Hamburg/Seevetal. Verein organisiert Basare und Galas, um Kinderkrebs-Zentrum am UKE zu unterstützen. Mit dem Geld wird auch eine Ärztin finanziert.

Auf einmal war Henrik ständig müde und schlapp. Der Elfjährige, eigentlich ein äußerst mobiles Kind, musste sich andauernd übergeben und hatte Kopfschmerzen. Seine Mutter Ines war ratlos. Sie ging mit ihm zum Arzt, der sich sofort für eine MRT entschied und die Diagnose stellte: Hirntumor. An diesem Tag, es war der 29. Oktober 2018, brach für die Familie aus der Nähe von Lüneburg eine Welt zusammen. Eine Operation im Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) folgte, danach vier Blöcke Chemotherapie. Heute sagt sie: „Das alles war wie ein Hammer, der auf einen einschlägt.“

Trotzdem steht sie an diesem sonnigen Wintermorgen lächelnd auf dem Flur des Kinderkrebs-Zentrums Hamburg und wartet geduldig, bis Henrik den klinikeigenen Englischunterricht beendet hat. Er ist müde, als er herauskommt, der Unterricht strengt ihn an. Oben auf seinem Kopf sieht man eine große Narbe. Seit Oktober ist Henrik nicht mehr in der Schule gewesen und seine Mutter nicht mehr bei der Arbeit. Sie hat sich krank schreiben lassen, um immer bei ihrem Jüngsten zu sein, während sich ihr Mann und die Oma um die zwei und vier Jahre älteren anderen Söhne kümmern. Das Leben der Familie wurde zwar auf den Kopf gestellt, dennoch haben sie den Optimismus nicht verloren. „Wir sind Gott sei Dank um eine zweite OP herumgekommen“, sagt die Mutter. Jetzt geht es noch einmal zu Spezialisten nach Essen, und dann ist die Therapie offiziell beendet. „Wir hoffen, dass dann alles gut ist“, sagt sie und lächelt erneut.

Diese Hoffnung haben alle Eltern, die gemeinsam mit ihren Kindern Wochen und Monate auf der Kinderkrebsstation des UKE verbringen. Und sie ist berechtigt, denn gerade bei Kindern stehen die Heilungschancen tatsächlich gut. Rund 80 Prozent der kleinen Patienten können den Krebs aufgrund verbesserter Behandlungsmöglichkeiten mittlerweile besiegen. „Unser Ziel ist es, zu 100 Prozent eine Heilung zu erreichen“, sagt Tina Winter von der Fördergemeinschaft Kinderkrebs-Zentrum Hamburg.

Der gemeinnützige Verein wurde 1975 von Eltern krebskranker Kinder gegründet und sammelt Spenden, die für eine optimale medizinische und psychosoziale Patientenversorgung, soziale Hilfen für bedürftige Familien sowie Forschungsprojekte verwendet werden. „Aufgrund der geringen Fallzahlen sind öffentliche Aufmerksamkeit und finanzielle Mittel für die Erforschung von Krebserkrankungen im Kindesalter gering“, erklärt Tina Winter. Die Kinderkrebsforschung sei deshalb in besonderem Maße auf Geldspenden angewiesen. Jährlich erkranken deutschlandweit rund 2000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren an Krebs, davon rund 140 in Hamburg und Umgebung.

Allein der Weihnachtsbasar brachte 110.000 Euro

Einer der wichtigsten finanziellen Unterstützer des Kinderkrebs-Zentrums ist ein Verein aus Seevetal. Seit seiner offiziellen Gründung im Jahr 1997 hat der Verein „Hilfe für krebskranke Kinder Seevetal“, der aus einer Elterninitiative der Grundschule Horst entstand, sagenhafte 1,7 Millionen Euro nach Hamburg überwiesen. Allein im vergangenen Jahr haben die Ehrenamtlichen um Anette Kosakowski, der ersten Vorsitzenden, 110.000 Euro gesammelt. Davon brachte der traditionelle Weihnachtsbasar an der Grundschule Horst 30.000 Euro – Zahlen, von denen andere Basare wohl nur träumen können. „Wir hatten bestimmt mehr als 1000 Besucher, die sich unter anderem an der Tombola, dem Gesteck- und Hexenhäuschen-Verkauf und dem Flohmarkt erfreut und reichlich gespendet haben“, schwärmt Anette Kosakowski.

Sie seien einfach sehr gut vernetzt, versucht sie eine Erklärung für die außergewöhnlich hohe Summe an Geldspenden. Auch die alljährliche Benefizgala, die im vergangenen Jahr mit der neuen Location, dem Privathotel Lindtner in Harburg, neuen Pepp erhielt, trug maßgeblich zum Erfolg bei. Dass das nicht irgendeine Gala ist, sondern eine etwas größere, verdeutlichen alleine die Namen der bisherigen Gäste: Roberto Blanco, Jürgen Drews oder Fabian Harloff.

Von dem diesmaligen Jahres-Rekordbetrag von mehr als 100.000 Euro ist auch Anette Kosakowski total überwältigt. „Die Spenden fließen zu 100 Prozent in die Projekte der Fördergemeinschaft Kinderkrebs-Zentrum Hamburg“, sagt sie.

Mit dem aus Seevetal gespendeten Geld werden drei Projekte gefördert: Zum einen die sozialen Hilfen für bedürftige Familien, dann geht ein Teil an die „Brückenärztin“ Annika Bronsema, die die Kinder beim Übergang vom Krankenhaus in die häusliche Pflege begleitet, während mit einem weiteren Teil eine Nachsorge-Sprechstunde gegründet werden soll, die Kinder und Jugendliche nach der Therapie versorgt und in der insbesondere auf Spätfolgen geachtet wird.

Der elfjährige Henrik und viele andere der insgesamt 600 Patienten, die jährlich stationär und ambulant im Kinderkrebs-Zentrum behandelt werden, sind vielleicht eines Tages die Besucher dieser Sprechstunde. All diese Kinder und Jugendlichen sind diejenigen, die von der großen Spendenbereitschaft, insbesondere der Seevetaler, profitieren und in deren Namen sich Holger Iversen, der Vorsitzende der Fördergemeinschaft, bedankt. Mit seinem Engagement trage der Verein nicht nur zur Finanzierung der Projekte bei, sagt er. Er sorge auch in der Öffentlichkeit für ein breites Verständnis für das wichtige Thema Krebs bei Kindern.

„Wir sind stolz und froh, so einen starken Partner an unserer Seite zu haben.“