Kreis Pinneberg. Sensationeller Wahlsieg in Schenefeld. Auch in Pinneberg, Wedel, Tornesch und Halstenbek räumet die Partei gewaltig ab.
Schenefeld ist grüner denn je – zumindest politisch gesehen: Mit 28,3 Prozent gewann die Ökopartei bei der Kommunalwahl am Sonntag sechs Prozentpunkte dazu und ist zum ersten Mal stärkste Fraktion im Rat – vor der SPD (27,0 Prozent) und der CDU (26,4 Prozent), die beide leichte Einbußen verkraften mussten. Und Schenefeld ist kein Einzelfall. Vielmehr rollte am Sonntagabend eine grüne Welle durch den Kreis Pinneberg. Bestes Ergebnis aller Zeiten in Pinneberg, zweitstärkste Kraft in Halstenbek, massive Zugewinne in Wedel und aus dem Stand 21,2 Prozent in Tornesch– die Grünen räumen im Süden des Landes gewaltig ab.
Beispiel Schenefeld: In sieben von 14 Wahlkreisen holten die Grünen die meisten Stimmen – und sie haben am Dienstag die Chance auf ein achtes Direktmandat, wenn in einem Wahlkreis mit Stimmengleichheit ein Losentscheid erfolgen muss. „Wir haben Schenefeld gut getan“, sagt Fraktionschef Mathias Schmitz, der gar zum Opfer des tollen Ergebnisses werden könnte. Sollten die Grünen das Losglück auf ihrer Seite haben, hätten sie alle acht ihnen zustehenden Sitze direkt gewonnen – und Schmitz, der seinen Wahlkreis nicht durchbekam, hätte das Nachsehen. „Sollte das so kommen, finde ich eine andere Aufgabe“, so Schmitz.
Seine Fraktion, die 2013 nach einer Pause wieder antrat, habe Konflikte innerhalb der politischen Landschaft befriedet und Lösungen gefunden, die andere mittragen konnten. Schmitz nennt die angeschobene Modernisierung des Schulzentrums und die Neuorganisation der nachschulischen Betreuung. „Die klassisch grünen Themen standen gar nicht so im Vordergrund, aber auch da arbeiten wir dran.“ Natürlich habe auch der Bundes- und der Landestrend den Grünen vor Ort geholfen.
Möglicherweise werden die Grünen auf ihr Recht, als stärkste Fraktion den Bürgervorsteher zu stellen, verzichten. Schmitz will der Fraktion eine Wiederwahl von Gudrun Bichowski (SPD) vorschlagen. „Sie hat das sehr gut gemacht, genießt hohe Wertschätzung.“
Blick nach Pinneberg: Auch in der Kreisstadt legten die Grünen, die sich wegen vieler Mitstreiter ohne Parteibuch mit dem Zusatz Unabhängige schmücken, kräftig zu. Mit 24,4 Prozent (2013: 18,8) schrammte die Fraktion nur um sieben Stimmen an der Rolle der zweitstärksten Ratsfraktion vorbei. Zehn statt sieben Sitze wird die Fraktion künftig im Rund der Ratsversammlung besetzen – genausoviele wie die Sozialdemokraten, vier weniger als die CDU.
Spitzenkandidatin Ulrike Graefen, die ihren Wahlkreis als politische Newcomerin gewann, glaubt, Gründe für den Aufschwung zu kennen: „Ich bin im Wahlkampf auf viele Menschen getroffen, die sich von den großen Parteien CDU und SPD nicht mehr mitgenommen fühlen.“ In Pinneberg seien die sanierungsbedürftigen Schulen fraglos ein wichtiges Thema gewesen.
Die Frage, ob ihr die Rolle als Sprecherin der Pinneberger Schulallianz geholfen hat, beantwortet Graefen mit ja. Aber auch Themen wie schlechte Verkehrsplanung lägen den Menschen am Herzen. Ulrike Graefen, die von Beruf Ärztin ist, wird auf die Rolle der Fraktionschefin bei den Grünen verzichten. Sie geht davon aus, dass Joachim Dreher den Job weitermacht.
Ein ähnliches Bild in Halstenbek, wo die Grünen mit Ines Strehlau und Birgit Andersek zwei Wahlkreise direkt gewannen. „So was hatten wir hier noch nie“, sagt Ines Strehlau. Und mit 28,2 Prozent der Stimmen zieht die Partei hinter der CDU (34,3 Prozent) als zweitstärkste Kraft in die Gemeindevertretung ein – mit 2,5 Prozentpunkten Vorsprung vor der SPD. „Das ist das Ergebnis unserer sachorientierten Arbeit auf lokaler Ebene. Und wir waren immer ansprechbar, haben einmal im Monat auch außerhalb der Wahlkampfzeit einen Treffpunkt angeboten“, so Strehlau weiter.
Ihre Partei sei in Halstenbek inzwischen zur festen Größe gereift. „Wir haben schon im Wahlkampf gemerkt, dass grüne Themen in Halstenbek wichtig sind“, so Strehlau weiter. Die Schaffung bezahlbaren Wohnraums zu forcieren, aber trotz der immer stärker werdenden Bebauungsdichte das Grün zu erhalten, diese Balance zu wahren, würden viele am ehesten ihrer Partei zutrauen. Strehlau: „Uns ist es gelungen, unsere Wähler am Sonntag trotz des schönen Wetters zu mobilisieren, und wir haben viele Stimmen dazugewinnen können.“ 1834 Stimmen (2013: 1591) bedeuten acht Sitze. Die SPD kommt auf sieben, die CDU auf zehn, die FDP auf drei.
Am Status der SPD als Nummer Zwei im Wedeler Rat haben die Grünen im Lauf der Auszählungen gekratzt. Lagen sie lange über 20 Prozent so landeten sie am Ende bei 19,7 Prozent, die Genossen bei 23,2 Prozent. 2013 erreichten die Grünen noch 17,1 Prozent. Ohne das erhoffte Happy End blieb die Direktkandidatur des Grünen-Spitzenmanns Olaf Wuttke. Vier Stimmen fehlten ihm, um das Mandat zu erringen. Es ging stattdessen an den Christdemokraten Julian Fresch. Sein Wahlkreis galt einst als Hochburg der Christdemokraten.
Auch in Tornesch sind die Grünen die großen Gewinner. Aus dem Stand erreichten sie nach fünfjähriger Abstinenz im Rat 21,3 Prozent der Stimmen – für Grünen-Chef Georg Janßen „der totale Hammer“.
Zurück nach Schenefeld. Am Montag versammeln sich Grüne aus Schenefeld, Halstenbek und Pinneberg auf der Seufzerbrücke, unter der Autos durchrasen. Sie haben grüne Welle. Auch oben auf der Brücke ist die Laune bestens.