Kreis Pinneberg. Kreistagsfraktion der Liberalen wählt Olaf Klampe zum neuen Vorsitzenden, der einen politischen Richtungswechsel anstrebt.
Er war jahrzehntelang das liberale Gesicht im Kreis Pinneberg, ein echtes politisches Urgestein. Mit 36 Jahren Zugehörigkeit zum Kreistag, seit 1974 mit acht Jahren Unterbrechung und die meiste Zeit davon als FDP-Fraktionschef, ist Klaus G. Bremer einer der erfahrensten Kreispolitiker überhaupt. Nun hat ihm überraschend seine eigene Fraktion wenige Tage vor seinem 76. Geburtstag die Gefolgschaft aufgekündigt und mit drei gegen zwei Stimmen den Pinneberger Olaf Klampe zum neuen Vorsitzenden gewählt, der bisher nur von 2008 bis 2013 dem Kreistag angehörte. Bremer, immerhin Spitzenkandidat bei der Kommunalwahl, hat schwer enttäuscht sein Mandat niedergelegt. Dass er diese Konsequenz ziehen würde, hatte Bremer vor der entscheidenden Abstimmung angekündigt.
Der Elmshorner, bekannt für seine klare Analyse und deutlichen Worte, warnt seine Partei: „Ich halte Olaf Klampe nicht für fähig, den Fraktionsvorsitz auszuüben.“ Auch bei seinen Kandidaturen, dreimal für den Bundestag, zweimal für den Landtag, habe Klampe nur „katastrophale Ergebnisse für die FDP eingefahren“. Die Abwahl sei ein schwerer Fehler, sagt auch Alexandra Waßong. „Es geht uns eine Menge Fachwissen flöten. Ich halte es für schwierig, jetzt weiterzumachen“, sagt die neu in den Kreistag gewählte Abgeordnete, die als einzige ihrer vier Kollegen Bremer unterstützte.
Über die Gründe des überraschenden Führungswechsels gibt es unterschiedliche Versionen. FDP-Kreisvorsitzender Günther Hildebrand nennt den gesundheitlichen Zustand Klaus Bremers, der ihn einschränken würde, „die Arbeit in der gewohnten Weise aufzunehmen“.
Neu-Fraktionschef Klampe, 62 Jahre alt, spricht dagegen von einer gewollten Verjüngung an der Spitze und einem politischen Richtungswechsel. Statt der bisherigen Ampel-Koalition mit Grünen und SPD strebten die Liberalen nun wie auf Landesebene ein Jamaika-Bündnis mit CDU und Grünen an, kündigt Klampe an. Dafür sei ein personeller Wechsel notwendig. Bereits am heutigen Donnerstag führe er die ersten Sondierungsgespräche dafür, kündigt Klampe an. „Jamaika ist jetzt eigentlich logisch.“ Bremer wundert sich nur. Von 2008 bis 2013 habe die FDP unter seiner Führung „sehr gut mit der CDU zusammengearbeitet. Ich bin zu allen Seiten offen gewesen.“
Politisch ein Mann der klaren Worte
Seit Jahresbeginn fiel Bremer aus. Ein Nierenversagen brachte ihn fast drei Monate ins Elmshorner Klinikum. Zeitweise ging es „um Leben und Tod“, gibt Bremer zu. Doch jetzt, nach mehrwöchiger Reha, fühle er sich wieder fit. Er müsse zwar dreimal in der Woche vormittags zur Dialyse. Aber danach hätte er genug Zeit gehabt, um sich um die politische Arbeit zu kümmern. Er hätte sich gewünscht, seine Fraktion hätte ihm noch bis nach der Sommerpause Zeit zum Verschnaufen gegeben, „statt mich jetzt, wie aus der Hüfte geschossen, einfach abzusägen“, ärgert sich Bremer. „Ich weiß nicht, warum die anderen schlauer sein wollen als meine Ärzte.“
Doch das überzeugte offenbar nicht. „Für mich ist Klaus Bremer gesundheitlich zu sehr angeschlagen“, begründet Jens Petersen, warum er sich „für Olaf Klampe entschieden“ habe. Und Ralph Bockisch, ebenfalls neu im Kreistag, sagt: „Olaf Klampe bringt die zeitlichen und gesundheitlichen Ressourcen für den Fraktionsvorsitz mit.“ Er habe großen Respekt vor Bremers Arbeit und politischem Standing. Er habe viel gelernt „von der riesigen Erfahrung und dem Wissensschatz“ Bremers, sagt Bockisch. „Das müssen wir jetzt versuchen, mit Fleiß und Einsatz zu kompensieren.“
Kreisvorsitzender Hildebrand, der die kurze und letzte FDP-Fraktionssitzung mit Bremer und den anderen vier Abgeordneten im Kreishaus geleitet hat, legt Wert auf seine neutrale Rolle. Dieser Abgang tue ihm leid, durch den der FDP-Fraktion jetzt viel Erfahrung verloren gehe, den er aber auch verstehen könne. „Ich kenne Klaus seit Anfang der 70er-Jahre und weiß, dass er nach so langer Zeit nicht einfach in die zweite Reihe zurückgeht.“ Aber er müsse als Kreisvorsitzender die Mehrheitsentscheidung der Fraktion akzeptieren, um nicht seine Aufgabe als Mediator aufzugeben und „für alle ansprechbar zu bleiben“.
Klaus Bremer ahnte schon, dass ihn die Fraktion würde fallen lassen, so wie die parteiinternen Gespräche nach der Kommunalwahl am 6. Mai abgelaufen seien. Darum habe er auch klipp und klar vor der Abstimmung seinen Rücktritt angekündigt. Dazu hätten ihm auch seine Frau und sein Cousin Heiner Bremer (RTL-Nachrichten) geraten. Der Journalist habe gesagt, er solle lieber zurücktreten, bevor er sich schwarz ärgere. „Das ist besser für deine Gesundheit.“