Wedel . Nach zehn Jahren verabschiedet sich Adam Krüppel in Ruhestand. Im Wedeler Unternehmen bewegte die rheinische Frohnatur so einiges.
Seine größte Leidenschaft ist die Elektromobilität. Daraus machte Adam Krüppel nie ein Geheimnis. Als Chef der Wedeler Stadtwerke eröffnete er die erste Stromtankstelle im Kreis Pinneberg. Privat fährt er ausschließlich ein Rad mit E-Schub und das Dach seines Zuhauses ziert eine Solaranlage. Wer hätte vor einigen Jahren gedacht, dass ausgerechnet dieser Geschäftsführer unter Dauerstrom vorzeitig in den Ruhestand gehen würde? Krüppel am wenigsten. „Früher habe ich immer gesagt, dass ich arbeite, bis ich 70 bin“, erinnert er sich. Doch dann kam der „magische“ 60. Geburtstag und mit ihm die Krise. „An so einem Punkt denkt man über sein Leben nach“, sagt er. Das Ergebnis: Er wollte den geordneten Berufsausstieg, den er vor einem Jahr ankündigte und der nun ansteht.
Im September wird Jörn Peter Maurer, der zuvor für die Stadtwerke Schneverdingen-Neuenkirchen tätig war, in Wedel erwartet. Krüppel wird seinen Nachfolger, an dessen Auswahl er beteiligt war, einige Wochen zur Seite stehen. Für Ende Oktober ist die große Abschiedsfeier im Schulauer Fährhaus geplant. Nach zehn Jahren in Wedel geht Krüppel mit 64 Jahren in den Ruhestand und hinterlässt ein ganz anderes städtisches Unternehmen, als er es vorfand.
Krüppels Bilanz in Zahlen fällt durchaus positiv aus. Von 2009 bis 2017 haben sich die Umsatzerlöse der Stadtwerke im Vergleich zu den Jahren zuvor um 76 Prozent (von 290 auf rund 510 Millionen Euro) erhöht. Ebenfalls konnte der Gewinn der Stadtwerke nach Steuern um 60 Prozent auf nunmehr 20,1 Millionen Euro sowie die Mitarbeiteranzahl von 130 auf 155 Angestellte gesteigert werden. Gleichzeitig gelang es, die Kosten für den Betrieb des Wedeler Schwimmbades Badebucht, das zum Stadtwerkebetrieb zählt, um 30 Prozent zu verringern.
Krüppel erinnert sich, dass im Bewerbungsgespräch der damalige Wedeler Verwaltungsmitarbeiter und heutige Elmshorner Bürgermeister Volker Hatje ihn nach seinen Ideen bezüglich der Kostenentwicklung bei der Badebucht fragte. Erst viel später erfuhr er, dass man in Wedel damals schon froh gewesen wäre, wenn die Kosten nicht weiter steigen. Die Ankündigung Krüppels, sie zu senken, war ein Pluspunkt für ihn. Dass es ihm gelang, lag am Ausbau des Wellnessbereichs, der im Unterschied zum Schwimmbad schwarze Zahlen einfährt. Letztendlich kostet der Schwimmbadbetrieb die Stadt trotzdem 2,1 Millionen Euro im Jahr. Ohne Gegenmaßnahmen wären es 600.000 Euro mehr. Doch nun gibt es laut Krüppel kaum noch Einsparpotenzial.
Aber es gibt eine Einnahmequelle, für die Krüppel seit jeher wirbt. Es geht um den Bau eines Wellnesshotels auf dem weitläufiges Gelände am Freibad. Die Idee: Hotelgäste können die Badebucht mitnutzen. Die Stadtwerke nähmen Geld durch den Grundstücksverkauf sowie durch die zahlenden Zusatzgäste ein. Das Konzept sah vor, dass pro eingechecktem Hotelgast eine Pauschalsumme in die Kasse der Badebucht fließt – unabhängig davon, ob der Gast das Wellnessangebot nutzt. Investoren und Betreiber standen laut Krüppel bereit. Doch politisch fehlte der Wille. Trotzdem gibt er die Hoffnung nicht auf, dass in Zukunft das Projekt umgesetzt wird – und das, obwohl nur einige Hundert Meter entfernt ein weiteres Hotel am Hafen beschlossen und geplant ist. „Das schließt sich in meinen Augen nicht aus“, sagt Krüppel.
Beteiligungen: Hier mischen die Wedeler Stadtwerke mit
Der erfolgsverwöhnte Stadtwerke-Chef musste sich auch in einem anderen Punkt geschlagen geben. Mit dem Projekt wedelec legte er eine Bauchlandung hin. Das geplante vollautomatische Ausleihsystem für die Stadtwerke-Pedelecs kam nie richtig ins Rollen. Dafür blieb erhofftes EU-Fördergeld aus. Drei Jahre und einen Eintrag im Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes später wurde das Projekt begraben. „Für mich war es unbegreiflich: Wir schaffen es, auf den Mond zu fliegen, aber in drei Jahren gelingt es der beauftragten Firma nicht, die technischen Probleme in den Griff zu kriegen“, sagt Krüppel. „Das hat mich Nerven gekostet.“ Trotzdem hält er den Schritt für richtig. Nur wer was wagt, erreiche etwas.
Das will er seinem Nachfolger mit auf den Weg geben. Zudem hält er es für wichtig, angesichts der vielen Veränderungen auf dem Markt und in der Energiebranche offen für Neues zu sein. Flexibilität und motivierte Mitarbeiter, hält Krüppel für das Erfolgsrezept. Man dürfe sich keinen Aufgaben verschließen, sondern müsse ein Gespür für den Kundenwunsch entwickeln. Daher hat sich Krüppel lange dafür stark gemacht, dass die Wedeler Straßenbeleuchtung an die Stadtwerke übertragen wird. Die etwa 3200 Laternenmäste könnten zukünftig eine wichtige Rolle bei der Gestaltung einer smarten Stadt – etwa bei der Parkplatzsuche per Handy – spielen.
Eine weitere Aufgabe, die auf den Nachfolger Krüppels zurollt: Das Bürogebäude der Stadtwerke an der Feldstraße ist in die Jahre gekommen. Ob das städtische Unternehmen in eine Sanierung investiert oder das Gebäude verkauft und neu baut, muss entschieden werden. Möglich wäre ein Umzug in den Businesspark oder auf das naheliegende eigene Werksgelände. Krüppel hat keine Präferenz. „Es muss sich am Ende wirtschaftlich darstellen.“
Wie er sein Leben nach den Stadtwerken gestalten will? Die rheinische Frohnatur Krüppel, der sich nie für einen Spaß zu schade war, hat ausnahmsweise keinen genauen Plan für „The Day after“: „Ich werde keine Briefmarken sammeln“, so Krüppel, der seit 36 Jahren verheiratet ist, im Münsterland lebt und pendelte. Über seine Zeit in Wedel sagt er: „Das war die schönste Zeit meines Lebens. Für mich waren die Stadwerke wie eine große Familie.“