Pinneberg. Die Verteidigung hält die Durchsuchung beim Angeklagten für rechtswidrig. Zeugen glauben nicht an dienstlichen Zusammenhang.

2291 Dateien kinder- und jugendpornografischen Inhalts hat die Polizei 2014 bei Holger S. entdeckt. Der 57-Jährige, der bis zu dem Fund als Spurensicherer bei der Kripo Pinneberg tätig war, nahm am dritten Verhandlungstag vor dem Amtsgericht Pinneberg erstmals zu den Vorwürfen Stellung – wenn auch nur indirekt. Ob man noch von einem Besitz sprechen könne, wenn mindestens 1000 Dateien schon längst von ihm gelöscht wurden, fragte der Angeklagte einen seiner Ex-Kripo-Kollegen, der auf der Zeugenbank saß.

„Das ist eine rechtliche Bewertung, die dem Gericht obliegt“, ging Staatsanwalt Holger Neubauer sofort dazwischen. Richter Waege hatte am Dienstag weitere sechs hochrangige Kripobeamte als Zeugen geladen – darunter Dietmar Engelhorn, heute Leiter der Kripo-Außenstelle Elmshorn und bis 2013 Chef des Sachgebiets der Kripo Pinneberg, das für Kinderpornografie zuständig war. Waege wollte herausfinden, ob der Angeklagte jemals dienstlich mit derartigen Dateien befasst war. In diesem Fall läge eine Strafbarkeit nicht vor. Laut Anklage soll sich der 57-Jährige das Material über einen Dienstrechner verschafft haben.

„Ich bin mir sicher, dass Herr S. nie von mir mit derartigen Dingen beauftragt worden ist. Und von meinem Kollegen auch nicht“, so Engelhorn. Es würde sich um ein „sehr spezielles Gebiet“ handeln, das damals nur von drei extra dafür geschulten Kollegen bearbeitet worden sei. Beides bestätigte auch Axel S., der als Engelhorns Nachfolger Ende 2013 das Sachgebiet übernahm. Henrik R. (48) war damals einer der drei Kinderporno-Ermittler und bestritt vor Gericht, jemals derartige Dateien an Holger S. weitergegeben zu haben.

Angeklagter hatte einen Lehrgang zur Auswertung von Videodateien besucht

Der hatte vor Gericht angegeben, einen Lehrgang zur Auswertung von Videodateien besucht und anschließend zur Übung bereits bearbeitete Dateien aus allen Sachgebieten erhalten zu haben. Das mit dem Lehrgang ist unstrittig, der andere Punkt wurde inzwischen von mehreren Kripo-Kollegen bestritten.

Auch von Andre S. (52), seit 2013 der Vorgesetzte des Angeklagten. Nach seiner Kenntnis habe Holger S. den Lehrgang besucht, um Videos von Überwachungskameras von Tankstellen oder Einbruchsopfern auswerten zu können. Eine Beteiligung des 57-jährigen an der Sichtung von kinderpornografischem Material sei nie geplant gewesen, auch habe dieser niemals den Kollegen des zuständigen Sachgebiets dabei geholfen.

Als Vorgesetzter war Andre S. auch an der Auflösung des Büros des Angeklagten beteiligt. Er bezeichnet dies als „überdachte Müllhalde“. Der Raum sei vollgestellt mit blauen Müllsäcken und Umzugskartons gewesen, in denen sich „extrem viele private Dinge“, aber auch uralte dienstliche Dokumente wie etwa Lageauswertungen des BKA befanden. Vier Aktencontainer mit dienstlichen Dingen seien im Reißwolf gelandet, die privaten Dinge habe er in einem Transporter zum Angeklagten gebracht.

Die Zeugen Holger J. (58) und Mario T. (52) waren im September 2014 bei der Durchsuchung des Hauses von Holger S. dabei, als das kinder- und jugendpornografische Material entdeckt wurde. Verteidiger Rolf Huschbeck widersprach der Vernehmung dieser Zeugen, was Richter Waege jedoch ablehnte. Huschbeck vertritt die Rechtsauffassung, das die Durchsuchung rechtswidrig war. Ausgangspunkt war, dass sich ein junges Mädchen an die Opferberatung Wendepunkt gewandt und von einer sexuellen Belästigung durch den Angeklagten bei einem Polizeipraktikum gesprochen hatte. Dafür sollte nach Beweisen gesucht werden. Laut dem Verteidiger lag in diesem Fall keine Straftat vor, sodass nicht hätte durchsucht werden dürfen. Daher ist zu erwarten, das Huschbeck einen Freispruch beantragen wird. Der Prozess wird Montag fortgesetzt.