Pinneberg. Neue Methode der Klinik Pinneberg soll Patienten schonen und ist laut Thoraxchirurg Mahoozi gerade für ältere Patienten geeignet.
Die Operationsmethoden bei den Regio Kliniken werden immer moderner und innovativer. Jetzt können sogar komplizierte Eingriffe so ausgeführt werden, dass die Patienten nicht vollnarkotisiert werden müssen.
Selbst Lungenkrebs-OPs sind nun bei örtlicher Betäubung möglich: Am Donnerstag war das Abendblatt live dabei, als Dr. Hamid-Reza Mahoozi, Leiter der Thoraxchirurgie am Klinikum Pinneberg, einem Krebspatienten Lymphknoten am Herzen und einen entzündeten Herzbeutel entfernte, während dieser nur leicht sediert war.
Unmittelbar nach der OP war der 65 Jahre alte Mann aus Rellingen schon wieder ansprechbar und fühlte sich gut, wie er sagte. „Es ist alles gut, ich habe gar nichts gemerkt“, sagte der starke Raucher nur wenige Minuten, nachdem ihm der Brustkorb wieder zugenäht worden war, auf Anfrage seines Arztes.
Operationsmethode schont Kreislauf
Diese neuartige Operationsmethode sei eine Weiterentwicklung der minimalinvasiven medizinischen Eingriffe, erklärte der Chirurg. Erst vor einem Jahr revolutionierte er die Operationsmethode am Regio Klinikum, indem er zusammen mit dem weltweit anerkannten Thorax-Spezialisten Dr. Diego Gonzáles-Rivas mit nur einem Schnitt eine große Luftblase in der Lunge eines 75 Jahre alten Patienten aus Wedel entfernte (wir berichteten).
„Wenn uns das gelingt, können wir auch eine schwere Lungenerkrankung ohne Vollnarkose operieren“, hätten sie sich dann überlegt. Und so sei der Spanier Gonzáles-Rivas der weltweit erste Chirurg gewesen, der so operiert habe.
Dr. Mahoozi praktiziert jetzt seit November so. Am Donnerstag war es sein 50. Patient, der schon nach nur einer Stunde wieder wach und ansprechbar war. Auf die Intensivstation, wie in solchen Fällen sonst üblich, brauchte er nicht mehr.
Diese neue OP-Methode sei in erster Linie positiv für den Patienten, erläuterte der Chefanästhesist Prof. Ernst-Peter Horn. „Es schont den Kreislauf, weil der Patient selbst atmet und nicht künstlich beatmet werden muss, und verhindert von vornherein mögliche Risiken von Lungenschäden, da eine Überdruckbeatmung wie bei einer Vollnarkose nicht mehr nötig ist.“
Arzt überwacht Eingriff am Monitor
Für den Anästhesisten dagegen sei die Arbeit nun herausfordernder, so Prof. Horn. Während er sonst am Anfang des Eingriffs den Patienten so sediere, dass dieser erst Stunden nach der OP langsam wieder zu sich komme, müsse er nun dessen Schlafzustand ständig überwachen und regulieren.
Dafür gebe es in allen Krankenhäusern des Sana-Konzerns Monitore, die dem Arzt ständig signalisieren, wie tief der Schlaf und wie hoch der Kohlendioxidgehalt ist, damit es nicht zu jenen gefährlichen, sogenannten Durchgangssyndromen komme, die insbesondere bei älteren Patienten nach einer OP in Vollnarkose zu Einschränkungen ihrer kognitiven Fähigkeiten führen können. „Darum ist diese Operationsmethode gerade für ältere Patienten besonders gut geeignet“, sagt Chefarzt Dr. Hamid Mofid.
Für die Chirurgen falle jetzt die komplizierte und aufwendige Intubation meist beider Lungenflügel vor der OP weg, erläuterte Dr. Mahoozi. Gleichwohl müsse er sich während der Operation jetzt noch stärker konzentrieren, da der Patient ja nicht völlig ruhiggestellt sei. Nur damit sichergestellt sei, dass sich der Patient während der OP nicht plötzlich bewegt oder umdreht, werde er neben der örtlichen Betäubung auch noch in leichten Schlaf versetzt.
Methode wird weiterentwickelt
Wie schnell sich ein so frisch operierter Lungenpatient wieder erholt, bewies Hermann Pietsch. Dem 82-Jährigen hatte am Vortag Dr. Mahoozi bei nur örtlicher Betäubung das Wasser aus der Lunge geholt. „Davon habe ich nichts mitbekommen“, sagte der Mann aus Kiebitzreihe völlig entspannt und fröhlich dem Abendblatt-Reporter und freute sich, dass er am Freitag, nur zwei Tage nach der OP, wieder weitgehend gesund nach Hause darf.
Das dürfte wohl am Sonnabend auch bei dem Lungenpatienten aus Rellingen der Fall sein, erklärten die Pinneberger Ärzte. Allerdings müssten bei ihm noch die Laborwerte untersucht werden, wofür beim Eingriff am Donnerstagmorgen die Proben genommen worden sind, um herauszufinden, welche Art von Krebszellen seine Lymphknoten befallen hätten – und um dann die richtige Diagnose und Therapie zu stellen.
Diese neuartige OP-Methode werde nun am Regio-Klinikum weiterentwickelt und bei Lungen-OPs dieser Art zum Standard erklärt, kündigten die Ärzte an. Die Lunge eigne sich dafür besonders, da sie keine Nervenzellen habe und somit der Patient den Stich in die Lunge nicht spüre. Was bei anderen Organen nicht so einfach möglich sei.