Kreis Pinneberg. Vor Ort in den Kommunen im Kreis Pinneberg: So wurde am Sonntag in den Rathäusern gezittert, gerechnet und gefeiert.
Es ist kurz nach 20 Uhr: Natalina di Racca-Boenigk hat Schichtdienst im Pinneberger Rathaus. Für ihre Kollegen von der CDU, die nur wenige Meter entfernt in der Drostei den sich in der Kreisstadt abzeichnenden Wahlsieg feiern. „Da wäre ich jetzt auch ganz gern“, sagt die Parteichefin. Eisern tippt sie Zahlen ins Handy, versorgt die Parteifreunde mit immer neuesten Daten.
Ein Geduldspiel, denn die Ergebnisse kommen langsam. Aber was sie auf der Leinwand im Pinneberger Rathaus zu sehen bekommt, gefällt di Racca-Boenigk. Nach neun ausgezählten Wahlkreisen zeichnet sich ein deutlicher Sieg für ihre CDU ab. Am Ende der Auszählung, gegen 21 Uhr, steht der dann fest. Die Christdemokraten vereinigen 33,5 Prozent der Stimmen auf sich (2013: 35,9 Prozent) . Zweitstärkste Fraktion wird die SPD mit 24,5 Prozent (30,7 Prozent), gerade mal sieben Stimmen vor den Grünen & Unabhängigen mit 24,4 Prozent (18,8 Prozent) der Stimmen. Es folgen die nun deutlich stärkere FDP mit 8,2 Prozent (5,1 Prozent) und die Bürgernahen mit unverändert 9,5 Prozent.
Wahlkampf in den sozialen Netzwerken
„Wir sind zufrieden, das Ergebnis war diesmal wirklich sehr schwer einzuschätzen“, sagt di Racca-Boenigk. Man habe bei der Pinneberger CDU einen Schwerpunkt auf Wahlkampf in sozialen Netzwerken gelegt. Di Racca-Boenigk, die als Bürgervorsteherin weitermachen will, ist nicht die einzige, die im Rathaus an diesem Abend dank einer Vielzahl gewonnener Wahlkreise Grund zur Freude hat.
Applaus brandet auf, als bekannt wird, dass mit Dieter Schott ein Kandidat der Grünen & Unabhängigen sein Direktmandat von 2013 verteidigen konnte. „Tolle Sache“, sagt Schott. Polit-Newcomerin Ulrike Graefen holt das zweite Direktmandat für die Grünen & Unabhängigen. Die SPD bringt ihr Urgestein Dieter Tietz und Herbert Hoffmann direkt durch. Fraktionschefin Angela Traboldt verliert ihren Wahlkreis an CDU-Mann Rainer Horn – wegen einer Stimme.
Grüne überraschende Wahlsieger in Schenefeld
In Schenefeld hat sich um diese Uhrzeit der Ratssaal bereits geleert. Die Vertreter der Grünen stehen draußen in der Dämmerung und können ihren Erfolg kaum glauben. Mit 28,3 Prozent und acht Mandaten liegen sie vor der SPD (27,0 Prozent, sieben Sitze) und der CDU, die nur auf 26,3 Prozent (sieben Sitze) kommt. „Nicht im Traum haben wir damit gerechnet“, sagt Fraktionschef Mathias Schmitz. Die Ökopartei, die 2013 nach einer Pause wieder antrat, hat die Zahl der gewonnenen Direktmandate von zwei auf sieben gesteigert und damit die Hälfte aller Wahlkreise gewonnen. In einem weiteren Wahlkreis liegt Michael Schulz (Grüne) mit 111 Stimmen gleichauf mit der CDU-Bewerberin Petra Löffler, sodass am Dienstag das Los entscheiden muss.
Geht auch dieser Wahlkreis an die Grünen, wird ihr Spitzenkandidat Mathias Schmitz nicht der Ratsversammlung angehören. Er hatte seinen Wahlkreis nicht direkt gewonnen und würde nur über die Liste einziehen, wenn die Grünen den Losentscheid verlieren. Die Offensive für Schenefeld (OfS) kommt wie die BfB auf zwei Sitze, die FDP erhält wie bisher ein Mandat. „Immerhin sind wir noch vor der CDU“, kommentiert SPD-Spitzenkandidat Nils Wieruch mit Galgenhumor das Ergebnis.
Die SPD habe ihr Ziel, wieder stärkste Fraktion zu werden, klar verfehlt. „Jetzt müssen die Grünen beweisen, was sie können“, sagt Wieruch. CDU-Ortschef Holm Becker will erst eine Nacht darüber schlafen, bevor er etwas zum Abschneiden seiner Partei sagt. „Die Wahlbeteiligung von 38 Prozent ist inakzeptabel und verzerrt das Ergebnis“, sagt er.
In Halstenbek ist die Gemeindewahl bereits kurz nach 20 Uhr komplett ausgezählt. In der Grund- und Gemeinschaftsschule, in der alle Ergebnisse auf einer Leinwand präsentiert werden, ist deutlich mehr los als im größeren Pinneberg. Die Stimmung ist deutlich ausgelassener. Bürgermeister Claudius von Rüden genießt es sichtlich, nicht persönlich von der Wahl betroffen zu sein („Da darf ich heute auch mal ein Bier trinken“). Stärkste Fraktion im Halstenbeker Gemeinderat bleibt die CDU, die allerdings leicht von 36,1 auf nunmehr 34,3 Prozent verliert. Gefeiert wird bei den Grünen, die ihr Ergebnis von 27,5 Prozent noch auf 28,2 Prozent ausbauen konnten und künftig die Rolle der zweitstärksten Fraktion einnehmen. Zudem gewinnen Birgit Andersek und Ines Strehlau („Ein super Ergebnis“) ihre Wahlkreise .Die Sozialdemokraten müssen Verluste hinnehmen, wirken aber gefasst. Der eine oder andere scheint mit einer schlimmeren Klatsche gerechnet zu haben. Wählten 2013 noch 28,5 Prozent der Halstenbeker SPD, waren es diesmal noch 25,7 Prozent. Die FDP kommt auf 10,3 Prozent, 2013 waren es 7,9 Prozent der Stimmen. Die KWGP kann mit ihren 1,4 Prozent nicht auf einen Sitz im Halstenbeker Gemeinderat hoffen.
CDU ist die große Konstante in Rellingen
In Rellingen bleibt alles beim Alten. Die CDU stellt mit 54,47 Prozent die absolute Mehrheit, die SPD verliert (20,36 Prozent) und nähert sich den Grünen an, die auf 17,45 Prozent kommen. Die FDP erhält 7,72 Prozent und verdppelt die Zahl ihrer Mandate auf zwei. „Wir hatten auf drei Sitze gehofft“, sagt Klaus Einfeldt (FDP), der aber dennoch zufrieden ist. Peter Geercken (SPD) ist dagegen bedient. „Wir hatten gehofft, uns von sieben auf acht Sitze zu steigern. Nun sind es nur fünf geworden.“ Große Freude bei den Grünen, die ein Mandat dazugewannen und nun vier Gemeindevertreter stellen. „Schon im Wahlkampf haben wir so viel Offenheit gespürt wie nie“, sagt Achim Diekmann (Grüne). Wahllsieger Dieter Beyrle, dessen CDU wie bisher zwölf Sitze stellt, freut sich, „dass die Wähler uns trotz des Generationswechsels in der CDU weiterhin das Vertrauen geschenkt haben“.
Mehrheitsfindung wird im Wedeler Rat schwieriger
Der Neuling hat sich etabliert, die Großen verlieren, die Kleinen gewinnen – so lässt sich das Ergebnis der Wahl zum Wedeler Ra t zusammenfassen. Die „Wedeler Soziale Initiative“ (WSI), die sich 2013 von der Fraktion der SPD abgespalten hatte, kommt auf 9,4 Prozent. Mit dem Ergebnis liegt die WSI allerdings deutlich unter dem von Spitzenkandidat Andreas Schnieber ausgegebenen Ziel von zwölf bis 15 Prozent.
Die Bilanz der Volksparteien: Die stärkste Fraktion stellt zukünftig die CDU, die allerdings von 33,1 auf 27,6 Prozent fiel. Auch in Wedel wurde die SPD kräftig gerupft, fiel von 35,3 auf 23,2 Prozent und damit hinter die CDU. Den Genossen auf den Fersen sind jetzt die Grünen mit 19,7 Prozent (2013: 17,1 Prozent). Den kräftigsten Zugewinn schafft die FDP von 7,6 auf 11,2 Prozent. Die Linke legt um zwei Prozent auf 8,9 Prozent zu. Die Linke stellt die kleinste Ratsfraktion.
Die Wahlbeteiligung ist in Wedel leicht gestiegen von 40,1 Prozent 2013 auf jetzt 42,0 Prozent. Waren es am Anfang der vergangenen Wahlperiode noch fünf Fraktionen, so sind es nun sechs. Durch den Verlust der großen Parteien und die Zugewinne der Kleinen ist das Verhältnis der Fraktionen untereinander ausgeglichener. Mehrheiten dürften damit in der Zukunft schwerer zu organisieren sein.
Eine kleine Überraschung gab es in der Stadt Quickborn. Dort verdoppelten die Liberalen ihr bisheriges Wahlergebnis von vier auf acht Mandate. Damit ist die FDP dort jetzt stärker als die Grünen, die sieben Sitze haben, und fast so große wie die SPD, die auf neun Mandate kommt. Die CDU ist weiterhin mit 14 Mandaten klar die stärkste Fraktion in der Quickborner Ratsversammlung und kann wieder den Bürgervorsteher aus ihren Reihen nominieren.
Verantwortlich für das überraschend gute Ergebnis der FDP dürfte das sehr gute Abschneiden der FDP-Fraktionschefin Annabell Krämer sein, die bei der Bürgermeisterwahl vor zwei Jahren den CDU-Amtsinhaber an den Rand einer Niederlage brachte.