Beginn der Verhandlung erwartet, dass sich der Angeklagte reumütig und geständig zeigen würde und er somit mit einer hohen Geldstrafe davonkommen könnte. „Aber von Einsicht und Geständnis war hier ja nichts“, sagte Richter Waege, sodass er S. mit einer Freiheitsstrafe belegen müsse, die ihm auch seine Beamtenrechte nimmt. S. habe mit seinem Handeln das Vertrauen in die Polizei untergraben. Die Bewährung werde widerrufen, wenn sich der Verurteilte nicht an die Auflagen halten sollte, also seine Therapie abbrechen oder die Geldstrafe an den Kinderschutzbund nicht zahlen sollte.
Nur für den Besitz der kinderpornografischen Dateien habe er S. eigentlich zu 13 Monaten Freiheitsstrafe verurteilen wollen, erläuterte der Amtsrichter weiter. Da dieser aber bereits im Jahr 2016 rechtskräftig zu 30 Tagessätzen wegen illegalen Besitzes einer Waffe verurteilt worden ist, habe er dies strafmildernd berücksichtigt, so Waege. Im Zuge der Ermittlungen und der Durchsuchung seines Spindes im Pinneberger Polizeigebäude hatte die Polizei eine wohl geladene alte Waffe sichergestellt, für die S. keine Erlaubnis besaß.